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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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sagen würden: »Ist das nicht eher ein Gürtel?« und dazu eins dieser bauchfreien Kapuzenpullichen. Der Bauchnabel zeitgerecht gepierct und passend zum Outfit ein paar Plateauschuhe, die selbst Yorkshireterrier der mittleren Größe in Angst und Schrecken versetzen würden. Keine Frage, Renate sah besser aus, als ihre Stimme und ihr Name vermuten ließen. Durchaus vielversprechend, hat Heike in den ersten Sekunden der Begegnung gedacht und sich mit glänzenden Augen weitere Piercings an leckeren Körperteilen von Renate vorgestellt.
    Aber Schönheit allein ist letzlich, jedenfalls für die meisten Frauen, doch nicht abendfüllend.
    Spätestens bei der Frage, »ob der Zauberberg nicht in den Alpen sei« und Heike auch so »wahnsinnig gern die Mini-Playback-Show gucken würde«, war klar, daß es fürs Leben mit den beiden nix werden würde. Daß sich Renate aber durchaus für schlau hielt, hat Heike beim Anblick ihres Ford Fiesta blitzschnell festgestellt. Hinten drauf, auf der Heckscheibe, um genau zu sein, schon leicht vom Regen ramponiert, pappte riesengroß ein Schild: ABI ’76. Scheint Renates letzte intellektuelle Leistung gewesen zu sein, hat Heike gedacht und sich wieder mal gefragt, warum sich Menschen, auf den ersten Blick ganz normale Menschen, solche Schilder auf ihre Autos kleben. Um anderen Autofahrern klarzumachen: Hey, Obacht, ich bin was Besonderes. Oder um zu sagen: Ich sehe vielleicht blöd aus, bin es aber nicht. Oder einfach nur aus Stolz. Weil sie es selbst niemals für möglich gehalten hätten, daß sie diese enorme Hürde schaffen können. Ein Aufkleber mit »Hauptschule ’64« hätte ja noch einen Hauch von Humor, aber ansonsten sind so Aufkleber ja wohl nur peinlich, und wenn überhaupt, nur bei hormongeplagten spätpubertierenden Frischabiturienten zu entschuldigen. Irgendwann kommt der Tag, an dem man sich nicht mehr nur auf sein Abi berufen kann.
    Leider hat sich außer Renate nur noch eine auf unsere an sich doch geniale Anzeige gemeldet. Und die hat Heike gar nicht erst getroffen. Weil sie nach einem Anruf, bei dem sich, Gott sei Dank, nur der Anrufbeantworter gemeldet hat, bemerkt hat, daß sie die Frau schon kennt. Eine der Szenetussis, mit der Heike vor Jahren schon mal was hatte, nicht nur Heike, sondern eigentlich auch der Rest der Szene, und von der sie bestimmt nichts mehr wollte. Vor allem nicht, daß die überall rumerzählt, daß Heike Kontaktanzeigen schaltet. Alles in allem war das Schreiben der Anzeige der amüsanteste Teil der Angelegenheit. Erfolgreich war das Ganze jedenfalls nicht. Nicht mal bei wohlwollender Betrachtung.
    Inge ist immer noch am Schnattern. »Und wie wäre es?« fragt sie mich mit erwartungsvollem Blick. Unangenehm. Wo ich ihr doch gar nicht zugehört habe. »Ich bin gedanklich im Moment nicht ganz bei der Sache«, rede ich mich raus und bin direkt erleichtert, als die Tür aufgeht. Ein Auftrieb hier wie auf dem Viehmarkt. Aber so ähnlich werden wir hier ja auch gehalten. Füttern, melken, Fleischbeschau, und das im lustigen Wechsel.
    Ein Mann steht im Türrahmen. Ein großer, schöner Kerl. Bestimmt 1,90, breitschultrig, dunkle Wuschelhaare und wunderbare Zähne. Keine Jacketkronen. Kann man genau sehen, so breit, wie der strahlt. Hat er sich in der Zimmertür geirrt? Er widmet mir nicht mal einen winzigen Seitenblick, obwohl auch ich die Zähne blecke, als wäre ich bei der jährlichen Kontrolluntersuchung. Kaum bin ich durch mein Kind fester an Christoph gebunden denn je, habe ich diese Wahnsinnserscheinung. Der Mann muß geklont werden. Ein genetisches Wunder. Daß so was da draußen noch frei rumläuft, ist unglaublich. Wäre ich eine wahre Freundin, würde ich sofort Sabine anrufen. Bevor ich mich entscheiden kann, ob ich diese wahre, selbstlose Größe habe, fängt das Fabelwesen auch noch an zu sprechen. Wow, er kann sogar das.
    »Hallo, Liebling«, schmachtet er, eindeutig zur Müller-Wurz, und wieder mal muß ich mir eingestehen, daß die Welt alles andere als gerecht ist. Da steht ein absoluter Traum von einem Mann und gehört eindeutig zur Müller-Wurz. Wie kann das passiert sein? Ist der blind oder taub? Sozial engagiert? Ihr Bewährungshelfer, der sich im Ton vergriffen hat? Ein liebenswürdiger WG -Genosse, der aber eigentlich noch Single ist? Nicht, daß die Müller-Wurz häßlich ist, aber im Vergleich zu dem Typ hat sie rein optisch null Chance. Schulnotenmäßig ist er, da gibt’s nix zu deuteln, eine 1–. Eigentlich sogar eine

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