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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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aus einiger Entfernung von der Seite beobachtete. Er hatte seine zwei Krücken neben sich aufgestellt, vor sich ein rotes Stück Stoff ausgebreitet, auf dem wohl etwas stand wie: Schwerbeschädigter bittet um eine kleine Spende .
    Von Zeit zu Zeit beugte sich eine mit Perlen und Edelsteinen behängte Dame zu ihm herab und legte einen Schein oder ein paar Münzen in die vor ihm stehende Blechschüssel. Jede Spende begleitete der gescheckte Hund, indem er den Kopf hob und mit sprechenden Augen und freundlichem Ton dreimal bellte. Nicht mehr und nicht weniger, genau dreimal »Wau«. Die Wohltäterin war gerührt, manch eine gab dann ein zweites Mal Geld.
    Ich war schon nicht mehr darauf aus, ihn mir für viel Geld zu kaufen, damit er Augenbraue zum Abort überredete. Ich ging zu ihm, weil ich neugierig geworden war und wissen wollte, welche Schriftzeichen er auf seinen roten Stofffetzen geschrieben hatte. Eine Schriftstellermarotte würde ich sagen.
    Die Schriftzeichen auf dem roten Stoff besagten:
    Ich bin Li Tieguai von den Acht Unsterblichen,
    der Li mit dem Eisenkrückstock,
    ich geleite den im Jahr 2005
    Jadehund-Geborenen hinab in die Welt.
    Weil ich die Königinmutter des Westens
    in Gestalt des Eisenkrückstock-Li bin,
    schickt mich meine Tante Niangniang
    hierher, damit ich um Almosen bitte,
    damit ihr durch Wohltaten
    positive Ursachen setzen könnt. 24
    Eine Gabe soll euch mit einem Kind
    in der Wiege gelohnt sein,
    das einst hoch zu Ross
    der beste Kandidat bei den
    Staatsprüfungen sein wird.
    Ich glaube, dass Wang Leber sich die Verse auf dem Stofflappen ausgedacht, aber Chen Nase sie geschrieben hat. Er hatte die Hosenbeine hochgekrempelt, seine beiden Beine lugten wie zwei braun gewordene Schlangenauberginen daraus hervor.
    Mir fiel eine Geschichte ein, die Mutter uns immer erzählt hatte:
    » Als Eisenkrücken-Li zum Unsterblichen geworden war, hatten sie zu Hause kein Holz zum Feuermachen. Seine Frau fragte: Womit soll ich Feuer machen? Er sagte: Nimm mein Bein zum Feuermachen. Dann streckte er ein Bein in den Ofen und entfachte damit das Feuer. Das Feuer im Ofen prasselte, der Dampf entwich aus dem Topf und der Reis im Topf wurde gar. Da kam seine Schwägerin zur Tür herein, erschrak heftig und rief: O weh, Bruder, pass auf! Dein Bein wird ganz braun! So kam es, dass er ganz braun verbrannte Beine hat .«
    Mutter ermahnte uns jedes Mal, wenn sie mit dieser Geschichte fertig war: »Wenn ihr etwas Göttliches, Zaubermächtiges seht, seid still und sagt keinen Ton. Ihr dürft nicht laut werden und kein Aufhebens davon machen.«
    Chen Nase trug eine rostrote Daunenfederjacke, die von Ölspritzern fleckig war. Die Spritzer funkelten im Sonnenlicht, so dass es aussah, als trüge er eine Rüstung.
    Es war Mai, laue Lüfte brachten die Wärme zurück. Die Weizenfelder wurden jetzt gedüngt und bewässert. Man hörte von fern das Fröschequaken aus dem Teich und von nah das Quaken aus der Froschfarm, die Paarungszeit hatte begonnen. Die jungen Mädchen trugen wieder dünne Seidenkleider und man konnte heimliche Blicke auf ihre Körper werfen.
    Nur Chen Nase war immer noch dick angezogen. Wenn ich ihn anschaute, wurde mir heiß, er jedoch saß zusammengekauert da und zitterte. Sein Gesicht hatte einen dunklen Kupferton, seine Glatze glänzte im Sonnenlicht wie poliert.
    Ich verstand nicht, warum er einen schmutzigen Mundschutz trug. Vielleicht um seine auffällige Nase zu verstecken? Jetzt hatten sich unsere Blicke getroffen. Aus dem Augenwinkel hatte er mir einen Blick zugeworfen und war meinem ängstlichen Blick begegnet.
    Sofort wich ich ihm aus und betrachtete seinen Hund. Sein Hund beobachtete mich auch, mit dem gleichen abweisenden, verschwommenen Blick wie sein Herr. An seiner linken Vorderpfote fehlte ein Stück, als wäre es von einer scharfen Maschine abgetrennt worden.
    Ich hatte begriffen, die beiden waren Leidensgenossen. Ich hatte auch begriffen, dass ich ihm lediglich Geld in seinen Napf legen konnte und mich dann schnell entfernen musste.
    Ich hatte nur einen Hundert-Yuan-Schein bei mir, davon wollte ich zu Mittag und zu Abend essen gehen. Aber ich tat sie ihm, ohne zu zögern, in seinen Blechnapf. Er reagierte nicht, der Hund aber bellte wie gewohnt seine drei Waus.
    Seufzend ging ich weg. Ich war an die zwanzig Schritte gegangen, da konnte ich es mir nicht verkneifen, zurückzublicken. Wie würde er mit der großen Banknote umgehen? In seinem Napf waren fast nur Ein-Yuan-Scheine und Münzen

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