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Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
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weißglühend und prachtvoll am blaßdunklen Himmel vor Einsetzen der Morgendämmerung.
    Der Rambler hielt vor dem Haus an und niemand bemerkte, daß Tommy ausstieg und zu seinem Fenster hinüberrannte. Er war überrascht, daß die Menschendinger noch immer drin waren. Sie brauchten doch nur das Fenster zu öffnen, um entkommen zu können. Vielleicht wußten sie aber nicht, was ein Fenster war.
    Tommy kletterte auf den Sims und drückte das Fenster auf, während die Soldaten das Haus mit ihren klobigen Stiefeln und überdimensionalen Waffen füllten. Die Menschendinger krabbelten aus Tommys Fenster und verschwanden in der Wüste, aber nicht, ohne zuvor Tommy berührt und ihn mit ihrer Dankbarkeit erfüllt zu haben. Die Soldaten folgten und Tommy sah zu, bis die ganze verrückte Kavalkade vom Staub verschluckt wurde.
     
    Thomas hielt inne. Sein Publikum sah ihn an. Die Wangen des Fünf-Sterne-Generals waren gerötet, aber Thomas wußte nicht, ob es vom Wein kam oder von seiner Geschichte. »Die Geschichte endet hier natürlich noch nicht«, sagte Thomas. »Oder vielleicht kommt es überhaupt ganz anders. Vielleicht folgte Tommy den Soldaten ins Haus und sah zu, wie die Menschendinger abgeführt wurden. Oder vielleicht erschienen die Menschendinger gar nicht, obwohl das unwahrscheinlich ist, denn Tommy hat immer noch die Kugel, die einst mit Weihrauch gefüllt war. Tommys Vater erholte sich genug, um am Weihnachtsmorgen aus dem Matthäus-Evangelium vorzulesen, und der Soldat blieb zum Essen. Es gab gebratenen Truthahn mit allen traditionellen Zutaten. Und Tommy erinnerte sich an das Licht, das er im Osten pulsieren gesehen hatte, und fragte sich, ob die Menschendinger Weise waren, die eine Pause einlegten, bevor sie weiter nach ihrem König suchten. Er hoffte, daß sie in der Wüste entkommen waren und nachdem sie ihren König gefunden hatten, wurden sie durch einen Traum gewarnt und kehrten auf anderem Weg in ihre Heimat zurück.«
    Einer der Staatssekretäre nickte ein, schreckte aber gleich wieder hoch. Sonst bewegte sich niemand. Das Mikrofon lag schwer in Thomas’ Hand. »Tommy erkannte, daß die Menschendinger nicht weise waren. Sie waren einfach anders und hatten Fehler begangen. Sie flogen über nukleare Testgebiete weg, möglicherweise zur Beobachtung, und die elektromagnetischen Impulse störten ihre Computersysteme und ließen sie Stunden später abstürzen. Sie wandten sich an Menschen, obwohl sie hätten erkennen müssen, daß diese feindlich eingestellt waren, und vielleicht starben sie voller Angst und Einsamkeit auf einem Seziertisch nicht einmal so weit von hier.
    Und auch Tommy lernte nichts aus diesem Vorkommnis. Zehn Jahre später beschuldigte er seinen Vater, gegen Windmühlen kämpfen zu wollen, als dieser davon sprach, gegen die Regierung Klage zu erheben, weil sie ihn ohne Einverständnis als Versuchskaninchen benützt hatte. Tommys Vater. Sein sterbender Vater. Ein Mann, der nur eine Meile vom Explosionszentrum in der Wüste von Nevada gestanden hatte, weil sein Land wollte, daß er dort stand. Ein Mann, der wußte, daß seine Krebserkrankung, genau wie bei den anderen Männern seiner Einheit, eine sehr menschliche Ursache hatte. Gegen Windmühlen kämpfen.« Thomas lachte und das Lachen wurde durch das Mikrofon verstärkt. »Meine Mutter kämpfte weiter gegen Windmühlen, forderte zu Aktionen auf, hielt Reden und führte Prozesse. Alles schlug fehl, schlug immer wieder fehl, und sie wurde so verbittert, daß sie am Ende sogar ihre Höflichkeit verlor. Und hier sitze ich nun und kämpfe gegen meine eigene Windmühle – ihre Windmühle – vielleicht längst zu spät, um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Ich war ein guter Linksliberaler, wurde ‘68 in Chicago niedergeknüppelt, schrieb für VILLAGE VOICE und den GUARDIAN in jenen frühen Jahren, bevor mich die konventionelle Presse ans Herz drückte. Aber ich sprach nie über diese Zeit oder kämpfte diesen Kampf. Jene Tagen waren für mich zu sehr mit Phantasie durchwirkt, mit verwirrenden Erinnerungen an drei Weise und einen Stern im Osten.
    Meine Frau dort drüben hält ihre Kaffeetasse so verkrampft, daß ich fürchte, sie wird sie zerbrechen. Ich habe eine hübsche Beruhigungsrede in der Tasche, eine Weihnachtsgeschichte, die so süßlich ist, daß sogar die Nase von Rudolf Rotnase vor Neid erblassen würde. Aber, und daran erinnerte Jessica mich, als sie mir diesen Frack gab, wir werden vielleicht niemals wieder zum Präsidenten

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