Frisch verlobt
es irgend so ein schwerwiegender Kram für Erwachsene, oder aber total langweilig.“
Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte.
„Sie ist nett“, fuhr Brittany fort. „Ich mag sie. Du magst sie. Es ist doch okay, wenn du eine Freundin hast, Dad. Du musst sie ja nicht gleich heiraten.“
„Ich brauche doch nicht deine Erlaubnis, wenn ich mit einer Frau zusammen sein will.“
„Das weiß ich ja, aber ich gebe sie dir trotzdem.“
Sie ist gleichzeitig bezaubernd und total nervend, dachte er kopfschüttelnd. „Was soll ich nur mit dir machen?“
„Mich anbeten wie alle anderen auch. Im Ernst, Dad, du magst sie doch.“
„Das weiß ich.“
„Also, dann tu etwas dafür. Entschuldige dich.“
„Woher willst du wissen, dass ich derjenige bin, der einen Fehler gemacht hat?“
„Weil du der Mann bist. Aber weißt du, lass es auch nicht dazu kommen, dass es mit ihr zu ernst wird.“
„Dazu wird es nicht kommen.“ Serena würde er niemals ersetzen. Das konnte er gar nicht. Sie war die Liebe seines Lebens, und warum sollte er sich auch in eine andere Frau verlieben wollen?
„Also wirst du sie anrufen?“, fragte Brittany.
„Vielleicht.“
„Du solltest es tun. Nicole ist prima.“
Das ist sie wirklich, dachte er, als er wieder über den Flur lief. Wenn er jetzt so darüber nachdachte, ihre Auseinandersetzung war doch völlig grundlos gewesen. Er kannte seine Tochter und hatte volles Vertrauen zu ihr. Und damit Schluss. Nicole konnte das nicht verstehen, aber auch das war in Ordnung.
„Rufst du nun an?“, rief Brittany ihm nochmals hinterher.
„Hör auf mich zu nerven, Kind.“
Sie lachte und er lächelte.
Jesse fuhr auf den kleinen Parkplatz, um sich selbst eine Chance zu geben, wieder ruhiger werden zu können. Sie weinte viel zu heftig, als dass sie die Straße noch erkennen konnte, und das machte das Fahren gefährlich.
Ihr war klar, dass sie, abgesehen von sich selbst, niemandem wegen der momentanen Situation Vorwürfe machen konnte, was allerdings auch nicht dazu beitrug, dass sie sich besser fühlte. Sie hatte alles komplett verpfuscht. Alles, was sie geliebt hatte, alles, was ihr wichtig war, hatte sie verloren.
Schließlich wischte sie sich die Tränen ab und nahm sich vor, dass sie es schaffen würde. Sie musste entscheiden, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte, oder doch zumindest, wie sie die nächsten paar Monate überleben sollte. Sie war pleite, hatte kaum noch Benzin im Tank und befand sich dreihundert Meilen von Seattle entfernt in Spokane. Was nun?
Wie eine Antwort auf ihre Frage klopfte jemand an ihr Fenster.
Super. Genau das, was sie brauchte. Eine Intervention.
Ohne die Person überhaupt anzusehen, ließ sie das Fenster ein paar Zentimeter nach unten. „Was gibt’s?“, fragte sie in scharfem Ton.
„Alles in Ordnung mit Ihnen?“
Es war die Stimme eines Mannes. Er klang besorgt, was ja ganz prima für ihn war, ihr aber auch nicht helfen würde. Was sie brauchte, war die Möglichkeit, die Zeit zurückdrehen zu können, um all die Probleme in ihrem Leben zu reparieren. Und das würde es nicht geben.
„Alles bestens.“
„So sehen Sie aber nicht aus.“
Sie drehte den Kopf, um den Kerl anzusehen. Er war alt, so im Großvateralter, aber er sah freundlich aus, was in ihr den Wunsch weckte, ihm einfach alles zu erzählen. Nur würde ihre Geschichte vermutlich so schockierend für ihn sein, dass sie einen Herzinfarkt auslösen könnte, und noch eine Sache, wegen der sie sich schuldig fühlen müsste, brauchte sie wirklich nicht.
„Gehen Sie“, versuchte sie ihn loszuwerden.
„Das ist aber nicht sehr höflich.“
Auf der Stelle fühlte sie sich wieder schuldig. Sie rieb sich die Augen. „So hatte ich das doch nicht gemeint. Danke dafür, dass Sie nachgefragt haben, aber Sie wollen da wirklich nicht hineingezogen werden.“
„Woher wollen Sie das denn wissen?“
„Weil Sie sich doch für mein Leben nicht wirklich interessieren. Das tut niemand – nicht einmal ich.“
Das klingt ganz nach dem ersten Satz in einem Country Song.“
Etwas Unsensibleres konnte ihm wohl nicht einfallen, dachte sie und machte sich schon bereit, das letzte bisschen Benzin, das ihr geblieben war, zu verbrauchen, um wegzufahren. Dann registrierte ein Teil von ihr, dass er eigentlich recht hatte, und sie musste lachen, allerdings gewannen gleich darauf die Tränen wieder die Oberhand.
„Also das gefällt mir gar nicht“, sagte der Typ und öffnete ihre Autotür. „Kommen
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