Fritz Neuhaus 03 - Nichtwisser
geraten. Nach der Pleite bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig, als mich zu engagieren«, schwadronierte ich ins Blaue. »Ihnen bleibt nicht viel anderes übrig.«
Auf dem Tisch lag die Morgenpost. Der Fingernägellackierer schlug sie auf und zeigte mir das Phantombild. »Kennen Sie den Herrn zufällig?«
Ich zuckte mit den Schultern und gönnte mir noch eine Praline.
»Wer ist das?«, fragte ich unschuldig.
»Wir haben mit der Rezeption gesprochen und mit der Zimmerfrau. Sie hatten ein gutes Erinnerungsvermögen. Unser Phantombild sieht daher auch ganz anders aus.«
Er zeigte es mir. Ich konnte ihm nicht widersprechen. Da steckte Talent dahinter. Richtig munter sah ich aus.
»Außerdem haben Sie Dokumente, die Sie gar nicht haben dürften. Woher haben Sie die? Vielleicht von dieser Dame hier?«
»Mein Hobby. Ich sammle Dokumente.«
Er lächelte und zauberte ein Foto aus seiner Anzugsjacke. Es war ein Foto der Rothaarigen.
»Kennen Sie die?«, fragte er. Ich verneinte.
»Das ist eine sehr eigenwillige, resolute Frau. Nie gesehen?«
»Nie.«
»Na gut. Ich will auf den Punkt kommen. Sie suchen für uns diese Rothaarige oder Sie haben eine Mordan-
klage am Hals. Zwei verdroschene Polizisten und weitere malträtierte Beamte fallen da kaum noch ins Gewicht.«
Ich konnte den Krokantpralinen nicht widerstehen. Ich stopfte mir zwei in den Mund. Wunderbar, wenn die Schokolade den Mund wolkig weich und süß ausfüllte und eine Bahn wollüstigen Genusses in den Rachen legte. Ich gab mich ganz den Sinnen hin. Was scherte mich dieser arrogante Lackaffe vor mir? Leider dauerte der Gaumenschmaus nicht ewig. Ein letzter Schlotzer, und die traurige Wirklichkeit saß wieder vor mir.
»Trauen Sie mir das überhaupt zu? Ich bin kein Detektiv.«
Der Typ feixte. »Wir trauen Ihnen viel zu. Sie haben schon manchem in die Suppe gespuckt. Sie haben sie also nie gesehen? Sie hat nie Ihre Dienste beansprucht?«
»Fragen Sie sie doch selber.«
»Wir können sie leider nicht fragen. Sie ist untergetaucht.«
Er zog noch ein Foto aus der Tasche. Wieder fuhr mir der Dampfhammer in den Magen. Es war das gleiche Foto vom Priester, das mir die Rothaarige gegeben hatte.
»Kennen Sie den?«, fragte der Typ süffisant. Er wurde mir allmählich unsympathisch.
»Was treibt diese Dame denn, wenn sie nicht gerade untergetaucht ist?«
»Finden Sie sie, und es geht Ihnen besser.«
»Keine Mordanklage?«
»Keine Mordanklage.«
»Und wer garantiert mir das?«, zweifelte ich.
»Kein Leben ohne Risiko.«
Der Typ bleckte mit den Zähnen.
Einer seiner schweigsamen Kollegen zog ein Briefcouvert aus seiner Jackentasche und schnipste es mir treffsicher mit dem Mittelfinger über den blank polierten Tisch zu.
»Sie sollen ja nicht umsonst für uns tätig sein.«
Was sollte ich tun? Hatte ich eine Wahl? Ich öffnete das Couvert. Das sah gut aus. Eine Menge großer Scheine, die ich jetzt aber nicht abzählte. Lukrativ jedenfalls war die ganze Angelegenheit.
»Was ist mit Martha Klein? Durch die sind Sie doch erst auf mich gekommen. Weil ich gestern beim Polizeiärztlichen Dienst war und mich nach ihr erkundigte. Daher wissen Sie doch auch, dass ich diese Dokumente habe. Was haben Sie mit Martha Klein zu tun?«
»Martha Klein interessiert uns nicht.«
»Das glaube ich Ihnen nicht. Die Dokumente, die ich laut Ihrer Aussage gar nicht haben dürfte, handeln alle von den großen und kleinen Sauereien der Martha Klein. Im Auftrag des Innensenators. Diese Frau ist wie vom Erdboden verschluckt. Niemand will sie kennen. Aber meine harmlosen Erkundigungen nach Martha Klein gestern beim Polizeiärztlichen Dienst reichen aus, dass ausgerechnet der BND in Nullkommanix meine Wohnung mit Wanzen ausstaffiert. Es pressiert. Sonst würden Sie nicht hier sitzen und mir einen Mord unterjubeln, den ich nicht begangen habe. Ihnen geht der Arsch aus einem Grund, den ich nicht kenne, auf Grundeis. Und hinter allem steckt Martha Klein.«
»Machen Sie den Job?«, ließ mich der Schnösel mit meiner Frage abblitzen. Seine Fingernägel waren auf Hochglanz poliert. Er behauchte sie wie ein Dampfstrahler.
»Mir bleibt ja wohl im Moment nichts anderes übrig. Und wo darf ich den Skalp der Dame abliefern?«
»Sie können ihn hier vorbeibringen.«
Ich war entlassen. Ich ging die vier Stockwerke zu Fuß runter. Der Fahrstuhl war mir jetzt zu eng. Ich brauchte Luft. Ich ging, bevor ich das Gebäude verließ, zum Polizeitresen. Es waren nur fremde Beamte da.
»Können
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