Frisch getraut: Roman (German Edition)
Situation aufgewachsen war. Er hatte zwei Stiefväter gehabt. Einen hatte er gemocht, den anderen nicht. Auch manche Freunde seiner Mutter hatte er gemocht, dabei war ihm jedoch stets klar gewesen, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie wieder verschwanden und seine Mutter sich erneut in ihrem Zimmer einschließen würde.
Als Kind hatte er immer gewusst, dass seine Eltern ihn liebten. Sie hatten sich nur gegenseitig verabscheut. Seine Mutter hatte ihren Hass für seinen Vater deutlich zum Ausdruck gebracht, aber um fair zu sein: Sein alter Herr hatte nie ein Wort gegen seine Mutter gesagt. Doch manchmal sprach gerade das
Bände, was ein Mensch nicht sagte. Er wollte niemals mit einer Frau in einem solchen Teufelskreis feststecken und schon gar nicht in einer solchen Umgebung ein Kind großziehen.
Sebastian bückte sich und las das T-Shirt vom Boden auf. Nein, er würde Heirat und Familie nie grundsätzlich ausschließen. Eines Tages würde er sich vielleicht dazu bereit fühlen, doch dieser Tag lag noch in weiter Ferne.
Die Küchentür öffnete sich, und sein Vater kam herein. Er lief zur Spüle und drehte den Wasserhahn auf. »Arbeitest du?«
»Gerade fertig.«
Leo schnappte sich ein Stück Seife und wusch sich die Hände. »Ich hab morgen frei, und wenn du nichts zu tun hast, dachte ich, du und ich könnten zum Arrowrock-Damm fahren und die Köder auswerfen.«
»Du willst angeln gehen?«
»Ja. Du hast doch immer gern geangelt, und ich höre, da oben beißen sie gut.«
Angeln mit seinem alten Herrn. Das könnte genau das Richtige für sie sein oder aber in einer Katastrophe enden. Wie ein Auto zu kaufen. »Ich geh gern mit dir angeln, Dad.«
Sieben
Am Tag nach Lucys Hochzeit hatte Clare Abstinenz gelobt. Am Donnerstag darauf, abends um 17.32 Uhr, brach sie das Gelübde. Schließlich gab’s was zu feiern.
Sie hielt eine Flasche Dom Pérignon in den Händen und bearbeitete den Korken mit den Daumen. Kurz darauf knallte er, zischte quer durch die Küche, prallte von einem breiten Mahagonischrank ab und plumpste hinter den Gasofen. Hauchdünner Nebel quoll aus der Flaschenöffnung, während sie drei hohe Champagnergläser füllte. »Der wird super schmecken«, frohlockte sie mit einem reuelosen Lächeln. »Den hab ich meiner Mutter geklaut.«
Adele nahm sich ein Glas. »Geklauter Champagner ist der beste.«
»Welcher Jahrgang?«, fragte Maddie, die sich ebenfalls ein Glas nahm.
»Neunzehnhundertneunzig. Mutter hat ihn für meine Hochzeit aufbewahrt. Aber nur, weil ich den Männern abgeschworen habe, heißt das noch lange nicht, dass eine Flasche Jahrgangschampagner im Keller verrotten muss.« Sie stieß mit Maddie und Adele an. »Auf mich.« Vor einer Stunde hatte sie sich einem HIV-Test unterzogen und innerhalb von Minuten erfahren, dass er negativ war. Noch eine Last war von ihr genommen. Ihre Freundinnen waren bei ihr gewesen, als sie die
gute Nachricht bekam. »Danke, dass ihr heute mitgekommen seid«, sagte sie und nahm einen Schluck. Das einzig Traurige an der Feier war, dass Lucy nicht dabei sein konnte, aber Clare wusste ja, dass ihre Freundin ihre eigene wunderschöne Feier hatte und mit ihrem frischgebackenen Ehemann auf den Bahamas die Sonne genoss. »Ich weiß, ihr habt beide viel zu tun, und es bedeutet mir viel, dass ihr mir beigestanden habt.«
»Nichts zu danken.« Adele schlang den Arm um ihre Taille. »Wir sind doch Freundinnen.«
»Für dich hab ich immer Zeit.« Maddie schlürfte ein Schlückchen Schampus und seufzte. »Ich hab so lange nichts mehr getrunken, das nicht kalorienarm ist. Schmeckt toll.«
»Machst du immer noch die Atkins-Diät?«, fragte Clare. Solange sie denken konnte, hatte Maddie immer irgendeine Diät gemacht. Für sie war es ein ständiger Kampf, ihre Jeansgröße 36 zu halten. Natürlich hatten sie alle mit dem Problem zu kämpfen, weil sie Schriftstellerinnen waren und viel saßen. Doch für Maddie war es ein nicht enden wollender Kampf.
»Ich mach jetzt die South-Beach-Diät«, verkündete sie.
»Du solltest lieber wieder ins Fitness-Studio gehen«, riet Adele ihr und lehnte sich mit dem Po an die schwarze Granitplatte der Küchentheke. Aus Angst, eines Tages den breiten Hintern ihrer Mutter zu bekommen, joggte Adele jeden Morgen acht Kilometer.
»Nein. Ich war jetzt schon Mitglied bei vieren und bin jedes Mal nach wenigen Monaten wieder ausgetreten.« Maddie schüttelte den Kopf. »Das Problem ist, ich hasse Schwitzen. Es ist einfach so
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