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Friss oder stirb

Friss oder stirb

Titel: Friss oder stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens G. Arvay
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einfach so passiert. In der Mauser werden Federn außerdem gleichmäßig verloren und nicht nur am Hintern oder am Hals. Die Tiere sehen dann am gesamten Körper zerrupft aus und nicht nur partiell. Vor allem wenn die Schwanzfedern fehlen, ist das ein Zeichen von gegenseitigem Jagen und Kannibalismus.

    Clemens G. Arvay: Laut EU-Biorichtlinien und sogar noch nach den Standards des Demeter-Verbandes könnten Sie bis zu 3.000 Tiere pro Stalleinheit halten. Weshalb nutzen Sie diesen Rahmen nicht aus?

    Carsten Bauck: Ich weiß, dass der Großteil der Bio-Tiere, die in Einheiten zu 3.000 gehalten werden, nicht optimal untergebracht ist. Insofern kann man schon sagen, dass großstrukturelle Landwirtschaft oftmals vom Tierschutzgedanken her deutlich unterlegen ist, und die Tiere sehen innerhalb weniger Monate grauenhaft aus. Außerdem wollen wir aus ökologischen Gründen keine großen, stationären Stallgebäude.

    Clemens G. Arvay: Ist „Bio“ Ihrer Meinung nach immer gut und „Konventionell“ immer schlecht?

    Carsten Bauck: Man kann da nicht schwarzweißmalen und sagen „Ökologisch = gut, Konventionell = schlecht“. Das ist tendenziell zwar so, aber ich kenne hervorragende konventionelle Betriebe und ich kenne so richtig schlechte Öko-Betriebe. Das Problem für uns ökologische Landwirte, die versuchen, dichter an dem ursprünglichen Bio-Gedanken dran zu sein, sind die konventionellen Strukturen, die wir heute in der biologischen Landwirtschaft haben. Das heißt, da kommen Menschen, die versuchen, ökologische Landwirtschaft vor allem nach ökonomischen Maßstäben zu betreiben, aber mit dem Image der kleineren Betriebe werben. Also: Andere haben den Weg bereitet und wenn der Weg breit genug ist, dann kommen die „großen Dicken“ und verdienen das Geld mit dem positiven Öko-Image. Kleinbetriebe werden so gemeinsam mit den Tieren mit ausgebeutet, wenn großstrukturierte Tierhalter für die Lebensmittelkonzerne erzeugen.

    Clemens G. Arvay: Gibt es etwas, das Sie an Ihrem eigenen Betrieb derzeit nicht als optimal empfinden und das Sie künftig anders machen möchten?

    Carsten Bauck: Sowohl in der konventionellen als auch in der ökologischen Tierhaltung arbeiten wir heute fast ausschließlich mit intensiver Genetik – oft als „Tiermaterial“ bezeichnet –, die auf ökonomische Bedürfnisse ausgelegt und gerade in Öko-Betrieben fehl am Platz ist. Auch wir Demeter-Bauern setzen noch solche leistungsstarken Züchtungen der Agrarindustrie ein. Diese Abhängigkeit möchte ich gerne überwinden.
    Das leistungsstarke „Designerhuhn“ im Ökolandbau
    Tatsächlich forderten Bio-Pionierinnen und Bio-Pioniere bereits in den 1970er-Jahren für den ökologischen Landbau den Ausstieg aus der konventionellen Zuchtwahl, die sich nur an Ertrag und raschem Wachstum orientiert. Diese Forderung, die kaum zu überschätzen ist, kann aber aufgrund der Rahmenbedingungen des modernen Marktes nur in den wenigsten Fällen umgesetzt werden. Inzwischen beherrscht beispielsweise bei Hühnern nur mehr eine Handvoll multinationaler Agrarkonzerne den gesamten Zuchtmarkt, also die genetische „Erzeugung“ von industriell ertragreichen Hühnertypen. Bei Legehennen steht nur ein Aspekt im Vordergrund: die Legeleistung. Bei Masthühnern und Puten sind es das schnelle Wachstum und der rasche Ansatz von Fleisch. Diese Tiere sind biologisch degeneriert und auch nicht mehr in der Lage, genetisch stabile Nachkommen hervorzubringen.
    Ich traf sogar immer wieder auf Großproduzenten für Lebensmittelkonzerne, die nicht einmal beantworten konnten, welcher Hühnertypus in ihren Ställen lebt. Sie mussten dann erst einen Blick in den Produktionsvertrag werfen, in dem ihnen die Wahl verbindlich vorgeschrieben wurde. Solche Entscheidungen trifft stets das jeweilige zwischengeschaltete Geflügel-Vermarktungsunternehmen, das die Landwirte unter Vertrag gestellt hat, die Einheitsware bündelt und an die Supermärkte und Discounter verkauft. Man möchte es nicht wahrhaben, aber in diesen Punkten gibt es keinerlei Unterschiede zwischen konventioneller und biologischer Produktion, sofern wir den Massenmarkt betrachten.

    Was ist eine Hybride?
    Die Hybridtechnologie löste ab den 1970er-Jahren die traditionelle Kreuzungszüchtung ab und wird sowohl auf Tiere als auch auf Pflanzen angewendet. Die Agrarwissenschaftler Konrad Martin und Joachim Sauerborn definieren die Hybridzüchtung wie folgt:
    „Durch wiederholte künstliche Selbstbefruchtung werden

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