Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Titel: Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Sieben
Vom Netzwerk:
ein gutes System entwickelt, Anfeindungen zu begegnen. Wer allerdings nicht
in unser Team passt, der muss gehen. Dafür ist es zu hart hier.«
    »Wie machen
Sie das?«
    »Dann nutzen
wir die Mittel, die die Seniorchefs uns bei Beginn einschärfen: bespitzeln, lügen,
verraten. Dann erzählt einer eben dem Senior, dass der Kellner Alkoholiker ist.
Oder etwas aus der Kasse nimmt. Da müssen auch mal härtere Geschütze aufgefahren
werden. Hier geht es schließlich ums Überleben.« Er lachte gekünstelt, merkte wohl,
dass er etwas zu ehrlich gewesen war. »Aber das hört sich alles schlimmer an, als
es tatsächlich ist. Die meiste Zeit arbeiteten wir gut und glücklich zusammen. Dann
nämlich, wenn die Seniorchefs nicht hier waren. Und das passierte sehr oft. Die
kamen praktisch nur noch, um abzukassieren. Um uns oder die Gäste ging es denen
schon lange nicht mehr. Da sind die Junioren ganz anders. Obwohl, Junioren hört
sich so niedlich an. Im Grunde sind sie die Chefs. Sie arbeiten so hart wie wir,
sind zur Stelle, wenn man sie braucht. Wir sind ein gutes Team. Ihnen geht es nicht
nur ums schnöde Geld. Da gibt es Ideale, Ideen, neue Ziele, Visionen.«
    »Das hört
sich ja märchenhaft an«, sagte Liv, jetzt stärker hüstelnd. Die Zigarette bekam
ihr überhaupt nicht. Ihr wurde schwindelig, sie hatte Schweißausbrüche. Nach dem
ersten Inhalieren hatte sie zwar nur noch gepustet, aber sie wollte es ja so.
    Um das Gespräch
mit diesem unerwartet mitteilungsfreudigen und dazu noch nett anzusehenden Kellner
nicht zu bremsen, paffte sie widerwillig weiter mit.
    »Märchenhaft,
was heißt das? Wir machen eben das Beste draus. Die Zeiten sind hart. Jeder hat
seine Probleme. Da muss man nicht noch dort Probleme zusätzlich sehen, wo eigentlich
gar keine sind, Sie verstehen.« Und da war es wieder, dieses unwiderstehliche Lächeln.
»Aber nun muss ich rein«, sagte er. »War nett, mit Ihnen zu plaudern, können wir
gern wiederholen.«
    »Nur eins
noch, Herr Olsson: Wie weit geht denn der Zusammenhalt der Mitarbeiter?«
    »Sie meinen,
ob wir einen Mord vertuschen oder gar gemeinsam durchführen würden?« Liv nickte.
    »Nein! Wo
denken Sie hin? Letztlich ist es ja doch nur ein Job für uns.«
    »Aber ich
dachte, es geht ums Überleben«, warf Liv ihm sein Argument zurück.
    »Nein«,
lehnte er strikt ab, »so weit geht es aber doch nicht.« Er verschwand mit einem
Lächeln.
    »Ciao«,
endlich konnte Liv diese entsetzliche Stinkstange ausmachen. Mit Schmackes warf
sie sie ins Gebüsch. Ihr war heiß und schlecht. Der Kreislauf normalisierte sich
nur ganz langsam. Sie hatte einen widerlichen Geschmack im Mund und brauchte dringend
ein Glas Wasser und ein Pfefferminz oder einen Kaugummi.

27
     
    ›Die Mitarbeiter machten sich also
ihre eigenen Gesetze, gedeckt von den Junioren, gegen die Seniorchefs. Ohne die
Senioren lief es wohl ganz gut hier, aber ohne die gäbe es dieses Hotel vielleicht
nicht. Wäre das schlimm?‹
    Liv blickte
gerade in sehr tiefe Abgründe. Keine leichte Aufgabe, aus diesem Moloch einen Mörder
herauszupulen. Oder waren es zwei Mörder? Oder ein ganzes Team?
    Schwindelig
bummelte Liv weiter. Intuitiv folgte sie der Einladung einer ihr bisher unbekannten
offenen Tür vom Park ins Gebäude. Sie wunderte sich, dass auch hier unten noch viele
Zimmer in Richtung Park gelegen waren, und schlenderte weiter. Ein Gang folgte einer
weiteren Tür, eine Treppe einem weiteren Gang und wieder eine Tür.
    ›Eine etwas
bessere Beschilderung hätte als Orientierungshilfe gutgetan, aber nein. Die wollen
einen hier wohl verwirren.‹
    Zwischendurch
meinte sie, einen Gang wiederzuerkennen. Das Schild zum Wellness-Bereich bestärkte
Liv. Eine schwarze Katze mit ungewöhnlich langen Haaren lief auf einmal in gleich
bleibendem Sicherheitsabstand vor ihr her. In regelmäßigen Abständen in ihrem Trott
innehaltend, sah sie sich nach Liv um. Sie schien sich hier auszukennen, Liv folgte
ihr. Der geschlängelte, schmale Gang war wie die anderen, die sie bereits kannte,
weiß verputzt und mit kleinen Bildern versehen. Trotzdem wusste Liv nicht, ob sie
hier schon einmal gewesen war. Aber irgendwohin, vermutete sie, würde sie dieser
schummrig beleuchtete Weg ja führen. Sie konnte ihn nur bis zur nächsten Kurve einsehen.
Es war still, nichts zu hören. Halt! Schritte, die nun auch innehielten – folgte
Liv jemand? Sie hatte augenblicklich nicht den leisesten Schimmer, wie sie hier
wieder rauskommen konnte. Sie hörte wieder

Weitere Kostenlose Bücher