Frisch getraut: Roman (German Edition)
Lottomann mit vollen Geldkoffern auf ihrer Veranda gestanden hätte.
»Hallo, Clare.«
Sie beugte sich nach links und spähte an ihm vorbei. Ein schwarzer Landcruiser parkte am Straßenrand.
»Hast du ’ne Minute Zeit?« Er nahm die Sonnenbrille ab und schob einen Bügel in den losen Kragen seines T-Shirts. Seine grünen Augen, die von dichten Wimpern umgeben waren und die Clare als kleines Mädchen so unwiderstehlich gefunden hatte, fixierten sie.
»Klar.« Heute hatte sie das Problem nicht mehr und trat beiseite. »Meine Freundinnen sind hier, und wir wollen gerade einen Bibelkreis gründen. Komm rein, dann beten wir für dich.«
Er lachte und trat ein. »Klingt sehr amüsant.«
Sie schloss die Tür hinter ihm, und er folgte ihr ins Wohnzimmer. Maddie und Adele unterbrachen ihr Gespräch und
schauten erstaunt auf, ihre Gläser schwebten in der Luft. Clare konnte praktisch die Comic-Blasen über ihren Köpfen lesen. Dieselbe »Boa, Baby«-Blase, die über ihrem Kopf schweben würde, wenn sie Sebastian nicht kennen würde. Aber nur weil Maddie und Adele innegehalten hatten, um einen gut aussehenden Mann gebührend zu würdigen, hieß das noch lange nicht, dass sie auf ein schönes Gesicht hereinfielen und demnächst den Busen rausstrecken oder mit ihren Haaren spielen würden. So leicht waren sie nicht zu beeindrucken. Schon gar nicht Maddie, die alle Männer so lange als potenzielle Straftäter sah, bis das Gegenteil bewiesen war.
»Sebastian, das sind meine Freundinnen«, erklärte Clare, während sie den Raum durchquerte. Die beiden Frauen erhoben sich, und Clare betrachtete sie mit den Augen eines Fremden. Adele mit den langen blonden Haaren, die ihr in Locken halb über den Rücken fielen, und den magischen türkisfarbenen Augen, die je nach Laune manchmal eher grün als blau wirkten. Und Maddie mit den üppigen Kurven, dem Cindy-Crawford-Leberfleck am Mundwinkel und den vollen Lippen. Ihre Freundinnen waren schöne Frauen, und in ihrer Gegenwart kam sie sich manchmal immer noch vor wie das kleine Mädchen mit den straffen Zöpfen und der dicken Brille. »Maddie Jones schreibt True Crime unter dem Pseudonym Madeline Dupree, und Adele Harris schreibt Sciencefiction-Fantasy unter ihrem eigenen Namen.«
Während Sebastian beiden Frauen die Hand schüttelte, schaute er ihnen in die Augen und lächelte, ein sanftes Verziehen seines Mundes, das leichter zu beeindruckende Frauen wahrscheinlich bezaubert hätte. »Nett, Sie kennenzulernen«, sagte er und klang dabei sogar aufrichtig. Das plötzliche Zutagetreten
seiner bisher gut verborgenen Manieren war eine weitere Überraschung für Clare. Fast so groß wie die, ihre Tür zu öffnen und ihn auf ihrer Veranda vorzufinden.
»Sebastian ist Leo Vaughans Sohn«, fuhr sie fort. Beide Frauen waren bereits zu verschiedenen Anlässen im Haus ihrer Mutter gewesen und hatten Leo kennengelernt. »Sebastian ist Journalist.« Da sie ihn schon mal reingebeten hatte, musste sie sich ihm gegenüber wohl auch gastfreundlich zeigen. »Möchtest du ein Glas Champagner?«
Er wandte den Blick von ihren Freundinnen und schaute sie über die Schulter an. »Nein, aber ich nehm ein Bier, wenn du eins hast.«
»Klar.«
»Für wen schreiben Sie denn?«, fragte Maddie und hob ihr Glas an die Lippen.
»Ich arbeite hauptsächlich freiberuflich, aber in letzter Zeit schreibe ich vor allem für Newsweek . Für Hochglanzmagazine wie Time , Rolling Stone und den National Geographic hab ich auch schon Artikel verfasst«, antwortete er. Während er diese beeindruckenden Referenzen aufzählte, verließ Clare den Raum.
Sie schnappte sich eine Flasche von Lonnys Hefeweizen aus dem Kühlschrank und öffnete sie mit einem Plopp. Sie konnte nicht mehr hören, was er sagte, nur noch das gedämpfte Brummeln seiner tiefen Stimme. Clare hatte zwar ein Jahr mit einem Mann zusammengelebt, doch Sebastian im Nebenraum zu wissen, war ein sehr merkwürdiges Gefühl. Er hatte eine andere Energie in ihr Haus gebracht, die sie im Moment nicht näher definieren konnte.
Als sie zurück ins Wohnzimmer kam, hatte er es sich auf ihrem
Sessel bequem gemacht und wirkte so entspannt, als hätte er nicht vor, in nächster Zeit wieder zu gehen. Offensichtlich hatte er vor, länger als »’ne Minute« zu bleiben, und Clare fragte sich, was ihn zu ihr geführt hatte.
Maddie und Adele saßen auf dem Sofa und lauschten gespannt Sebastians Reportergeschichten. »Vor ein paar Monaten hab ich einen wirklich interessanten
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