Fröhliche Wiederkehr
schmurgelte lauter und Großvater gab unter Hüsteln und Räuspern Töne von sich, als hätte er mit dem Rauch einen kleinen Schuß Tabakssaft durch das Mundstück gesogen.
Großvater nahm mich wieder zum Frühschoppen zum Bienkowski und zum Dämmerschoppen zu Cabalzar mit, und Großmutter begleitete mich, wenn ich am Nachmittag mit Hannchen und Fritz Grigat in die Badeanstalt am Lyckfluß ging. Sie konnte zwar nicht schwimmen —, ich hatte es auch erst bis zum Hundeschwumm gebracht — aber sie wäre mir fraglos nachgesprungen, wenn ich ins tiefe Wasser geraten wäre. Die Sommerferien waren vorbei, Fritzchen ging wieder in die Schule und erzählte mir ziemlich schauerliche Dinge von Lehrern, die einen an den Schläfenhaaren hochzogen und mit ungebrannter Rohrasche einrieben, aber er konnte mich damit nicht sehr beeindrucken. Ich beneidete ihn glühend darum, daß er mir und Hannchen, wenn auch noch stockend und holperig, aus seinem Lesebuch die Verse vom Bübchen, das zum Weiher ging, und die Fabel vom Wolf und vom Lämmchen vorlesen konnte.
In der letzten Woche, als Großmutter mir, schon um mir den Abschied zu versüßen, nur noch meine Lieblingsspeisen vorsetzte, Rote Grütze, Schaumomeletts mit eingemachtem Kirschkompott, Hasenöhrchen und Schokoladenpudding, passierte die Geschichte mit den Seifenblasen. Es war ein Mittwoch, der Tag, an dem sich Großmutter allwöchentlich mit einigen Damen reihum zum Kaffeekränzchen traf. Dieses Mal war Frau Giersberg an der Reihe, die bei meiner Taufe Pate gestanden hatte und mir seitdem, was mich richtig erbitterte, zu jedem Geburtstag drei Paar braune und drei Paar schwarze selbstgestrickte Wollstrümpfe schenkte. Sie scheint dazu die billigste Wolle genommen zu haben, denn die Biester kratzten unerträglich. Großmutter verließ das Haus, während Großvater noch seinen Nachmittagsschlaf hielt, von dem er sich selten vor vier Uhr zu erheben pflegte. Damit ich ihn in seiner Ruhe nicht störe, rührte Großmutter mit einem Stückchen Kernseife einen Literkrug mit Seifenwasser an und gab mir einige Strohhalme und ging in der Hoffnung davon, ich würde mir die Zeit bis zu Großvaters Erwachen damit vertreiben, schillernde Seifenblasen durchs offene Fenster auf die Straße fliegen zu lassen. Das tat ich auch eine Zeitlang und brachte richtige Prachtexemplare von Seifenblasen zustande, die weit davonflogen, ehe sie auf die Straße fielen und dort zerplatzten.
Aber schließlich verlor das Spiel seinen Reiz. Durch einen reinen Zufall kam ich auf eine neue Idee, mir die Zeit kurzweiliger zu vertreiben. Als ich nämlich den Rest des Seifenwassers aus dem Fenster schüttete, ging unten ein Mann vorbei und bekam einiges von der Flüssigkeit ab. Das meiste platschte neben ihm aufs Pflaster. Natürlich war ich recht erschrocken, und den Schrecken muß er mir wohl auch angesehen haben, denn er drohte nur kurz herauf und rief, ich solle ein anderes Mal gefälligst besser aufpassen! Aber ich lief in die Küche, ließ den Putzeimer voll Wasser laufen, schleppte ihn ans Fenster und schöpfte den Topf, in dem das Seifenwasser gewesen war, randvoll. Sehr viele Menschen waren um diese Stunde nicht unterwegs. Aber schließlich kam doch ein Dienstmädchen, das am Arm einen Henkelkorb mit Glasäpfeln trug. Leider traf mein Wasserguß nur den Korb, trotzdem schimpfte sie unflätig. Dann schnüffelte sich ein großer, schwarzer Hund heran, hob direkt unterhalb des Fensters ein Bein und erschrak furchtbar und stob davon, als er den kalten Guß aufs Kreuz bekam. Und dann nahte sich Settegasts Lieschen vom Nachbarhaus, eine blöde Ziege, die ich sowieso nicht riechen konnte, weil sie behauptet hatte, ich sei eine Sau. Das kam daher, daß ich sie verlockt hatte, das Spiel >Summ summ summ, Bienchen summ herum< mitzumachen. Dazu mußte man allerdings einen Dummen finden. Vier mußten dabei mitmachen, jeder bekam einen Zipfel von einem Taschentuch in den Mund gesteckt, so daß der Blick nach unten versperrt blieb, und während man im Kreise ging und mit dem Taschentuchzipfel im Mund das Bienchenlied summte, bepinkelten drei, die das Spiel kannten, den vierten, der es zum ersten Mal mitspielte, von oben bis unten. Mich deshalb gleich eine Sau zu nennen, war ein starkes Stück. Jedenfalls traf ich das Lieschen mit einer vollen Ladung, und sie rannte schreiend nach Hause.
Aber das richtige Jagdfieber packte mich erst, als eine Dame mit einem großen, über und über mit roten Rosen garnierten Strohhut
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