Frisch getraut: Roman (German Edition)
Dazu wirkten sie zu reich und zu vornehm.
»Betty McLeod hat mir erzählt, dass Clare Liebesromane schreibt«, sagte eine von ihnen. »Ich liebe kitschige Romane. Je kitschiger, desto besser.«
Statt Clare zu verteidigen, beteuerte Joyce in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete: »Nein. Claresta schreibt Frauenliteratur .« Im nachlassenden Licht sah Sebastian, wie Clares falsches Lächeln erstarb. Ihre Augen verengten sich, als sie sich von Rich loseiste und über den Rasen lief, um hinter den Übertöpfen mit den hohen Gräsern und Rohrkolben zu verschwinden.
»Entschuldigen Sie mich, Lorna«, bat er und unterbrach die faszinierenden Anekdoten der Frau darüber, wie gern Fiffi und Püppi Auto fuhren.
»Bleiben Sie nächstes Mal nicht so lange weg«, rief sie ihm nach.
Er folgte Clare, die inzwischen an der Musikanlage stand und einen Stapel CDs durchsah. Das Licht der Fackeln fiel nur spärlich durch die Gräser, während sie bei der blauen LCD-Beleuchtung die Titel studierte.
»Was legst du als Nächstes auf?«, fragte er.
»AC/DC.« Sie schaute kurz auf und richtete den Blick wieder auf die CD in ihrer Hand. »Mutter hasst ›Krawall‹.«
Sebastian lachte leise und stellte sich hinter sie. »Shoot To Thrill« würde Joyces Blutdruck wahrscheinlich hochtreiben und zu akutem Herzversagen führen. Das könnte zwar amüsant werden, würde aber Leos Party ruinieren. Er schaute über Clares Schulter auf den Musikstapel. »Dusty Springfield hab ich seit Jahren nicht mehr gehört. Warum legst du nicht das auf?«
»Okay, du Spaßbremse«, gab Clare nach und zog Dustys CD heraus. »Wie hat Leo die Angelrute gefallen?«
Lieber hätte er sich auspeitschen lassen, als zuzugeben, dass er sie ihm noch nicht überreicht hatte. »Er war begeistert. Danke fürs Verpacken.«
»Gern geschehen«, antwortete sie, und Sebastian hörte die Belustigung in ihrer Stimme, als sie die CD einlegte. »Ihr zwei müsst sie einweihen, solange du noch hier bist.«
»Das wird wohl warten müssen. Ich reise morgen ab. Die Arbeit ruft.«
Sie schaute ihn über die Schulter an. »Wann kommst du wieder?«
»Keine Ahnung.« Nach dem Artikel über den SchwarzfieberAusbruch in Rajwara musste er zur Grenze zwischen Arizona und Mexiko, um einen Folgeartikel über illegale Einwanderer zu schreiben. Danach ging es nach New Orleans, wo er einen aktuellen Bericht über die Fortschritte im Big Easy nach der Flutkatastrophe schreiben sollte. Und irgendwann musste er sich auch noch mit dem Nachlass seiner Mutter befassen, doch das konnte warten. Das hatte keine Eile.
»Mir ist Leos neuer Lincoln in der Einfahrt aufgefallen. Dann hat der alte wohl die fünfzig überschritten.«
»Stimmt. Den neuen Town Car hat er heute bei einem Autohändler
in Nampa erstanden«, erklärte er. Der zarte Duft ihres Parfüms umnebelte sein Hirn, und plötzlich verspürte er das dringende Bedürfnis, den Kopf zu senken und an ihrem Hals zu schnuppern. »Du weißt viel über meinen Vater.«
»Klar.« Sie zuckte die Achseln, und ein dünner Träger rutschte ihren Arm hinab. »Ich kenn ihn fast mein ganzes Leben.« Sie drückte auf Play, und Dusty Springfields üppige, gefühlvolle Stimme strömte aus den Lautsprechern wie ein erotisches Flüstern. Sie schüttelte den Kopf; ihre Haare streiften ihre nackten Schultern. Sebastian überkam ein noch stärkeres Verlangen, nach einer Locke zu greifen, die auf ihrer Haut lag. Sie zwischen den Fingern zu spüren. Er trat ein paar Schritte von ihr weg und zog sich weiter in die Dunkelheit zurück. Weg vom Duft ihres Halses und dem unerklärlichen Verlangen, ihr Haar zu berühren.
»Solange ich denken kann, lebt er schon im Garten meiner Mutter«, fuhr sie fort, während Dusty ein bisschen Liebe am Morgen besang. Sie drehte sich um und schaute durch die buntscheckige Dunkelheit zu ihm auf. »In vielerlei Hinsicht kenne ich ihn besser als meinen eigenen Vater. Ich hab mit Sicherheit mehr Zeit mit ihm verbracht.«
Vermutlich schnürte sich sein Unterleib nur zu einem heißen Knoten zusammen, weil er seit Monaten nicht mehr gebumst hatte. Das musste der Grund sein. Durch die Beerdigung seiner Mutter und alles, was sonst noch so passiert war, hatte er sein Sexualleben total auf Eis gelegt. Sobald er nach Hause kam, musste er was dagegen unternehmen. »Aber er ist nicht dein Vater.«
»Ja. Ich weiß.«
Ein Mann sollte so was wie Sex nicht auf Eis legen. Besonders,
wenn er nicht daran gewöhnt war, ohne auszukommen. Er hob sein
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