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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Wirklich lecker, wer hätte das gedacht. Nur die Größe der Portion kann einen fast in die Depression stürzen. Hätte ich bloß Inges noch gehabt. Das zahle ich der heim. Wie auch immer. Bevor Christoph wieder auftaucht, habe ich den Teller ratzeputz leergefressen. Großzügig biete ich ihm den Nachtisch an. Eine geschmacklich undefinierbare Creme, die aussieht, als wäre sie direkt aus der Hoechster Versuchsküche hier aufs Tablett gehüpft. Schmeckt so, wie sie aussieht. Rosa. Ein kleines Eck habe ich selbstverständlich probiert. Optik kann ja verdammt täuschen, wie Inges Kerl mal wieder drastisch bewiesen hat. Außerdem brauche ich die Kalorien wirklich nötiger als Christoph.
    Nicht für den Gesamteindruck, an meinem Körper hängen noch genug Fettdepots für harte Zeiten, aber für die Psyche. Essen beruhigt so ungemein. Macht gute Laune. Satt und zufrieden. Leute, die nur essen, um sich zu ernähren, sind mir äußerst suspekt. Wer nicht verstehen kann, daß bei schlechter Laune ein Teller mit warmem, frisch gestampften Kartoffelbrei die Lage enorm verbessern kann, dem ist nicht zu helfen. Ersatzbefriedigung nennen strenge Asketen so was. Besser Ersatzbefriedigung als gar keine, heißt meine Devise. Außerdem: Ersatz wofür? Darf nur lustvoll essen, wer anderswo Verzicht übt? Haben gute Esser schlechten Sex? Und im Umkehrschluß: schlechte Esser guten Sex? Nie im Leben. Und wofür sonst sollte Essen Ersatz sein? Für eine miese Kindheit, ein schlechtes Abi, einen tyrannischen Chef oder eine ekelhafte Schwiegermutter?
    Sebastian, der Müller-Wurz-Schönling, packt emsig seine Tupperschächtelchen wieder zusammen. Inge guckt streng. »Du hast noch gar nicht mit Konstantin Samuel David gesprochen«, rügt sie ihren Vorzeigekerl. Der ist sofort tief betroffen und stammelt was vom Kursus für indische Babymassage, zu dem er auf keinen Fall zu spät kommen will. »Wenn du jetzt kein Verhältnis zu deinem Sohn aufbaust, wie soll er sich dann vertrauensvoll von dir massieren lassen«, antwortet ihm die Inge in salbungsvollem Ton. Verbales Auspeitschen nennt man so was. Getarnt durch ruhigen Tonfall. Aber diese sanften Rüffel sind ja oft brutaler als alle anderen. Ich bin nah dran, dem gerügten und tief betroffenen Vater vom Tiefkühlhühnchen Schützenhilfe zu leisten. »Keine Sorge«, will ich ihm zurufen, »der läßt sich schon von dir massieren, der kleine Kerl.« Wie soll er sich auch wehren?
    Aber warum einmischen in fremder Leute Beziehungskrempel? Das ist was, was sich nie auszahlt. Im Gegenteil. Hinterher bist du als Mittler und Schlichter noch der Arsch. Leider zwischen die Beziehungsfront geraten. Versehentlich für den gemeinsamen Feind gehalten worden und zur kollektiven Hinrichtung freigegeben. Halt einfach Pech gehabt.
    Außerdem verschwindet der Kindsvater jetzt, und Müsli-Inge bleibt hier. Aus schnöden, rein taktischen Gründen ist es sicherlich angebrachter, die Klappe zu halten. Und ein Mann wie der von der Müller-Wurz will es wahrscheinlich nicht mal anders. Oder warum hat er die geheiratet? War es unter Drogeneinfluß oder weil sie ihn stark an seine dominante Grundschullehrerin erinnert? Weil ihm das Devote einfach liegt? Weil es im Leben leichter ist, wenn einem die Entscheidungen abgenommen werden? Kann mir im Prinzip ja wurschtegal sein. Mein Mitleid hat er jedenfalls. Was könnte der Frauen haben! Und ein Geld verdienen. Als Spender bei der Samenbank zum Beispiel. Obwohl das Tiefkühlhühnchen bisher noch nicht so arg viel hermacht. Eher im Gegenteil. Da haben sich wahrscheinlich Inges Gene durchgesetzt. Pech für Konstantin Samuel David. Wenn der später seine ersten Flammen daheim anschleppt und die beim Anblick des schönen Vaters den Sohn sofort vergessen. Das Häßliche wird ja erst neben dem Schönen so richtig häßlich. Der Vater als Verstärker des eigenen schlechten Aussehens. Traumatisch. Für Kinder ist es sowieso nicht leicht, zu schöne Eltern zu haben. Mütter, die für ältere Schwestern gehalten werden, eine bessere Haut und schmalere Schenkel als ihre Töchter haben, werden zwar allseits bewundert, aber dafür still und heimlich von ihrer Brut gehaßt. Die Welt ist voller Konkurrenz, wer braucht da noch zusätzlich die eigene Mutter? Beliebt sind auch Freunde und Verwandte der Familie, die bei ihren gelegentlichen Besuchen immer wieder betonen, daß die Kleine ja so »gar nichts« von Mama hat und komplett auf den Vater kommt. Der aber, für alle offensichtlich, der

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