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Frischluftkur: Roman (German Edition)

Frischluftkur: Roman (German Edition)

Titel: Frischluftkur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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zur Bundeswehr. Ja, das wird es sein. Und dieses Thema scheint ihm nicht nur unangenehm zu sein, sondern Angst zu machen. Sie lähmt ihn wie der Anblick einer Schlange das Kaninchen.
    Wenigstens noch einer, der Probleme hat . Mehr Gedanken verschwendet Helga nicht an den Sohn des ungekrönten Salatkönigs der Gegend, der jetzt doch seinen Korn kippt. Zugegeben: Er guckt auch sehr schön melancholisch. Aber sie will Ritschie!
    Wenn ich nur einen Moment mit ihm alleine sein könnte, dann wäre alles so viel einfacher , denkt Helga. Sie war noch nie mit Ritschie allein. Warum auch? Er geht zwar auf die gleiche Schule, eine Klasse höher (und das auch nur, weil er einmal sitzen geblieben ist), aber wenn sie ganz ehrlich ist, muss Helga zugeben: Ritschie kennt sie nicht. Er hat sie wahrscheinlich noch nie wahrgenommen. Nie bewusst gesehen. Okay, vielleicht das eine Mal, als sie über ihren Schnürsenkel gestolpert und die große Treppe am Schuleingang hinuntergefallen ist, wobei sich der Inhalt ihrer Tasche vor aller Augen ausbreitete. Kein sehr glorreicher Auftritt, das muss Helga zugeben, aber doch ziemlich unübersehbar. Ob Ritschie hingeguckt hat? Sie weiß nicht, ob sie das hoffen soll oder nicht.
    Jetzt guckt er auf jeden Fall nicht, obwohl sie ihn mit Blicken hypnotisiert, fesselt, durchbohrt – alles, was man mit Blicken eben so machen kann, außer zu töten.
    Aber: keine Reaktion. Ritschies blaue Augen kleben fest an der Schärpe von Miss-Wet-T-Shirt.
    Irgendwann muss die sich doch mal umziehen , hofft Helga. Der Chef denkt anscheinend das Gleiche und fordert die Mädchen auf: »Los, Girls, ab in eure eigenen Klamotten. Rubbel-die-Katz! Ihr versaut mir hier ja den ganzen Fußboden!« Murrend ziehen die Kandidatinnen ab. Der Chef treibt sie wie träge Hühner vor sich her.
    Helga wittert ihre Chance. Sie kippt den Rest Baileys, verschluckt sich dabei an einem Stück Eiswürfel, muss erst mal die Luftröhre freihusten, womit sie tatsächlich die Aufmerksamkeit von Ritschies Clique auf sich zieht, und geht dann, so lässig wie möglich, auf ihren Schwarm zu.
    Erster Schritt.
    Ogottogottogott, was soll ich bloß sagen?
    Zweiter Schritt.
    Das geht mir jetzt viel zu schnell!
    Dritter Schritt, vierter Schritt.
    Mir ist immer noch nichts eingefallen.
    Fünfter Schritt.
    Jetzt ist es eh zu spät. Helga resigniert.
    Sechster Schritt.
    Die CD ... ich habe die CD für ihn!
    Siebter Schritt.
    Helga steht genau vor Ritschie. Er sieht sie an. Direkt in die Augen. Sie möchte schmelzen unter seinem Blick, einfach so zerlaufen, sich in Wonne auflösen. Ach, ist das schön! Von diesem Moment hat sie immer geträumt.
    »Was will denn die kleine Fledermaus von dir?«, fragt Ritschies Kumpel. Lars heißt er, unangenehmer Typ mit kurzen, blondierten Stoppelhaaren, wulstigen Lippen und Wangen so schlaff wie nasse Putzlappen.
    Helga guckt ihn kurz irritiert an, wendet sich dann wieder Ritschie zu. Sie fixiert ihn mit intensivem Blick. Jetzt ist sie mutig, jetzt ist sie stark. Das ist der richtige Moment! Sie weiß genau, was sie will, und gleich wird Ritschie das auch wissen. Dann ist der Weg frei für eine gemeinsame Zukunft. Er wird sie an der Hand nehmen und nie wieder loslassen. Sie werden sich ganz viel zu sagen haben (Helga weiß zwar noch nicht genau, was, aber das wird ihr schon noch einfallen).
    Sie fühlt, wie ihre Füße fest auf dem Boden stehen, wie ihre Haare sich in die Luft recken. Sie hält sich ganz aufrecht, damit jeder Zentimeter von ihr gut zur Geltung kommt. Ihr ist, als würde das Licht heller scheinen, die Musik schöner klingen, als würden die Laserblitze ein romantisches Schloss um sie herum zeichnen. (Letzteres bildet sie sich nicht ein.) Helga lächelt. Sie lächelt nach innen und nach außen, sie meint, die ganze Großraumdisco, ja, die ganze Welt müsste von diesem Lächeln erfüllt sein.
    Leider lächelt Ritschie nicht zurück. Aber das kommt schon noch, er ist eben schüchtern. Ich werde ihn nicht überfordern , schwört sich Helga. Überlegt kurz, ob sie bei der Hochzeit weiß tragen sollte, obwohl sie die Farbe eigentlich total uncool findet ... aber Schwarz, wie sieht das denn aus? Ich denke schon wie meine Mutter! Sie konzentriert sich und sagt so laut wie sie kann, damit er sie auch durch das Shake-your-Sonstwas-Gewummer versteht: »Hallo, ich bin Hell. Ich habe dir eine CD gebrannt.« Dann klappt sie ihre Umhängetasche auf, sucht nach der CD – Verdammt, ich hätte die vorher rausnehmen sollen,

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