Friss oder stirb
dabei Inzuchtlinien mit bestimmten Merkmalen erzeugt, die selbst aber aufgrund von Inzuchtdepression meist wenig ertragreich sind. Solche Inzuchtlinien werden dann miteinander gekreuzt, wobei die sogenannten Hybriden entstehen. Gegenüber den Elternlinien weisen diese in der Regel wesentlich höhere Wachstumsleistungen und Erträge auf.“ [8]
Das Phänomen der explosionsartigen Wachstumssteigerung nach der Kreuzung von degenerierten Inzuchtlinien wird als Heterosiseffekt bezeichnet. Die gesteigerte Leistung tritt aber nur in der ersten Generation auf und Tiere sowie Pflanzen aus Hybridtechnologie können nicht weitervermehrt werden. Es kommt zu einer Abhängigkeit der Landwirte von der Industrie, von der sie die Jungtiere (bei Hühnern beispielsweise Küken, Bruteier oder Junghühner) beziehungsweise das Saatgut immer wieder aufs Neue kaufen müssen. Die Zucht von Tieren und Pflanzen, die einst Aufgabe der Bäuerinnen und Bauern war, ist heute völlig aus deren Händen entglitten.
Hybriden können biologisch bei Tieren nicht als Rassen und bei Pflanzen nicht als Sorten bezeichnet werden.
Der Lohmann -Konzern beispielsweise, der zur PHW-Gruppe Lohmann und Co. AG gehört, bedient mit seinen Hochleistungshybriden die konventionelle sowie biologische Landwirtschaft in ganz Europa und in anderen Teilen der Erde – ein Umstand, den auch Carsten Bauck untragbar findet, weshalb er hofft, mit der Unterstützung der Konsumentinnen und Konsumenten, bald auf reinerbige Rassen umsteigen zu können. Diese könnte man dann sowohl zur Eier- als auch zur Fleischproduktion einsetzen, womit die unvertretbare massenhafte Vernichtung männlicher Küken auf automatisierten Fließbandanlagen endlich ein Ende nähme.
Bei der Eierproduktion fallen die jungen Hähne auch in der Bio-Industrie in sogenannten Brutfabriken bereits am ersten Tag ihres Lebens einem Rotationsmesser oder einer Gasanlage zum Opfer und werden auf dem Fließband im rasenden Akkord getötet, weil sie keine Eier legen können. Noch nie stieß ich in einem Supermarkt oder bei einem Discounter auch nur auf ein einziges Ei, das ohne diesen blutigen Produktionsschritt hergestellt wurde. Dass dies auch für „Bio“ gilt, ist vielen Konsumenten nicht bewusst.
Lohmann ist auf leistungsstarke Legehennen spezialisiert. Nur der Konzern, der es designt hat, kennt das „genetische Ausgangsmaterial“ und kann die Tiere „reproduzieren“. In der Großproduktion von Bio-Eiern wird in ganz Europa vorwiegend auf die Hybridhenne Lohmann Brown Classic zurückgegriffen. In der Werbung der Lebensmittelkonzerne werden diese herkömmlichen, agrarindustriellen Hybridlinien dann als „braun gefiederte Bio-Rassen“ bezeichnet. Solche Bezeichnungen sind meines Erachtens irreführend, doch „Werbemanipulation“ funktioniert leider.
Selbst der Bio-Verband „Bio-Austria“ setzt auf den Bluff der eklatanten Realitätsverzerrung. In Bezug auf biologisches Hühnerfleisch wird dort von „langsam wachsenden, braun gefiederten Rassen“ gesprochen. Doch auch hier herrscht Fehlanzeige: Wieder handelt es sich nicht um „Rassen“, sondern um Hybridlinien, die auf hohen Fleischansatz gedrillt und für die konventionelle Agrarindustrie designt sind. Während bei Legehennen vor allem der Lohmann-Konzern weltweit den Ton angibt, gehört bei Masthühnern die Firma Hubbard zu den Marktführern, die zum weltumspannenden Pharmakonzern Groupe Grimaud gehört. Ihr Designprodukt für den „heavy weight market“ trägt den Namen JA-757. Die braun gefiederten Abkömmlinge werden als Red-JA-Brown und JA-Color-Yield bezeichnet.
Solche auf Leistung und Ertrag getrimmten Hybridzüchtungen sind kaum mehr mit dem Gedanken der ökologischen und artgerechten Tierhaltung vereinbar. Dennoch sind sie heute fester Bestandteil des Bio-Marktes. Konventionell wie biologisch werden dieselben Geflügelzüchtungen eingesetzt. [ Abb. 10 ]
Nachteile des Einsatzes von ertragsorientierten Hybriden in der Tierhaltung
• Zweifachnutzung, beispielsweise bei Hühnern, ist nicht möglich. Die Tiere haben entweder eine hohe Legeleistung oder bringen hohe Fleischausbeuten. Dadurch kommt es zwangsläufig auch bei „Bio“ zur industriellen Vernichtung der männlichen Brüder der Legehennen, da diese weder Eier legen noch genetisch zur Mast geeignet sind.
• Hybriden haben die Fähigkeit zur genetisch stabilen Reproduktion verloren und können daher nicht als Rassen angesehen werden. Biologisch sowie konventionell
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