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Frisch getraut: Roman (German Edition)

Frisch getraut: Roman (German Edition)

Titel: Frisch getraut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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Boise gepackt hatte, hatte er nur Jeans, ein paar Cargohosen und T-Shirts für eine Woche in den Koffer geworfen. Es war ihm nicht in den Sinn gekommen, irgendwas Schickes für eine Party einzupacken. Deshalb hatte sein Vater ihm heute Nachmittag ein blau-weiß-gestreiftes Oberhemd und eine schlichte rote Krawatte gebracht. Die Krawatte hatte er auf der Frisierkommode liegen lassen, doch für das geliehene Hemd, dessen Zipfel er in seine neueste Levi’s gesteckt hatte, war er dankbar gewesen. Ab und zu stieg ihm der Waschpulverduft seines alten Herrn in die Nase, und er musste feststellen, dass er von ihm selbst ausging – leicht irritierend nach all den Jahren, aber angenehm.
    Als Sebastian sich näherte, machte sein Vater Platz für ihn. »Amüsierst du dich?«, fragte Leo.
    Ob er sich amüsierte? Nein. In Sebastians persönlichem Lexikon bedeutete sich amüsieren etwas völlig anderes, und dieser Art von Amüsement hatte er seit Monaten nicht mehr gefrönt. »Klar. Das Essen ist gut.« Er hob seinen Drink an den Mund. »Aber lass die Käsebällchen mit den Brocken drin weg«, raunte er ihm verstohlen zu.
    Leo lächelte und fragte fast flüsternd: »Was sind das für Brocken?«
    »Nüsse.« Sebastian trank einen Schluck, und sein Blick schweifte zu Clare, die nur wenige Meter von seinem Vater entfernt stand und angeregt mit einem Mann im grün-blauen Plaid plauderte, der schätzungsweise Ende zwanzig war. »Und irgendwelche Früchte.«
    »Ah, Joyces Ambrosia-Käsebällchen. Die macht sie immer an Weihnachten. Grässliches Zeug.« Leos Mundwinkel zuckten belustigt. »Aber sag’s ihr nicht. Sie glaubt, alle finden sie köstlich.«
    Sebastian lachte leise und ließ sein Glas sinken.
    »Entschuldige mich kurz. Ich muss mir noch was von dem Camembert schnappen, bevor er alle ist«, erklärte sein Vater und steuerte zielstrebig auf das Büfett zu.
    Sebastian schaute seinem Vater nach, dessen Schritte einen Tick langsamer waren als noch vorhin. Normalerweise war für ihn bald Schlafenszeit.
    »Ich wette, Leo freut sich riesig, Sie endlich hier zu haben«, flötete Lorna Devers, die Nachbarin von der anderen Seite der Hecke.
    Sebastian riss den Blick von seinem Vater los und schaute über seine Schulter. »Keine Ahnung, ob er sich freut.«
    »Natürlich tut er das.« Mrs. Devers war über fünfzig, auch
wenn es schwer zu beurteilen war, ob Anfang oder Ende fünfzig, da ihr Gesicht ganz starr von Botox war. Nicht, dass Sebastian irgendeine Meinung über plastische Chirurgie hatte. Er fand bloß, dass es für den flüchtigen Beobachter nicht ganz so offensichtlich sein sollte, an welchen Stellen man sich hatte liften, straffen, absaugen oder spritzen lassen. Ein Paradebeispiel dafür waren Lornas Pamela-Anderson-Brüste. Nicht, dass er was gegen eine große oder gar falsche Oberweite hatte. Nur nicht so groß und so falsch an einer Frau in ihrem Alter.
    »Ich kenne Ihren Vater schon seit zwan-… ein paar Jahren«, erklärte sie und sprach fortan nur noch über sich und ihre Pudel Fiffi und Püppi. Was Sebastian betraf, waren das Tiefschläge drei und vier. Er hatte nichts gegen Pudel, auch wenn er sich selbst nie einen anschaffen würde, aber Fiffi und Püppi? Gott, allein der Klang dieser zwei Namen saugte ihm ein paar Gramm Testosteron ab. Um seinen Verstand und seine Männlichkeit zu erhalten, lauschte Sebastian mit einem Ohr den Gesprächen um ihn herum, während Lorna weiterschwafelte.
    »Ich muss mir eins deiner Bücher kaufen«, schleimte der Typ neben Clare. »Vielleicht kann ich noch was lernen.« Er lachte über seinen eigenen Witz, schien jedoch nicht zu bemerken, dass er als Einziger lachte.
    »Rich, das sagst du immer«, parierte Clare aalglatt. Das Licht der Fackeln flackerte und strömte durch die weichen Strähnen ihrer dunklen Locken, die die Winkel ihres Mundes berührten, der zu einem megafalschen Lächeln verzogen war.
    »Diesmal mach ich es wirklich. Sie sollen echt erotisch sein. Wenn du Hilfe beim Recherchieren brauchst, ruf mich an.«
    Wenn Rich das sagte, hörte es sich irgendwie schmierig an. Nicht, wie wenn Sebastian es sagte. Oder … vielleicht klang es
bei ihm genauso schmierig, aber er wollte doch nicht hoffen, dass er so ungehobelt rüberkam wie Rich.
    Clares falsches Lächeln wurde breiter, doch sie antwortete nicht.
    Joyce, die Sebastian direkt gegenüberstand, unterhielt sich mit mehreren etwa gleichaltrigen Frauen. Er bezweifelte ernsthaft, dass sie mit seinem Vater befreundet waren.

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