Frisch getraut: Roman (German Edition)
Bericht für Vanity Fair geschrieben, über einen Kunsthändler aus Manhattan, der die Historie seiner ägyptischen Antiquitäten fälschte, um die ägyptischen Exportgesetze zu umgehen«, erzählte er gerade, als sie ihm das Bier reichte. Er schaute zu ihr auf. »Danke.«
»Brauchst du ein Glas?«
Er sah sich die Flasche an und prüfte das Etikett. »Nicht nötig«, sagte er. Clare setzte sich. Er legte lässig den Fuß übers Knie und stützte die Flasche am Absatz seines Stiefels ab. »Ich bin lange Jahre von einem Staat zum anderen getingelt und hab für die verschiedensten Medien geschrieben, aber für Tageszeitungen arbeite ich nicht mehr.« Er zuckte mit seinen breiten Schultern. »Seit ich vor ein paar Jahren während der Irak-Invasion im Ersten Bataillon des Fünften Marine-Infanterieregiments ›eingebettet‹ war.« Er trank einen Schluck Bier, während Clare darauf wartete, dass er endlich auf den Grund seines Besuchs zu sprechen kam. »Wie viele Bücher haben Sie schon veröffentlicht?«, wandte er sich an die Mädels, und da wurde Clare klar, dass er nicht darüber sprechen wollte, warum er plötzlich auf ihrer Veranda gestanden hatte, was dazu führte, dass sie sich den Kopf zerbrach, aber absolut keinen Schimmer hatte. Die Ungewissheit machte sie wahnsinnig.
»Fünf«, antwortete Maddie. Adele konnte acht Publikationen vorweisen, und wie alle guten Reporter ging Sebastian jeder
Antwort mit einer weiteren Frage auf den Grund. Nach nur fünfzehn Minuten waren die beiden Frauen, die normalerweise schwer zu beeindrucken waren, zu willigen Opfern seines neu entdeckten Charmes geworden.
»Sebastian hat ein Buch über Afghanistan veröffentlicht«, fühlte sich Clare aus Höflichkeit verpflichtet zu sagen. »Leider ist mir der Titel deines Buches entfallen.« Es war schon Jahre her, dass sie es sich von Leo ausgeliehen und gelesen hatte.
»Zersplittert: Zwanzig Jahre Krieg in Afghanistan. «
»Daran erinnere ich mich«, sagte Adele.
»Ich auch«, pflichtete Maddie ihr bei.
Es überraschte Clare nicht, dass ihre Freundinnen sich daran erinnerten. Das Buch hatte wochenlang die obersten Plätze der Bestsellerlisten von USA Today und der New York Times eingenommen. Normalerweise fiel es Autoren nicht leicht, einen Spitzenreiter zu vergessen oder ihm gar zu verzeihen. Außer Adele anscheinend. Clare beobachtete, wie sich ihre Freundin verträumt eine Korkenzieherlocke um den Finger zwirbelte.
»Wie war es denn, bei den Marine-Infanteristen eingebettet zu sein?«, fragte Adele interessiert.
»Beengt. Schmutzig. Furchtbar beängstigend. Und das war an den guten Tagen. Noch Monate nach meiner Heimkehr in die Staaten stellte ich mich einfach nur ins Freie und atmete die Luft ein, die nicht voll Pulversand war.« Er machte eine Kunstpause, und ein flüchtiges Lächeln huschte über seine Mundwinkel. »Wenn man mit den Militärangehörigen spricht, die inzwischen wieder zu Hause sind, ist das eins der Dinge, die sie am meisten schätzen. Saubere, klare Luft.«
Maddie beobachtete Sebastian, der einen Schluck aus der Flasche nahm, und der Argwohn, mit dem sie grundsätzlich
alle Männer musterte, wich aus ihren braunen Augen. »Sie wirken alle so jung.«
Sebastian leckte sich Bier von der Unterlippe und sagte: »Der Sergeant, der das Fahrzeug befehligte, in dem ich mitfuhr, war achtundzwanzig, der jüngste Soldat neunzehn. Für die war ich ein alter Knacker, aber sie haben mir mehr als einmal den Hintern gerettet.« Er deutete mit seinem Bier auf die Champagnerflasche und wechselte das Thema. »Gibt’s was zu feiern?«
Adele und Maddie schauten Clare unsicher an und antworteten nicht. »Nein«, log Clare und nippte verlegen an ihrem Glas. Sie hatte keine Lust, Sebastian auf die Nase zu binden, dass sie am Nachmittag beim Arzt gewesen war. Er mochte ganz normal aussehen und sich ganz normal mit ihnen unterhalten, doch sie traute ihm nicht. Er war bei ihr aufgekreuzt, weil er etwas von ihr wollte. Etwas, worüber er vor ihren Freundinnen nicht sprechen wollte. »Wir trinken immer was, wenn wir uns zum Beten treffen.«
Er warf ihr aus den Augenwinkeln einen ironischen Blick zu. Er glaubte ihr nicht, hakte aber auch nicht nach. Maddie hob ihr Glas und fragte: »Wie lange kennen Sie Clare schon?«
Mehrere Herzschläge lang schaute Sebastian Clare in die Augen, bevor er seine Aufmerksamkeit auf die Frauen ihm gegenüber richtete. »Mal sehen. Ich war fünf oder sechs, als ich zum ersten Mal den Sommer bei
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