Fröhliches Gevögel: Was Frauen sonst noch wollen (German Edition)
Eltern vergaßen über ihrer Erleichterung sogar die abendlichen Deadlines zum Heimkommen. Trotzdem haben ihre sittenstrengen Grundsätze mich auch erwischt, und als ich schließlich meinen ersten Freund hatte, setzte ich ihm noch sehr detailliert auseinander, wieso ich jetzt noch nicht mit ihm vögeln würde, bevor ich es am Ende doch tat. Und da sich kein Schwefeldunst ums Bett erhob, beschloss ich, Schuldgefühle für unangebracht zu halten.
Eine Scham, von der ich mir wünschte, sie hätte Bitter Moon Mandy zu einer Bäckereifachverkäuferinnen-Ausbildung motiviert, ist aber etwas anderes als Schuld gefühl. Scham ist für mich wichtig – beim Ficken und beim Schreiben. Wenn ich an einer erotischen Szene sitze, ist meine eigene G’schamigkeit das wichtigste Handwerkszeug, denn da wird das diffuse Lustgefühl plötzlich ganz konkret. Diese messerscharfe Grenze zwischen peinlich und erregend ist genau der Grat, auf dem das Reden über Sex den meisten Spaß macht, weil sich auf diesen Grenzen besonders lustvoll herumreiten lässt. Ist man völlig enthemmt, wird es langweilig, so wie Nacktsein in der Sauna oder ein Ultraschall bei der Gynäkologin. Und macht man aus Klemmigkeit einen zu großen Bogen um diese magische Schallmauer, kommt man an den Kitzel nicht ran.
Scham gibt es ja in allen Kulturen, auch in den letzten archaischen, in denen Männer wie Frauen zwar nackig, wie die große Göttin sie schuf, durch den Dschungel tapern, es aber strengstens verboten ist, sich auf den Schniepel und die Mumu zu sehen. Begegnen sich ein Mann und eine Frau allein im Urwald, so berichtete es neulich die ehrwürdige Süddeutsche Zeitung , sprechen sie mit dem Rücken zueinandergedreht – ob sie sich dabei wenigstens dem Vergnügen des rheinischen Stippeföttchens hingeben oder ob dieser Brauch des Poporeibens angetrunkenen Karnevalisten vorbehalten ist, ging aus dem Artikel leider nicht hervor.
Ich wünschte also, die besonders Schamlosen würden zu ihren Wurzeln zurückkehren und mir die Zurschaustellung ihres Elends ersparen: Der Gorilla gehe bitte heim in die Herde Prols, aus der er offenbar gekommen ist, und Bitter Moon Mandy zu einem Leben, in dem es sie ausschließlich mit Lust erfüllt, wenn jemand eine Banane in sie schiebt, und in dem sie höchstens aus Ekstase weint.
Und Werner aus dem Nachtprogramm?
Egal. Nur möglichst weit weg.
Sieg der Marzipan-Möpse
Einer anderen Erotikautorin etwas zum Geburtstag zu schenken, das zwar sexy ist, aber keine Batterien braucht, weil wir uns so nahe dann doch nicht stehen, gestaltet sich schwierig – und die Sache wird nicht einfacher dadurch, dass man selbst eine Pornografin ist. Auf der Suche nach einem geeigneten Geschenk versuchte ich die beiden Leidenschaften der feiernden Kollegin zu verbinden, nämlich Kuchen und Sex. (Mit ihrer dritten Leidenschaft – Mini Spitze – ließ sich so gar nichts anfangen. Wieso züchtet man überhaupt Hunde, die aussehen wie kläffende Klobürsten und sich nicht mal selbst den Hintern lecken können?)
Ich entschied mich für eine Torte in Mösenform, noch ohne zu wissen, dass mich das zu meinem nächsten Kolumnenthema führen würde. Es bot sich einfach an, fand ich, immerhin ist in den entsprechenden Stellen in unseren Büchern doch ständig vom Ausschlecken und Lecken, Knabbern und Schlabbern die Rede. Im Englischen, der Muttersprache der Kollegin, heißt es noch viel eindeutiger »to eat a pussy«.
Während ich also das Netz durchforstete auf der Suche nach einem schön geschwollenen, saftigen Venushügel aus Marzipan oder Biskuit, nach Zuckerguss-Klitorissen unter Zuckerwatte-Schamhaar, fand ich unter dem Stichwort »Mösentorte« gerade mal vier Einträge. (»Muschitorte« bringt zwar 11300 Treffer, damit ist aber wohl kein Kuchen gemeint.) Mehr aus Spaß als aus feministischer Gründlichkeit googelte ich anschließend den Begriff »Penistorte« und, schau an, immerhin 1300 Einträge!
Es gibt also mehr Konditoren, die Penisse formen, glasieren und mit Klöten verzieren, als solche, die Muschis oder Schamlippen kneten und bestreuseln. Typisch. Penisse haben, kulturhistorisch betrachtet, eine Omnipräsenz in der bildenden Kunst, vor allem im öffentlichen Raum, also bei Brunnen und Denkmälern. Mösen kommen kaum vor, und wenn, sind es abstrahierte kaffeebohnenähnliche Gebilde, aber keine fleischig-schlüpfrigen Lustgrotten. Rühmliche Ausnahmen sind das Gemälde Der Ursprung der Welt von Gustave Courbet, auf dem man in
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