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Fröhliche Wiederkehr

Fröhliche Wiederkehr

Titel: Fröhliche Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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auf dem Kopf heranwackelte. Es tat einen lauten Platscher, weil das Wasser wie ein Klumpen aus einem Stück auf ihren Hut fiel, und dann kam ein Schrei, und dann hatte sie mich auch schon entdeckt, denn ich hing, um diesen Erfolg zu genießen, weit aus dem Fenster, und dann rauschte sie auch schon triefend die Treppe hinauf und läutete an der Flurglocke Sturm. Das Gebimmel riß Großvater aus dem Schlaf, er öffnete die Tür in der Meinung, so laut und anhaltend könne nur der Telegrammbote läuten, und es dauerte lange, bis er begriff, worum es sich handelte. Noch länger dauerte es, bis er die Dame beruhigt hatte, der inzwischen eine rote Brühe über ihre weiße Bluse lief. »Aber Jungchen«, sagte er ganz entsetzt, als er die Dame endlich losgeworden war und zu mir ins Zimmer kam, »was machst du bloß für Sachen? Die Leute mit Wasser begießen! Hat man so was schon gehört!«
    In diesem Augenblick, in dem ich reuevoll den Rest des Wassers aus dem Eimer in den Ausguß schütten wollte, sah ich einen Herrn in Gehrock und Zylinder über die Straße und gerade auf unser Haus zukommen. Wahrscheinlich ging er zu einer Beerdigung. »Großvater«, bettelte ich, »ich tu es bestimmt nie wieder! Nur dieses eine Mal noch — darf ich?« — Großvater spähte vorsichtig durchs Fenster: »Um Himmels willen, Jungchen, es ist der Katasterdirektor Riebsahm!« — »Opa, noch diesen einen!« flehte ich und sah ihn an, daß es ihm das Herz zerriß. »Also los! Und mach fix! Diesen einen noch — aber dann ist Schluß mit dem Blödsinn!« — So war es bei den Großeltern, wenn ich sie in den Sommerferien für sechs Wochen besuchen durfte. Zu Hause brauchte dann Vater immer die doppelte Zeit, bis ich so spurte, wie er es wollte.
    »Ich verstehe es nicht, Lina«, sagte er jedesmal nach den Ferien zu Mutter, »nein, ich weiß wirklich nicht, was mit dem Lümmel los ist. Der ist ja völlig außer Rand und Band. Ich glaube, deine Alten verziehen ihn furchtbar...«
    Aber Mutter schüttelte entschieden den Kopf: »Nein, das kann ich mir nicht denken, daß der Alte sich so geändert haben sollte. Wenn wir als Kinder nur zu mucken wagten, dann hatten wir schon eine Tracht Prügel weg.«

    Der Direktor des Friedrichskollegiums überwachte die Aufnahme der Schüler in die dreiklassige Vorschule seines Gymnasiums persönlich. Vielleicht wollte er ungeeignete Elemente von seiner Schule fernhalten, zu deren Lehrern kein geringerer als Immanuel Kant gehört hatte. Als einziger der Königsberger Direktoren trug er den Titel Geheimrat, und wenn es je einen Geheimrat gab, der auch wirklich wie ein Geheimrat aussah, dann war er es. Nie trat er anders als im Gehrock mit seidenen Aufschlägen vor seine Primaner. Sie nannten ihn respektvoll Zeus, ein Name, der mir nichts sagte, da ich von humanistischem Gedankengut noch völlig unbelastet war. Mich ließ er gnädig passieren, vielleicht, weil Mutters neuer Hut mit einer Garnitur von roten und blauen Papageienfedern ihn beeindruckte. Hinter mir zog der Friseur Luschnat aus der Sackheimer Kirchenstraße seinen Sprößling vor den Tisch, hinter dem der Gestrenge thronte. »Nun, mein Sohn«, fragte er leutselig, »was ist denn dein liebstes Spielzeug?«
    Der Vater gab seinem Filius einen kleinen Rippentriller: »Los, los, sag’s schon, Wilhelm!« »Mnnnn Schschfffff«, antwortete der Knabe Wilhelm endlich schnaufend.
    »Er meint sein Schiff...«, stotterte Herr Luschnat.
    Der Geheimrat schneuzte sich vernehmlich in ein blütenweißes Taschentuch und ließ es im Ärmel des Gehrockes verschwinden: »Hm, verehrter Meister, es gibt auch andere, recht empfehlenswerte Anstalten, aber wenn Sie Ihren Knaben durchaus bei mir unterbringen wollen, so kommen Sie mit ihm im nächsten Jahr wieder, wenn der Junge seine Polypen losgeworden ist.«
    Es waren rund fünfzig Nonaner, die im Schmuck ihrer nagelneuen grünen Tellermützen von ihren Müttern oder Vätern zum Empfang des Stundenplans für das erste Schuljahr ihres Lebens zum Teil sehr widerstrebend in das Klassenzimmer der Nona und später zum Fotografen geführt wurden, der diesen bedeutsamen und einschneidenden Schritt im Bilde verewigte. Der hochgewachsene Mann, der die Schulanfänger und Eltern an der Tür des Klassenzimmers empfing, stellte sich, nachdem er die Neulinge auf den Klappsitzen hinter den arg zerkratzten Schulbänken verteilt hatte, mit dem Namen Hoffmann vor und ersuchte uns, ihn nicht als >Herr Lehrer<, sondern mit seinem Namen

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