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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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um sich die Hände nicht zu verbrennen, und pustete geräuschvoll, damit er schneller abkühlte. Dann riss sie ihn in der Mitte auf, steckte ein wenig gedämpftes, mit Reismehl paniertes Fleisch in die Kuhle, klappte die Dampfnudel wieder zu und biss herzhaft hinein. Sie nuschelte: »Lecker! Ihr braucht mir keinen Teller und keine Schale zu holen. So schmeckt es am allerbesten. Seit ich in meinem Beruf arbeite, habe ich mich ohnehin nie mehr zum Essen an einen Tisch gesetzt. Die paar Mal kann ich an einer Hand abzählen.«
    Kauend und mit der Hefenudel in der Hand sagte sie: »Nun zeigt mir mal euer Hochzeitszimmer!«
    Renmei fand den Kang immer noch zu heiß, deswegen hatte sie sich aufs Fensterbrett gesetzt. Es fiel noch genug Licht zum Fenster herein, um lesen zu können, und sie schaute sich eine Holzschnitt-Bildergeschichte an, wie wir sie damals als Propaganda- und Erziehungsbüchlein von der Partei bekommen hatten. Sie schüttete sich dabei aus vor Lachen.
    »Meine Tante ist da«, sagte ich.
    Mit einem geräuschvollen Satz kam Renmei von der Fensterbank herunter und nahm Gugu bei der Hand: »Tante! Ich muss dich unbedingt was fragen. Endlich bist du da!«
    »Was willst du mich fragen?«
    Renmei flüsterte: »Die Leute sagen, du hättest da so eine Arznei. Wenn man die schluckt, kann man Zwillinge bekommen?«
    Tante machte große Augen: »Wer sagt das?«
    »Wang Galle sagt das.«
    »Bloßes Gerede! Reine Gerüchteküche!« Tante hatte sich an der Dampfnudel verschluckt und musste husten. Ein schlimmer Anfall, sie wurde puterrot. Meine Schwester holte schnell einen Schluck Wasser. Gugu trank und klopfte sich die Brust, um dann ernst zu erklären: »Es geht gar nicht darum, ob ich so eine Arznei kenne oder nicht. Selbst wenn es so wäre, würde ich die bestimmt keinem verabreichen.«
    »Galle sagt, dass im Dorf der Chens jemand die von dir verschriebene Arznei eingenommen und dann ein Zwillingspärchen zur Welt gebracht hätte. Einen Buben und ein Mädchen, wie Phönix und Drache.«
    Gugu drückte meiner Schwester den Rest der Hefenudel in die Hand: »Es ist zum Auswachsen! Dieses Ungeheuer Galle! Wie viel Energie hat es mich gekostet, sie aus dem Bauch ihrer Mutter herauszuholen! Und jetzt streut sie böse Gerüchte über mich! Undankbares Kind! Die wird’s erleben, dass ich ihr eine Scharte in die Möse schneide!«
    Ich trat, als keiner hinsah, Renmei schnell gegens Schienbein und flüsterte ihr hinter Tantes Rücken zu: »Kein Wort mehr!« Zur Tante sagte ich: »Tante, reg dich bitte nicht auf!«
    Aber Renmei schrie sofort völlig überzogen: »Mama! Aua! Der hat mich getreten und mir mein Schienbein zertrümmert!«
    Mutter zischte wütend: »Die Beine von einem Hundevieh brechen nicht.«
    Renmei entgegnete sofort: »Schwiegermutter, das stimmt nicht! Der große braune Hund meines Onkels ist mit der Pfote in Oberlippes Tellereisen getreten und das ist ihm übel bekommen.«
    Seit Oberlippe aus dem Dienst ausgeschieden und als Ruheständler wieder in sein Heimatdorf gekommen war, hatte er das schmutzige Geschäft begonnen, Tieren nachzustellen. Er hatte sich ein Luftgewehr besorgt und schoss damit wild drauflos. Den ganzen Tag zielte er wahllos auf Vögel, alles, was ihm vor die Flinte kam, selbst Glücksvögel wie Elstern knallte er ab. Zum Fischen benutzte er ein engmaschiges Netz. Er drehte sich dabei im Kreis, sogar drei Zentimeter kleine, gerade geschlüpfte Fische erwischte er damit. Es war ein Treibnetz, eines, womit man die Fische ausrottet. Das Tellereisen hatte er sich auch zugelegt. Wir sagten dazu Eisenkatze , eine riesengroße, starke Klammer, die er im Wald und auf verwilderten Grabhügeln vergrub. Damit fing er Dachse und Marder. Der Hund von Renmeis Onkel war hineingetreten und hatte sich darin das Bein gebrochen.
    Sowie Tante Oberlippes Namen hörte, veränderten sich ihre Gesichtszüge. Mit zusammengebissenen Zähnen knurrte sie: »Diese Missgeburt. Den hätte doch längst der Blitz treffen müssen. Stattdessen lebt er wie die Made im Speck. Schlemmt und trinkt jeden Tag nach Herzenslust und ist fit wie ein kräftiger, muskulöser Stier. Daran sieht man, dass so ein richtig brutales Schwein sogar der Himmel fürchtet.«
    »Tante«, sagte Renmei, »auch wenn der Himmel ihn fürchtet, ich fürchte ihn nicht! Wenn du mit ihm verfeindet bist, werde ich dich rächen.«
    Jetzt freute sich die Tante und lachte schallend. Als sie mit Lachen fertig war, sagte sie zu Renmei: »Schwiegertochter, die ich

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