Frohes Fest!
Leben erwachen würde, sich aus Lorries Hand befreien und sprechen könne. Lorrie atmete langsam und etwas zittrig ein und blickte dann Fräulein Ashmeade an.
»Nein, nicht Miranda«, sagte Fräulein Ashmeade. »Miranda hat ihr Leben gelebt und sie war sehr alt und müde. Ich glaube, sie verdient ihre Ruhe, nicht wahr? Das hier ist jemand anders. Ich werde dir die Entscheidung überlassen, wer sie ist – du wirst es wissen, wenn die Zeit gekommen ist.«
»Warum …?« Tante Margaret sah den Rahmen an, den sie ausgepackt hatte. »Das kannst du mir doch nicht im Ernst geben – das ist zu wertvoll!«
»Schätze werden erst zu welchen, wenn man die Dinge liebt«, sagte Fräulein Ashmeade in fast schon harschem Ton, als wolle sie keinen Dank und hielte es noch nicht einmal für höflich, wenn Tante Margaret ihr danken wollte.
Tante Margaret sah ihr einen Moment lang in die Augen. »Dies wird auch weiterhin geliebt werden.«
Fräulein Ashmeade lächelte. »Hast du geglaubt, du müßtest mir das erst noch bestätigen? Ah.« Sie schob die von Lorrie so sorgfältig gebundenen Bänder von der Packung und entfaltete das Pfauenpapier mit kurzen, präzisen Fingerbewegungen. Dann hob sie das Taschentuch hoch. Die Spitze und das große A waren schon im Geschäft drauf gewesen. Aber der Kranz um das A – konnte man da schiefe Stiche entdecken? Lorrie zog ängstlich die Stirn kraus. »Dankeschön, Lorrie.« Fräulein Ashmeade schob das Taschentuch in ihren Gürtel, zupfte die Spitzenränder zurecht, und Lorrie war zufrieden.
Hallie bewunderte ihren Topfhalter mit einer Reihe kleiner Figuren darauf, von denen jede eine Schüssel oder ein Messer oder eine Gabel, einen Löffel, einen Kessel trug. Sie fuhr auf der Unterseite mit dem Finger die Figuren nach.
»Meine Herrn, das ist ja eine ganze Armee von Köchen. Jetzt kann ich nicht mehr behaupten, ich brauchte Hilfe in der Küche.«
Sabina überraschte Lorrie, als sie sich an ihrem Bein rieb. Nachdem sie auf diese Weise die Aufmerksamkeit des Mädchens erregt hatte, lief sie zur Flurtür und kratzte mit der Pfote daran, wobei sie sich zu Lorrie herumdrehte, um ihren Wunsch ganz klar auszudrücken. Lorrie ging hin und öffnete sie. Sabina sauste über den Flur und kratzte nun mit der Pfote an der Küchentür. Wieder gab Lorrie ihrem Drängen nach. Aber das Kätzchen gab sich auch mit der Küche noch nicht zufrieden. Sie war im Handumdrehen an der Rückseite und wollte nun die sonst immer verschlossene Hintertür geöffnet haben.
Also folgte sie Sabina in einen kurzen Flur, von dem aus sich die Wendeltreppe um den großen zentralen Kamin wand. Aber Sabina miaute ungeduldig an einer weiteren Tür. Nun waren sie im grünen Schlafzimmer und Lorrie merkte, daß sie sich im Halbkreis durch das achteckige Haus bewegt hatten. Sabina wollte zur Tür des Puppenzimmers und Lorrie eilte hinterher.
Das Zimmer hatte keinen Kamin, schien aber keineswegs kalt zu sein, obwohl an einem Fenster ein großer Eiszapfen hing und eine Reihe von kleineren. Es war auch hell und doch gab es hier keine Kerze oder Lampe und die Sonne schien auf der anderen Seite des Hauses.
Lorrie sah sich um. Als sie früher hier drinnen war, hatte sie ihre Aufmerksamkeit vor allem auf das Pferd und das Haus gerichtet. Die beiden Gegenstände nahmen einen großen Teil des Raumes ein, aber sie konnte trotzdem auf dem Boden noch die Spuren eines Musters erkennen, das auch – stark verkleinert – im Puppenhaus drin auftauchte.
Ein schwaches Klingeln erklang vom Puppenhaus her. Sabinas Pfote berührte eine Kette, die aus einem der Schubfächer hing. Lorrie bewegte sich wie unter Zwang, als spüre sie Fräulein Ashmeades Anwesenheit. Sie kniete nieder, drehte den Schlüssel im Schloß und öffnete das Schubfach. Und Lorrie war überhaupt nicht überrascht, ein neues Paar kleiner Figuren vorzufinden.
Es waren eine größere und eine kleinere Puppe. Sie nahm die größere heraus. Die Haut an Gesicht und Händen war kaffeebraun und das Haar, das gerade noch ein wenig unter der Rüschenkappe hervorlugte, war schwarz und lockig. Das Kleid ähnelte dem von Hallie, außer was die Farbe betraf: Dieses hier war blaßgelb mit weißen, nur stecknadelkopfgroßen Blumen übersät. Wie Hallie trug sie eine Schürze, die fast bis zum Rocksaum reichte.
Die zweite – kleinere – Puppe war ein Junge. Er trug ein rotweißes Hemd mit ganz kleinen Karos und Bluejeans und hatte ein rotes Taschentuch dreieckig gefaltet um den Hals
Weitere Kostenlose Bücher