Frisch verliebt - Mallery, S: Frisch verliebt
der Hälfte der Strecke wurde sie von einem langen, dünnen Mann, der einen Schnauzbart trug, aufgehalten.
„Wenn Sie nicht das Hübscheste sind, das mir heute Morgen begegnet ist“, sagte er lächelnd. „Ich bin Spike. Wer sind Sie?“
Spike? Noch nie zuvor war sie jemandem begegnet, der Spike hieß. Sie registrierte eine Tätowierung auf seinem Arm, ein T-Shirt mit dem Aufdruck University of Washington und sein herzliches Lächeln, das sie als angenehm empfand. Sie schätzte seine Freundlichkeit.
„Ich heiße Claire und ich kümmere mich um Wyatts Tochter. Er hat vergessen, einen Erlaubniszettel zu unterschreiben, deshalb bringe ich ihn vorbei.“
Spike musterte sie. „Sie sind also eins dieser schicken Kindermädchen.“
Das klang nun wirklich wesentlich besser als arbeitslose Pianistin mit Panikattacken. „So ungefähr.“
„Nett, Sie kennenzulernen, Claire.“
„Ebenso.“
„Ich habe Sie noch nie hier gesehen.“
„Ich habe auch gerade erst angefangen, Amy zu betreuen, und in Seattle bin ich ebenfalls erst seit Kurzem.“
„Brauchen Sie jemanden, der Ihnen alles zeigt?“
War das Flirten? Machte er sie etwa an? Sie wünschte, sie wüsste mehr über Männer und Frauen und wie sie miteinander umgingen, denn sie wollte nichts Falsches sagen oder sich dumm vorkommen.
„Ich habe ein Navi“, erklärte sie ihm. „Damit finde ich mich ganz gut zurecht.“
Spike lachte leise. „Sie kommen sicherlich besser als nur ganz gut zurecht, Schätzchen.“
Liebe Güte! Unsicher, was sie sagen sollte, lächelte sie. „Ich, hm, muss Wyatt jetzt den Zettel bringen und dann zurück zur Schule. Es war nett, Sie kennenzulernen.“
„Ebenso. Wir sollten zusammen mal was trinken gehen.“
Den Fuß schon angehoben, hielt sie mitten in der Bewegung inne. Hatte Spike sie da etwa eingeladen, mit ihm auszugehen?
Sie drehte sich zu ihm um. Wäre das dann ein Date? Ein wirkliches, echtes Date? „Das wäre nett“, sagte sie und ging weiter auf den Wohnwagen zu.
Klar, sie war jetzt nicht wahnsinnig an Spike interessiert, aber zumindest wäre es eine gute Übung, mal mit ihm auszugehen. Wenn sie sich dann einmal mit jemandem traf, den sie wirklich mochte, würde sie schon alles sehr viel besser machen. Abgesehen davon schien er wirklich ganz nett zu sein. Vielleicht sollte sie ihn auch nicht vorschnell beurteilen.
Als sie sich dem Wohnwagen näherte, flog plötzlich die Tür auf und Wyatt stand im Rahmen. Finster sah er sie an.
„Wie kommen Sie dazu, sich mit Spike zu unterhalten?“, fragte er ungehalten.
„Was? Ich weiß nicht. Wir haben bloß ein wenig geplaudert.“
„Das sah aber nach mehr aus.“
„Richtig. Wir haben vor durchzubrennen und wollen heiraten. Aber wir müssen seinen nächsten freien Tag noch abwarten.“
Wyatt trat zurück und bedeutete ihr hereinzukommen. „Sarkasmus liegt Ihnen nicht besonders.“
„Lassen Sie mir Zeit, ich kann nur besser werden.“
Er starrte sie an und seine dunklen Augen schienen ihr in die Seele zu blicken. „Wollte er sich mit Ihnen verabreden?“
Warum verhielt Wyatt sich so? „Er hat erwähnt, dass wir einmal etwas trinken gehen sollten.“
Wyatt schloss die Tür hinter ihr. Der Wohnwagen war nicht groß. Den größten Teil des Raumes nahmen Schreibtische und Aktenschränke ein. Pläne, die die Aufteilung der verschiedenen Stockwerke zeigten, waren an die Wand geheftet. Zumindest glaubte sie, dass es das war.
Wyatt stand so nahe vor ihr, dass sie den Kopf zurücklegen musste, um seinem Blick zu begegnen. Er sah nicht glücklich aus.
„Sie wollen nicht mit Spike ausgehen“, teilte er ihr mit.
Es traf zwar zu, aber sie hasste es, das von ihm zu hören. „Etwa weil Sie es sagen?“
„Nein, aber weil er gerade erst vor zwei Monaten aus dem Gefängnis entlassen wurde. Er ist ein guter Arbeiter, aber er wurde wegen Körperverletzung verurteilt und ist jetzt auf Bewährung draußen.“
Claire musste schlucken. Gefängnis? Wie „eingesperrt“? Nun gut. „Ich bin davon überzeugt, dass jeder eine zweite Chance verdient“, sagte sie steif und war auf einmal erleichtert, dass sie Spike ihre Telefonnummer nicht gegeben hatte, nach der er sie im Übrigen ja auch gar nicht gefragt hatte.
„Außerdem ist er verheiratet.“
„Was? Im Ernst? Verheiratet?“
Das ist so unfair, dachte sie und wurde plötzlich wütend. Nicht, dass sie sonderlich an einem Date mit Spike interessiert war, aber verheiratet? Bei ihrer Trefferquote würde sie nie zu
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