Frisch getraut: Roman (German Edition)
behaupten, dass du mir nicht wehtun wolltest.«
»Aber es stimmt. Ich bin nicht schwul«, beteuerte er und belog sie weiter, wahrscheinlich auch sich selbst. »Ich wollte immer eine Frau und Kinder und ein Häuschen im Grünen. Das will ich immer noch. Das macht mich zu einem normalen Mann.«
Er tat ihr fast leid. Er war noch verwirrter als sie. »Deshalb versuchst du auch, dich als etwas auszugeben, das du nicht bist.«
»Was spielt das überhaupt für eine Rolle? Homo oder hetero, Männer sind ständig untreu.«
»Das macht es nicht besser, Lonny. Es macht sie genauso des Lügens und Betrügens schuldig wie dich.«
Als sie auflegte, wusste sie, dass sie ihm zum letzten Mal Auf Wiedersehen sagte. Er würde nicht mehr anrufen, und ein Teil von ihr vermisste ihn. Der Teil, der ihn noch immer liebte. Er war nicht nur ihr Verlobter gewesen, sondern auch einer der besten Freunde, die sie je gehabt hatte, und diese Freundschaft würde sie noch lange vermissen.
Sie trocknete die Gläser ab und stellte sie in die Vitrine im Esszimmer. Ihre Gedanken wandten sich Sebastian und seinen nervigen raffinierten Tricks zu. Und den Pheromonen, die er ausströmte wie die Mojave-Wüste Hitzewellen. Diese Pheromone hatten sogar Maddie und Adele überwältigt und ganz benommen gemacht. Und egal, wie ungern sie es zugab, sie konnte nicht leugnen, dass auch sie sich seiner Präsenz sehr bewusst war. Der Art, wie er aussah und roch, und der Berührung seiner Hand auf ihrer.
Was stimmte nicht mit ihr? Sie hatte gerade erst eine feste Beziehung beendet und dachte schon an die Berührung eines anderen. Doch jetzt, wo sie es vernünftig betrachtete, wurde ihr klar, dass ihre Reaktion auf Sebastian wahrscheinlich mehr damit zu tun hatte, dass sie schon ewig keinen guten Sex mehr gehabt hatte, als mit dem Typen selbst.
Er will dich , hatte Maddie gesagt, und Adele hatte hinzugefügt: Du brauchst einen Übergangsmann . Aber sie hatten unrecht. Sie beide. Das Letzte, was sie brauchte, ob nun übergangsweise oder dauerhaft, egal, wie lange sie keinen guten Sex mehr gehabt hatte, war ein Mann. Nein, sie musste erst mal
mit sich selbst klarkommen, bevor sie überhaupt in Betracht zog , einen Mann in ihr Leben zu lassen.
Als sie an jenem Abend endlich ins Bett kroch, war sich Clare sicher, dass ihre Reaktion auf Sebastian rein körperlich war. Die typische Reaktion einer Frau auf einen gut aussehenden Mann. Mehr nicht. Normal. Natürlich. Und es würde vorübergehen.
Sie knipste die Nachttischlampe aus und lachte im Dunkeln vor sich hin. Er hatte geglaubt, er könnte vorbeischauen und sie kleines Dummchen bequatschen, ein Geschenk für seinen Vater zu besorgen. Sie einwickeln wie früher.
»Und wer ist jetzt der Dumme?«, flüsterte sie. Zum ersten Mal im Leben hatte sie sich nicht von Sebastian austricksen lassen.
Doch als sie am nächsten Morgen, während ihr Kaffee durchlief, die Haustür öffnete, um die Zeitung reinzuholen, fiel ihr eine Angelrute entgegen. In einem der Ringe steckte eine Burger-King-Serviette, auf deren Rückseite geschrieben stand:
Clare,
kannst Du das bitte einpacken und morgen Abend zur Party mitbringen? Ich kann so was überhaupt nicht und will meinen alten Herrn vor seinen Freunden nicht blamieren. Du machst das sicher toll.
Danke, Sebastian
Neun
Sie hatte die Angelrute mitsamt der Rolle mit rosafarbenem Band und glitzernden Schleifchen dekoriert. Das sah so mädchenhaft und kitschig aus, dass Sebastian das Geschenk im Kutschenhaus hinter dem Sofa versteckt hatte, damit es keiner sah.
»So ein liebes Mädchen.«
Sebastian stand unter der großen Markise, die hinter dem Haus der Wingates im Garten aufgebaut war. Es waren etwa fünfundzwanzig geladene Gäste anwesend, von denen Sebastian keinen einzigen kannte. Er war jedem Einzelnen vorgestellt worden und hatte sich nahezu alle Namen gemerkt. Als erfahrener Berichterstatter verfügte über ein gutes Gedächtnis für Namen und Daten.
Roland Meyers, einer von Leos ältesten Freunden, stand neben ihm und mampfte Foie gras. »Wer?«, fragte Sebastian.
Roland deutete über den Rasen zu einem Menschenknäuel, das die untergehende Sonne in verbranntes Orange tauchte. »Clare.«
Sebastian spießte mit einem Zahnstocher ein Cocktailwürstchen auf und deponierte es auf seinem Teller neben einem Stück Camembert mit Krabbenfüllung. »Hab ich auch schon gehört.« Sein Vater, fiel ihm auf, hatte sich mit einer schwarzen Hose, einem weißen Oberhemd und einer
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