Friss oder stirb
wirtschaftende Bäuerinnen und Bauern sind darauf angewiesen, die Tiere immer wieder aufs Neue von der Agrarindustrie zu kaufen.
• Die Zucht und Weiterentwicklung von Tierrassen, auch die Anpassung dieser Rassen an den Standort, war einst Aufgabe der Bauernschaft. Heute gibt es kaum mehr Landwirtinnen und Landwirte, die über das nötige Knowhow verfügen, um dieser wichtigen Aufgabe nachzukommen.
• Hybriden weisen starke Verhaltensabweichungen im Vergleich zu ihren reinerbigen Vorfahren auf. Dies ist von der Industrie teilweise sogar gewünscht. So lässt sich beispielsweise der Tag-Nacht-Rhythmus einer Hybrid-Legehenne durch künstliche Lichtprogramme manipulieren. Vor allem im Geflügelbereich werden bei Hybriden mehr und mehr Verhaltensstörungen beobachtet.
• Tiere aus Hybridzucht weisen aufgrund des ökonomischen Zuchtziels „Leistungssteigerung“ körperliche Degenerationen auf, die ihnen das Leben erschweren. Typisch sind beispielsweise Lahmheiten und Taktfehler beim Gehen sowie ungünstige Verschiebungen der anatomischen Proportionen. Tierschützer sprechen oft von der sogenannten „Qualzucht“.
• Durch die Verdrängung „echter“ reinerbiger Rassen lässt deren Leistungsfähigkeit mehr und mehr nach, da die Tiere ökonomisch nicht mehr interessant sind und keine Rassenpflege mehr stattfindet. Dadurch rasselt ihre wirtschaftliche Attraktivität immer weiter in den Keller – ein Teufelskreis. Alte Rassen verschwinden und mit ihnen nimmt der genetische Unterbau der Tierzucht rasant ab. Sind die Rassen erst verschwunden, können sie nicht wieder „rekonstruiert“ werden.
• Durch den Verlust der Rassenvielfalt in der Landwirtschaft gehen nicht nur ein genetischer Schatz und ein kulturelles Menschheitserbe verloren, sondern wir geben auch die Möglichkeit auf, ökologisch angepasste und standortgerechte, widerstandsfähige Tiere zu halten.
• Hybriden sind anfälliger für Krankheiten und brauchen oft Antibiotika. Hinzu kommt die intensive Haltungsform, die die Verbreitung von Erregern in der Herde fördert. Aus diesem Grund sind Antibiotika auch im Bio-Bereich erlaubt und werden dort eingesetzt.
Agrarindustrielle Hybriden sind in der ökologischen Landwirtschaft aus einem weiteren Grund besonders problematisch. Sie sind für den Einsatz konventioneller Futtermittel designt. Das biologische Futter ernährt die Tiere oft nicht ausreichend. Bei Hühnern etwa führt dies zur sogenannten „Selbstausbeutung“: Die Tiere investieren die verfügbaren Nährstoffe in ihren Fortpflanzungstrieb und verbrauchen den Großteil davon, um Eier zu legen. Die hohe Legeleistung dieser Hybriden verschärft das Problem. Für die Henne selbst bleiben weniger Nährstoffe übrig, was zum körperlichen Abbau führt. Solche Tiere haben oft blasse Schnäbel, trübe Augen und werden leicht krank. Kannibalismus ist eine häufige Folge der nährstofflichen Selbstausbeutung zugunsten des Legetriebes, vor allem bei intensiver biologischer Haltung. „Die Tiere holen sich das Eiweiß dann vom Nachbarn“, weiß auch Herr Wehner von der Erzeugergemeinschaft Fürstenhof. Aus diesem Grund läuft in der Großproduktion für Supermärkte und Discounter auf einem Fürstenhof-Betrieb derzeit ein Versuch [9] , erzählte mir Herr Wehner:
„Wir füttern jetzt einen Teil der Tiere mit 15 Prozent konventionellem Futter, obwohl bei Bio nur 5 Prozent erlaubt sind. Dafür haben wir eine Ausnahmegenehmigung und die Eier aus diesem Versuch werden als konventionelle Freilandeier vermarktet.“
Nachdem man also erkannt hat, dass die biologische Fütterung von herkömmlichen Hybridhühnern (mit den erlaubten fünf Prozent konventionellen Futtermitteln) problematisch ist und zu Selbstausbeutung der Tiere und Kannibalismus führen kann, strebt man auf dem Fürstenhof, gestützt durch eigene Versuche, eine Erhöhung der erlaubten Anteile konventioneller Futtermittel in der biologischen Eierproduktion an.
In eine ganz andere Richtung will der von Supermärkten und Discountern unabhängige Carsten Bauck mit seinen mobilen Hühnerställen stoßen: „Wir sind derzeit auch als Demeter-Bauern von degenerierten Hybriden abhängig. Jetzt geht es für mich darum, die Kompromisse rund ums Geflügel zu dezimieren. Wir versuchen, uns auf den weiten Weg der vernünftigen Hühnerhaltung zu begeben und sind dabei ehrlich gesagt noch ganz am Anfang.“ Für den Einsatz konventioneller Futtermittel im Biobereich, der den Leistungshybriden gerecht
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