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Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Frisch gepresst: Roman (German Edition)

Titel: Frisch gepresst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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deutlich unattraktivere der beiden ist. Solche Kinder sollen später selbstbewußte Menschen werden. Die Frage ist nur, wie. In der härtesten Zeit des Lebens, der Pubertät, zwischen Mitessern und erster zarter Liebe mit einer phantastisch aussehenden Mutter geschlagen zu sein ist fast so was wie seelische Grausamkeit. Man bekommt täglich die eigene Unzulänglichkeit vor Augen geführt und weiß dabei insgeheim, mit ein bißchen mehr Glück in der Genlotterie hätte man ähnlich toll aussehen können. So wie Mama eben. Hätte. Können. So aber versuchen diese armen Teenies verzweifelt das Beste aus ihrem Mix zu machen. Typ wäre übertrieben, denn wer ist in dem Alter schon ein Typ? Keiner. Höchstens Aknetyp A oder B. Ganz zartbesaitete Sprößlinge denken in diesen brutalen Zeiten, sie wären adoptiert. Nur zufällig in diese Familie der Schönheiten hereingeraten. Wieviel Glück haben durchschnittliche Kinder, wenn ihre Eltern eben auch höchstens Durchschnitt sind. Typische graue Mäuse. So Leute, an die sich selbst nach einem aufsehenerregenden Zwischenfall, zum Beispiel einem Unfall mit Fahrerflucht und anschließender Explosion, keiner mehr erinnert. Menschen, die zwar keineswegs wie Quasimodo aussehen, aber auch weit davon entfernt sind, als schön zu gelten. Menschen wie wir alle eben. Solche Eltern haben für Kinder etwas ungemein Beruhigendes. Tja, Konstantin Samuel David: Das mit deinem Vater kann verteufelt unangenehm werden. Aber wer weiß, wie das mit dem Bestand solcher Esoterik-Ehen ist.
    Das Ehepaar, das jetzt den Raum betritt, würde an so was wie Scheidung überhaupt niemals denken. Meine »Quasi-Schwiegereltern« sind im Anmarsch, Kittelschürzen-Inge und ihr Ehemann Rudolf. Die beiden finden nämlich, »Wer anmal ja sacht, muß dadezu ach stehn«, oder, wie Rudolf an ganz witzigen Tagen bemerkt, »wer anmal ja sacht, kann des Süppscher dann aach auslöffeln«. An einem meiner witzigsten Tage, als ich eigentlich mehr oder weniger allein die kunstvolle Feuerzangenbowle von Inge weggesüffelt hatte, habe ich ihm, nach seinem 17. Süppchenvortrag an dem Abend, eben mal meine Meinung zum Thema Auslöffeln und so gesagt: »Wer nie ja sagt, muß auch keine Süppchen löffeln, die ihm mittlerweile übel aufstoßen.« Da war er richtiggehend baff, und seitdem schluckt er seinen Süppchenspruch meistens runter. Oder erzählt ihn anderen unschuldigen Menschen. Wenn ich nicht dabei bin, stört’s mich auch nicht. Aber ich sollte eh nicht über Inge und Rudolf lästern. Inge macht einen der besten Schweinebraten in Hessen, und Rudolf ist ein Mann, der nie nein sagen kann. Er verlegt, ohne zu klagen, fremder Leute Parkett, obwohl er selbst an dem »kalte Holz« nix finden kann und wenn »Laminat doch för wenischer Geld fast genauso viel hermache tut«. Er streicht, dübelt und schleppt Kisten. Er ist halt eine hilfsbereite Seele. Sein Sohn hat dummerweise nur Spurenelemente dieses Gens mitbekommen.
    Daß sie ihren Augapfel Christoph komplett verzogen haben oder es, wie Inge, immer noch tun, wissen sie und bereuen es trotzdem nicht. »Mer habe doch nur den aane«, seufzen sie beim Thema verzogene Kinder, und mit einem Augenzwinkern in meine Richtung scherzt Inge zum Abschluß der Pseudodebatte dann immer: »Abä er ist uns doch trotzdem ganz gut gelunge, der klaane Christoph, odä?« Und so richtig widersprechen kann ich ihnen da auch nicht. Schließlich habe ich ihn mir mehr oder weniger freiwillig ausgesucht. Es hat mich ja keiner gezwungen, diesen und ausgerechnet diesen Kerl zu nehmen. Seine Eltern schon gar nicht. Die hätten ihn auch lebenslang daheim behalten: »Weil der Bub doch werklich Freude beim Zusammenlebe macht.« Manchmal sind ältere Menschen echt bescheiden. Oder welch ungeahnte Freuden hat Christoph seinen Eltern bereitet? Ich habe keinen Schimmer. Inge und Rudolf haben mir, bei aller Freude, ihren Sohn doch relativ bereitwillig abgetreten. Weil ich, wie ich nach einem halben Jahr von Inge erfahren habe, »doch viel nettär und fraulischer als die Marita bin«.
    Marita war die vor mir. Auch wenn Christoph, was seine Frauengeschichten angeht, nicht gerade mit Warren Beatty konkurrieren kann: die ein oder andere hat er schon mit seinem Schnarchen beglückt. Marita muß eine ganz schön Wilde gewesen sein. Jedenfalls, wenn man den Schilderungen von Inge glauben darf. Daß ich netter und soviel fraulicher bin, hat mir Inge beim sonntäglichen Abtrocknen in ihrer Küche anvertraut. Bei Inge

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