Fröhliche Ferien am Meer
tun wird. Sie ist alles andere als dumm. Sie will nur ein festes Ziel im Leben haben.«
»Ich meine, wir sollten sie nicht zu sehr beeinflussen. Sie sollte es sich erst gut überlegen.«
»Was für ein vorsichtiger Mensch Sie sind! Warum soll sie es nicht versuchen? Schon ein Jahr strenge Disziplin würde ihr guttun. Zu Hause hat sie das nie kennengelernt, und ein Typ wie sie ordnet sich auch in der Schule nur teilweise unter. Sie wird für das Leben gewappnet sein, wenn sie Krankenschwester wird.«
»Das ist es ja gerade. Sie ist noch so jung und unerfahren.«
»Mein lieber Freund. In wenigen Monaten wird sie neunzehn. Es wird Zeit, daß sie aufwacht. Wenn sie ein oder zwei Jahre an andere Menschen denkt, Leiden und Schmerzen sieht, wird sie eine phantastische Frau werden. — Obwohl ich nicht glaube, daß sie dazu kommt, ihren Kursus zu beenden«, fügte sie mit einem plötzlichen Augenzwinkern hinzu.
»Warum nicht?« fragte er ziemlich mürrisch. »Wenn sie sich einmal zu etwas entschlossen hat, dann tut sie es auch.«
»Aber sie ist viel zu attraktiv. Und Sie kennen ja diese jungen Ärzte. Sie halten nicht alle etwas davon, einem Mädchen Zeit zu lassen«, sagte Matron triumphierend und war stolz, daß sie das letzte Wort behalten hatte.
13
Shelagh, dachte Anna Lorimer, mochte zwar zur Familie gehören, aber niemand hätte sich mehr absondern können. Sie war eigentlich nicht einmal ein interessierter Beobachter. Ein undurchsichtiges unpersönliches Wesen, und trotzdem konnte man sie nicht als egoistisch bezeichnen, sie drückte sich vor keiner Arbeit, sie war nicht launisch, sie versteckte sich nicht in ihrem Zimmer und unternahm keine langen einsamen Spaziergänge. Anna fühlte, daß sie mit Sicherheit Charakter besaß, denn ihr Verhalten in der Vergangenheit bewies, daß sie eine ungewöhnliche Entschlußkraft besaß. Aber im Augenblick schien es, als ob ihre ganzen guten Eigenschaften brachlagen, als wartete sie lediglich ab, als lebte sie kaum. Außer Bill und vielleicht auch Jonathan Blake schien keiner der Familien ihr näherzukommen.
Natürlich mußte man berücksichtigen, daß sie sich offensichtlich nicht wohl fühlte und wahrscheinlich unter der Hitze litt. Eines Morgens traf Anna sie allein, wie sie völlig müßig herumsaß, den Blick auf das Meer gerichtet, und ihre Gedanken — ja, wo genau waren ihre Gedanken? Das wußte niemand.
»Ich glaube, unser Klima ist für Sie anstrengender als das von South Island. Sie sehen müde aus.«
»Ach, ich bin wahrscheinlich nur faul, ja, und heiß ist es wirklich. Aber Tainui ist ein schöner Ort.«
»Ich liebe ihn. Jetzt sind die meisten Urlauber abgereist, und man sieht, wie es wirklich ist. Einen Monat lang geht es hier ungefähr wie in jedem anderen kleinen Dorf an der Küste zu. Dann beruhigt sich alles wieder, und jeder atmet erleichtert auf. Keiner hat es eilig, und jeder hat Zeit, einem zu helfen. Ich liebe diese Muße und diese Freundlichkeit. Der einzige, der in ständiger Hetze lebt, ist unser Arzt.«
»An ihn habe ich schon gedacht. Es ist albern, weiter krank herumzulaufen, und trotzdem scheint es mir nicht richtig, ihn zu belästigen, wenn er so beschäftigt ist.«
»Er sagt immer, daß er dazu da ist. Er wird kommen, wenn Sie ihn anrufen, Shelagh.«
»Ich glaube, ich werde in seine Sprechstunde gehen. Ich kann ihn nicht für irgendeine Kleinigkeit herrufen.«
»Gut, morgens hat er immer von zehn bis zwölf Sprechstunde, und auch an manchen Abenden, und...«
In einiger Entfernung hörten sie Freddies Stimme, und Shelagh sagte schnell: »Würden Sie es bitte den anderen nicht erzählen? Ich hasse es, wenn man Umstände wegen mir macht.« Anna nickte und fragte beiläufig: »Wo ist Angela? Reitet sie mit Stephen?«
Miss Lorimer war beunruhigt, daß sich keine Fortschritte zeigten; offensichtlich hatte dieser verdammte junge Intellektuelle an jenem Tag auf der Farm alles verdorben.
»Nein. Sie besucht ihren alten Mann und kauft für ihn ein.« Zumindest, dachte Anna erleichtert, vergeudete sie ihre Zeit nicht damit, Dr. Millar zuzuhören, wie er die Gesetze des Universums darlegte.
Laut sagte sie: »Sie ist sehr gut zu ihm. Ich glaube, ich könnte das nicht tun. Ich habe eigentlich Angst vor ihm. Aber ich kann auch nicht mit Geisteskranken umgehen.«
»Ich auch nicht, aber Angela scheint es nichts auszumachen. Obwohl ich glaube, daß es sie bekümmert, wenn er beginnt, über Vater herzuziehen. Sie hat Angst, daß sie sich
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