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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Sebastian, keimt mir der Verdacht, daß den frischgebackenen Vätern am Eingang der Station irgendwelche Drogen verabreicht werden. Völlig von Sinnen sieht Christoph aus. »Wo ist meine Zaubermaus?« ist seine Begrüßung. Keine liebevolle Hals-Rachen-Behandlung wie bei Inge. Von Paketen gar nicht zu reden. Und mit Zaubermaus bin garantiert nicht ich gemeint. Wenn überhaupt Kosenamen, dann nennt er mich Walfischchen. Soviel zu seinem Charmepotential. »Claudia ist shoppen«, teile ich ihm leicht beleidigt mit. Er lacht und meint: »Dann hole ich sie mal schnell, damit sie nicht soviel ausgibt.« Nein, was hab ich gelacht. Er dafür umso mehr. Männer sind doch die dankbarsten Abnehmer ihrer eigenen kleinen Scherze. Daß mein Hinweis mit dem Shoppen eher pädagogisch gemeint war, nach dem Motto: Stell keine blöden Fragen, bevor du deine Liebste angemessen begrüßt hast, rafft der einfach nicht. Oder will es nicht kapieren. Kerle können sich ja verdammt blöd stellen, wenn’s drauf ankommt.
    So schnell, wie er im Raum war, ist er auch schon wieder weg. Durch die Verbindungstür ins Babyzimmer. Zutritt nur für Eltern. Ungeahnt sanft schnappt er sich sogar das richtige Kind. Ist es Instinkt, oder kennt er sie schon? Claudia schleimt sich direkt bei ihm ein. Kein Geschrei, nix. Ein Baby zum Vorführen. Er setzt sich mit der Kleinen auf dem Arm auf den Besucherstuhl – einer steht immerhin im Zimmer – und grient sie selbstversunken an. Jetzt fehlt nur noch der Gatte von Frau Tratschner, dann wären wir komplett. »Kommt Ihr Mann heute auch?« frage ich die mittlerweile aus dem Schlaf erwachte Frau Tratschner. Sie kichert. Ich wüßte gerne mal, was daran so irre lustig ist. Oder ist es die Kaiserschnittnarkose? Irgendwelche Rückstände oder so? »Welcher Gatte«, unterbricht sie ihr Gegickel und schaut mich erwartungsvoll an, »es würde mich echt wundern, wenn einer käme, ich habe nämlich keinen.« So kann man sich täuschen. Die grundsolide aussehende Tratschner ist unverheiratet. So wie ich. Und die Müsli-Inge hat den Bund fürs Leben geschlossen. Da hätte ich in jedem Ratequiz voll danebengetippt.
    Das Leben ist doch nicht so berechenbar, wie man immer denkt. »Das kommt von deinen blöden Vorurteilen«, tadele ich mich mit der nötigen Strenge und beschließe, nie mehr in dämlichen Schwarzweiß-Bildern zu denken. Oder nur noch ganz selten. Ab und zu sozusagen.
    Die Tratschner kichert und kichert. Habe ich mit meiner schlichten Frage da irgend etwas losgetreten? Eine Art paradoxe Reaktion hervorgerufen? Kichert sie, weil ihr eigentlich nach Heulen zumute ist? Will sie sich vor uns keine Blöße geben? Christoph schaut mich peinlich berührt an. Mit einem Blick, der mir in aller Deutlichkeit zu verstehen gibt: Andrea, das war eine Glanzleistung. Natürlich im negativen Sinn. Christoph geniert sich gerne und oft für mich. Eine unserer wenigen Gemeinsamkeiten. Der Unterschied liegt in unserer Reaktion auf die wechselseitig peinlichen Momente. Ich tue so, als hätte ich möglichst gar nichts mit ihm zu tun, und er bemüht sich verzweifelt, von mir verpatzte Situationen, oder solche, die er dafür hält, noch geradezubügeln. Auch bei der Tratschner meldet sich sein schlechtes Gewissen. Obwohl er wohl kaum mein Erziehungsberechtigter ist. Und verheiratet sind wir auch nicht. Also bin ich für mein Tun und Handeln eindeutig selbst verantwortlich. »Frau Tratschner, könnte ich Ihnen denn irgendwie behilflich sein?« bietet er in seinem »Hallo, ich bin Jurist und habe Umgangsformen«-Tonfall schmierig freundlich seine Hilfe an. Jetzt ist es um Frau Tratschner aber komplett geschehen. Das sanfte Gekicher steigert sich zu einem lauten Lachen: »Als Leihmann oder was?« bricht es aus ihr heraus. Christoph läuft puterrot an. »War das ’ne sexuelle Offerte für eine Wöchnerin?« schenkt sie ihm noch eine hinterher. Bald kriege ich Mitleid, so entsetzt, wie Christoph guckt. Selbst die Müller-Wurz und ihr Sebastian haben sich voneinander gelöst, um dieses Schauspiel nicht zu verpassen. »Mehr so zum Reden«, stammelt mein Lebensgefährte und, platsch, verpaßt die Tratschner ihm noch eine. »Ihr Männer von heute, ständig das Gerede, das können wir auch allein«, brüllt sie in den Raum und hält sich vor Lachen die Kaiserschnittnarbe.
    Claudia ist irritiert und fängt an zu schreien. Frau Tratschner ist nicht nur ihrem Vater, sondern anscheinend auch ihr unheimlich. Froh, einen Grund zur Flucht zu haben,

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