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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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nächsten Mal vielleicht ambulante Geburt, und mit einem »Schönen Tag noch, die Damen« trollt sich der Leitwolf, und der Rest der Visite tappelt hinterher.
    Inge liegt da wie eine Königin. Eine Kämpferin für die Unterdrückten, die Geknechteten, eine der letzten Revoluzzerinnen. Mit einem »Mutig, mutig« gebe ich ihr, was sie braucht.
    Das war das Signal für Inge: »Meinst du, ich hätte das gepackt ohne meinen Kurs beim Frauengesundheitszentrum: Wehren gegen Männerhierarchie? Was ich an mir gearbeitet habe, um soweit zu kommen! Jede von euch hat insgeheim das Zeug dazu, ihr müßt es nur rauslassen. Der Courage die Chance geben. Dem Macho die rote Karte zeigen.« Beifallheischend blickt sie im Raum umher.
    Bei der Tratschner war der Vortrag ein voller Erfolg. Sie schläft. Oder tut so, als ob. Stille Wasser sind tief, ich sag’s ja immer. Ein raffiniertes Etwas, die Tratschner. Solidarisch ist ihr Schläfchen allerdings nicht. Läßt mich allein mit Inge und ihren Bekehrungsversuchen. »Wenn ihr wollt, können wir die einfachen Einstiegsübungen hier gemeinsam einstudieren. Die Kursdaten kann ich euch auch besorgen, denn wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt«, schwadroniert sie weiter vor sich hin.
    Frau Tratschners Mittagsschläfchen ignoriert sie. Die würde ihre Zimmergenossinnen nicht mal verschonen, wenn die im Koma lägen. Hat sie vielleicht auch in ihrem Kurs gelernt: Wie schaffe ich es, mich nicht abwürgen zu lassen. Wozu also jetzt allzuviel Energien verschwenden, soll sie doch ihren Spaß haben, beschließe ich in einem großherzigen Anfall. Das Telefon rettet mich davor, meinen eigenen Schub Nettigkeit ausbaden zu müssen. Frau Tratschner, die für eine tief Schlafende erstaunlich schnell am Telefon war, reicht es mir rüber. Kassenpatientinnen dürfen sich nämlich ein Telefon teilen. Weil es sonst ja drunter und drüber ginge auf den Zimmern. Wer zuerst preßt, hat auch das Telefon. Nicht nur das Bett am Fenster. Es ist aber allgemein üblich, daß die anderen aus dem Zimmer es mitbenutzen dürfen. Ich schnappe mir den Hörer. Es ist Heike. Meine Münchner Freundin. »Glückwunsch«, posaunt es mir aus dem Telefon entgegen, »sagt man doch so bei einem solchen Ereignis. Spatzl, wie geht’s der Jung-Mutter?« Welch ein schönes Gefühl. Die erste, die sich erst mal nach mir erkundigt. Nach meinem Wohlbefinden. Eine wahre Freundin, ich habe es immer gewußt. In aller Ruhe erzähle ich ihr von der Plackerei, en Detail. Heike ist entsetzt. »Ich wollte ja nie welche, aber nach deinen Erzählungen bin ich froh, daß mir so was nicht mal als Unfall passieren könnte. Dem Himmel sei Dank, daß Pimmelträger und Spermienspender für mich nicht in Frage kommen. Ach, apropos, was ist es denn, vom Feinsten oder mit Teil?« will sie wissen. »Sie heißt Claudia«, teile ich ihr mit, »und ist absolut vom Feinsten.« Ein Entzückensschrei aus der Telefonmuschel: »Dann komme ich moin mit dem ICE , wenn’s recht ist. Zur Besichtigung.« – »Ich freue mich wie Bolle und kann’s kaum erwarten«, gebe ich beglückt zurück, und weg ist sie. Hat aufgelegt. Jetzt habe ich gar nichts aus ihrem aktuellen Liebesleben erfahren können. Wer in der Szene mit wem. Und wer nicht mehr. Und warum. Und was mit der neuen Lesben-In-Kneipe ist. Na, das lasse ich mir morgen live hier vor Ort erzählen.
    Obwohl Lesbenliebesgeschichten ernüchternd wenig anders sind als die zwischen Heteros. Man denkt ja immer, so Frauen untereinander, da ginge es irgendwie vernünftiger ab. Weil kein Kerl beteiligt ist. Was ja per se fast alles im Leben zunächst mal erleichtert.
    Pustekuchen. Das nimmt sich nach Heikes Erzählungen echt wenig. Mit einem entscheidenden Unterschied: Die Auswahl ist schlicht geringer. Es gibt nun mal nicht so viele Lesben wie Hetero-Frauen. Darunter leidet Heike. Obwohl sie, laut eigenen Angaben, gar nicht so anpruchsvoll ist. Was verlangt sie denn schon groß? Schlau soll die Frau sein, humorvoll und hübsch. Das wird ja wohl möglich sein, findet Heike und findet keine. Keine, die ihr gut genug ist. Also lebt sie trotz alledem munter mit diversen One-Night-Stands und gibt die Hoffnung nicht auf. Die Hoffnung auf eine wundervolle Zweierbeziehung mit einer attraktiven, schlanken, cleveren und witzigen Person. Weil Heike selbst schlau ist, weiß sie: Die Wahrscheinlichkeit, daß diese Traumfrau einfach an ihrer Haustür klingelt, ist ziemlich gering. Und weil sie sich nicht vorwerfen lassen will, nicht alles

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