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Frischluftkur: Roman (German Edition)

Frischluftkur: Roman (German Edition)

Titel: Frischluftkur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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Helga geht zu der Bar, in der sie die Knutschenden zuletzt getroffen hat. Weg. Sie rennt aus dem Schädel. Schon vom Eingang aus kann sie sehen, dass das Auto von Christianes Mutter nicht mehr auf dem Parkplatz steht. Okay, Christiane ist wohl nicht mehr da.
    Wer könnte sie mitnehmen? Soll sie einfach irgendeinen Typen anbaggern? Ganz wohl ist ihr bei dem Gedanken nicht, deshalb verwirft sie ihn wieder. Monique, diese olle Schabracke, kommt aus dem gleichen Dorf, aber die anzusprechen, das ist Helga jetzt zu blöd. Außerdem ist ihr schon wieder zum Heulen zumute. Sie könnte ihre Eltern anrufen, die würden bestimmt sofort ins Auto springen und sie abholen. Dieses eine Mal. Und dann dürfte sie für unbestimmte Zeit nicht wieder ausgehen und müsste sich womöglich Vorwürfe anhören. Nein, keine gute Idee.
    Sie könnte auch einfach ein wenig neben Ritschies BMW abhängen – dem daytona-violett-metallic-farbenen BMW seines Vaters – und darauf warten, dass Ritschie kommt. Vielleicht würde sich dann ja doch noch eine Chance ergeben? Helga geht, jetzt leicht schleppenden Schrittes, los.
    Auf dem Parkplatz hat die Freiwillige Feuerwehr einen Stand aufgebaut, über dem ein Banner mit der Aufschrift Don't drink & drive hängt. »Mal pusten?«, fragt einer der Feuerwehrjungs.
    »Nö, danke, hab eh kein Auto«, murmelt sie.
    Helga geht zum BMW und versucht sich möglichst lässig dort anzulehnen. Im Fenster des Wagens daneben kann sie ihr Spiegelbild sehen. Kein überzeugender Anblick. Helga wechselt die Haltung, zieht ein Bein an. Schon besser. Nach ein paar Minuten spürt sie, wie sich ihr Fuß verkrampft. Sie denkt an Ritschie und dass sie auch für ihn leiden würde. Ganz doll würde sie für ihn leiden, freiwillig sogar. Aber ein Krampf im Fuß? Was soll das denn bringen? So hat sie sich Liebesleid nicht vorgestellt.
    Es wird immer später. Helga langweilt sich. Und wenn Ritschie gleich mit seinen Kumpels auftaucht, dann klopfen die vielleicht wieder blöde Sprüche, und ihr Traummann hat gar keine Chance, sein wahres Ich zu zeigen.
    Wenn er sie aber am Straßenrand sähe, ganz alleine, im Kegel der Scheinwerfer effektvoll beleuchtet, dann würde das sein Herz rühren. Dann könnte er gar nicht anders als anzuhalten und sie mitzunehmen. Genau! Das macht auch einen viel besseren Eindruck, als hier wie ein nicht abgeholtes Paket vor der Wagentür herumzulungern.
    Und wenn er nun einen anderen Weg nimmt?
    Wird er schon nicht, beruhigt sich Helga. Welchen denn auch? Es gibt doch nur diese eine Landstraße zwischen den Dörfern.
    Helga geht los. Acht Kilometer sind es bis nach Hause. Irgendwo auf diesen acht Kilometern wird der BMW sie einholen. Und dann wird alles gut.
    Je weiter Helga sich vom Schädel entfernt, umso dunkler und stiller wird es. Die Landstraße ist völlig verlassen. Helga geht am Rand, aber mit respektvollem Abstand zum Graben, der direkt daneben liegt. Ihre Augen gewöhnen sich an die Dunkelheit, das Licht des Halbmondes reicht ihr aus. Ein Geräusch aus der Wiese neben ihr lässt sie zusammenzucken: Ein Schnarren, das klingt, als würde jemand ganz heftig mit dem Finger über einen Kamm fahren. Aber warum sollte das jemand tun, nachts, in den Feldern? Helga zögert einen Moment. Ob das Schnarren ein böses Omen ist? Sie hat mal einen Film gesehen, da hörte man immer das Klopfen eines Käfers, bevor jemand gestorben ist. Aber wenn das Käferklopfen Schlimmes bedeutet, ist dieses seltsame Kreek-Kreek vielleicht ein gutes Zeichen. Ein Zeichen, dass die Liebe bald zu ihr kommt!
    Das Kreek-Kreek wird langsam von einem Brummen überlagert. Ein Auto nähert sich von hinten. Bestimmt der BMW von Ritschie! Helga dreht sich um und schlendert möglichst lässig rückwärts, damit ihr Schwarm sie auch erkennen kann. Der Wagen hupt und brettert dicht an ihr vorbei. Helga ist so erschrocken, dass sie stolpert und die Böschung zum Graben hinunterrutscht. Mit einem Stiefel landet sie im Wasser, der andere Fuß bleibt trocken. Sie krabbelt die Böschung hoch und geht weiter. Der nasse Stiefel macht beim Gehen komische Geräusche. Es erinnert sie an ihre Gummiente, mit der sie früher so gerne in der Badewanne gespielt hat. Ha , denkt sie, das bin ich, ein schlechter Abklatsch von Miss-Wet-T-Shirt – Miss-Wet-Foot! Na toll!
    ***
    Zur selben Zeit verlassen Ritschie, Lars und Jochen den Schädel. Sie halten jeweils eine Miss-Wet-T-Shirt-Kandidatin im Arm oder im Häschengriff, also so, als wollten sie sie am

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