Frösche: Roman (German Edition)
meine Hebamme, sie hat mir mein Baby nur ganz kurz gezeigt.
(weint bitterlich)
Stimmt nicht, sie hat es mir überhaupt nicht zu sehen gegeben. Sie haben ein weißes Tuch über mein Gesicht gebreitet. Ich wollte mein Neugeborenes sehen, ich wollte es nur einmal sehen, aber sie haben es mir gestohlen, es mich nicht einmal anschauen lassen, aber ich habe sein Weinen gehört. Es weinte, weil es zu seiner Mutter wollte, es wollte mich auch sehen. Wo gibt es auf der Welt ein Baby, das seine Mutter nicht sehen wollte? Sie haben es mir mit Gewalt weggenommen. Ich weiß, dass es hungert, dass es meine Brust will. Ihr alle wisst das. Ihr alle wisst, wie wichtig die erste Milch der Mutter für das Baby ist. Ihr meint, ich habe keine Bildung. Doch! Ich weiß das. Ich habe das Beste, das mein Leib geben kann, in meine Brüste geleitet, auch den Knochenkalk, auch die Knochenmarksflüssigkeit, auch das Eiweiß aus dem Blut, die Vitamine aus meinem Fleisch, alles ist in meine Brüste geflossen. Wenn mein Kind meine Milch trinkt, ist es geschützt vor Erkältung, vor Durchfall, vor Fieber. Und es wächst schnell und gut und wird schön. Aber ihr habt es nicht einen Schluck von meiner Milch trinken lassen und es mir einfach fortgenommen.
(kommt auf ihn zu und zerrt am seinem Ärmel)
SCHICHTFÜHRER :Gute Frau, hier liegt eine Verwechslung vor. Sie irren sich. Jemanden, der Backe heißt, kenne ich nicht.
AUGENBRAUE: Natürlich leugnest du, ihn zu kennen! Ihr Verbrecher, Kriminelle, die hilflose Kinder stehlen, Kinderhändler, ihr Teufel! Ihr kennt mich nicht, aber ich kenne euch!
Nachdem ihr mir mein Kind gestohlen hattet, gabt ihr mir Schlaftabletten zu schlucken, damit ich einschlief. Als ich wieder aufwachte, habt ihr behauptet, mein Kind wäre gleich nach der Geburt gestorben, nicht wahr? Und ihr habt eine tote Katze, der ihr das Fell abgezogen hattet, vor meinen Augen geschwenkt, das sei der Leichnam meines Kindes, sagtet ihr mir. Verbrecherpack, mein Kind habt ihr geraubt, nicht einmal das Geld soll ich kriegen. Ihr sagt, für einen Jungen gibt es eigentlich fünfzigtausend, aber mein Kind sei tot gewesen, deshalb soll ich nur zehntausend bekommen. Dann wolltet ihr mir noch meine Vormilch rauben. Habt eine Schale unter meine Brüste gehalten, mir meine Vormilch rausgequetscht, einen Milliliter für zehn Yuan! Viehische Bande, meine Vormilch ist nur für mein Kind. Zehn Yuan? Nicht mal für zehntausend verkaufe ich die.
SCHICHTFÜHRER :Gute Frau, ich fordere Sie nun zum zweiten Mal auf, das Gelände zu verlassen. Sonst rufe ich die Polizei.
AUGENBRAUE: Die Polizei rufen? Ja, ruft die Polizei, ich will das auch! Die Volkspolizei liebt das Volk. Wenn im Volk ein Kind verloren geht, wird sie sich darum kümmern.
SCHICHTFÜHRER :Ja, darum kümmern die sich. Nicht nur, wenn du dein Kind vermisst, sogar deinen verlorenen Welpen suchen sie dir.
AUGENBRAUE: Gut. Dann gehe ich zur Polizei.
SCHICHTFÜHRER :Ja. Mach dich schnell auf den Weg.
(zeigt mit dem Finger in die Richtung)
Die Straße hoch, an der Ampel rechts. Neben der Tanzbar. Es ist die Wache an der Binhe Road.
Eine Limousine verlässt hupend das Krankenhausgelände .
AUGENBRAUE: (stutzt einen Augenblick lang, ruft dann wie aus dem Schlaf hochschreckend)
Mein Kind! Sie haben es mir weggenommen und in dieses Auto gesteckt.
(will sich auf das Auto stürzen)
Ihr Diebe, Verbrecher, gebt mir mein Kind zurück!
Der Schichtführer versucht sie aufzuhalten, aber auf einmal entwickelt Chen Augenbraue Bärenkräfte und wirft sich so heftig gegen ihn, dass er das Gleichgewicht verliert.
SCHICHTFÜHRER : (in Panik) Haltet sie auf!
Der Wachtmann am Eingangsportal stürzt vor und hält Chen Augenbraue fest, bevor sie das Auto erreicht hat. Augenbraue kämpft bis aufs Blut. Der Schichtführer kommt dazu. Beide Männer bringen sie mit vereinten Kräften unter Kontrolle. Während sie kämpft, löst sich der schwarze Schleier und rutscht von ihrem Kopf. Das entstellte Gesicht einer Schwerstbrandverletzten kommt zum Vorschein. Die beiden Wachmänner erschrecken und weichen zurück.
WACHMANN: Himmel, ich glaube es nicht ...
SCHICHTFÜHRER : (schaut zu Boden und sieht zahllose plattgefahrene und totgetretene Frösche)
Was für eine Scheiße! Woher kommen plötzlich diese vielen Frösche?
Ende des ersten Aufzugs
Zweiter Aufzug
Im grünen Scheinwerferlicht sieht die Bühne aus wie eine düstere Unterwasserwelt. Im hinteren Bühnenbereich befindet sich eine rundherum von zartem
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