Fröhliche Ferien am Meer
die letzte Puritanerin und viel zu romantisch.«
Aber Romantik hin oder her, es stimmte.
12
Angela erwachte spät mit einem Gefühl der Erleichterung und des Glücks, das sie im ersten Augenblick erstaunte, bis ihr alles wieder einfiel. Stephen empfand also doch etwas für sie. Sie kuschelte sich zufrieden im Bett zusammen und wäre wieder eingeschlafen, hätten sie nicht die Turmuhr und die Frühstücksglocke des Hotels aufgeschreckt, die gemeinsam acht Uhr verkündeten. Als sie sich anzog, überlegte sie, daß ihre Fahrt wahrscheinlich etwas peinlich werden würde. Jetzt, da sie und Stephen sich verstanden, würde das Trio wahrscheinlich nicht mehr so gut harmonieren. Aber verstanden sie sich wirklich? Er hatte ihr keine Gelegenheit gegeben, zu sagen >Ich liebe dich auch<, keine Gelegenheit, seinen sonderbaren Antrag anzunehmen, wenn man das wirklich einen Antrag nennen konnte. Und dann war da noch immer das Rätsel mit Wyn Millar; warum hatte Stephen sich so offensichtlich bemüht, sie zusammenzubringen?
Nach dem Frühstück erforschte sie die kleine Stadt. Der Anblick einer Leih- und Handbibliothek erinnerte sie wieder an Browning und an das nicht auffindbare Gedicht. Es war noch nicht zehn Uhr, aber das Mädchen, das die Veranda kehrte, erlaubte ihr, für eine Minute hineinzugehen, >um schnell etwas nachzusehen<.
Nach einigen Schwierigkeiten entdeckte sie Browning ziemlich vernachlässigt und verstaubt auf dem obersten Regal und nach noch intensiveren Bemühungen fand sie das Gedicht >Der letzte gemeinsame Ritt<. Als sie die Seiten durchblätterte, kam sie zu dem Schluß, daß Wyngate zumindest in einem Punkt recht gehabt hatte: Browning schien mit Sicherheit bei weitem zu viel geschrieben zu haben.
Sie las das Gedicht einmal durch und dann noch einmal, und jetzt erinnerte sie sich dunkel daran. Es hatte sie damals, als sie es als Pflichtübung hatte lesen müssen, besonders beeindruckt. Aber jetzt interessierte es sie. Diese Stelle gefiel ihr:
>Und der Himmel ist Zeuge, daß ich und sie
Reiten, gemeinsam reiten, für immer reiten.<
Als sie das Buch zurückstellte, lächelte sie spöttisch über sich selbst. Wie albern ihr Gehabe doch manchmal gewesen war. Jetzt begann sie zu vermuten, daß sie im innersten ihres Herzens eine Romantikerin war. An diesem Morgen schwelgte sie direkt in Gefühlen, und sie genoß es. Sie mußte versuchen, das zu verbergen.
Die Männer warteten gemeinsam auf sie in der Hotelhalle. Keiner von beiden schien auch nur im geringsten verlegen zu sein, als sie erschien. Es hätte gestern sein können, obwohl sich Stephens Verhalten geändert hatte. »Hast du gut geschlafen?«
Sie lächelte ihn an. »Nicht sehr gut. Die Turmuhr machte so viel Lärm, und dann habe ich mich immer wieder in dem Schlafanzug verfangen.«
»Dann kannst du auf der Fahrt ein bißchen dösen. Einer von uns wird dich wecken, wenn es etwas Besonderes zu sehen gibt.«
Am frühen Nachmittag setzten sie Wyngate vor seinem Campingplatz ab, wo Diane schon ungeduldig in Gesellschaft einiger noch jüngerer Studenten wartete.
Zu Hause lag Shelagh auf dem Sofa der Veranda, und Angela fiel auf, daß sie müde und blaß aussah. Sie vergaß einen Augenblick lang ihr eigenes Glück und hoffte, daß mit Shelaghs Ehe nicht wirklich etwas schiefgegangen war. Sie wünschte, daß alle Welt glücklich und jede Ehe ein Erfolg sein sollte.
»Miss Lorimer machte sich etwas Sorgen wegen des Flusses. Wir konnten das Unwetter von hier aus sehen. Wir waren sehr erleichtert, als wir euer Telegramm aus der Stadt bekamen.«
»Aber ich habe nicht telegraphiert«, sagte Angela. »Ich wollte es tun, aber dann habe ich es völlig vergessen.«
»Ich habe telegraphiert«, sagte Stephen und sah nun leicht verlegen aus.
Als sie alleine in der Küche waren, um Tee aufzugießen, neckte Angela ihn: »Du hast also in meinem Namen telegraphiert. Ich glaube, das nennt man ein Alibi konstruieren.«
Er errötete leicht, verfolgte das Thema aber nicht weiter und kam auch nicht auf seine überraschende Erklärung auf der Schwelle des Hotels zurück. Angelas Glück begann, langsam dahinzuschwinden, und sie war äußerst verwirrt. Warum sollte ein Mann so nebenbei sagen, daß er ein Mädchen liebte, und es dann dabei belassen? Er war ein ausgesprochen aufregender Mensch. Sie verabschiedete sich mit dem unangenehmen Gefühl, um etwas betrogen worden zu sein. Sie wußte einfach nicht, woran sie bei ihm war.
Bill hingegen war
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