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Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
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wegzuscheuchen.
    Sabina sah Tante Margaret einen Augenblick lang mit unbeweglichem Blick an und wandte sich dann wieder ihren eigenen Interessen zu. Sie nahm das Päckchen vorsichtig zwischen die Zähne und trug es auf den Läufer beim Feuer, wo sie begann, das Geschenkpapier in langen Streifen herunterzureißen. Fräulein Ashmeade lachte.
    »Die weiß, was sie will. Na ja, vielleicht hat sie ja auch recht. Es ist Zeit für die Geschenke. Wißt ihr, früher hat man sich am Neujahrstag etwas geschenkt. An Weihnachten ging man in die Kirche und die Familie kam zusammen. Am Neujahrstag dagegen kamen Freunde zu Besuch und dann wurden Geschenke getauscht. Und wie kalt konnte es einem Besucher damals werden. Gewöhnlich kamen deshalb nur die Herren, während die Damen zu Hause blieben und Geschenke in Empfang nahmen. Hinterher zählten die jungen Damen ihre Karten, um zu sehen, wer die meisten und die hübschesten hatte – mit Bildern und Seidenrändern …«
    Fräulein Ashmeade sah den Baum an, doch Lorrie dachte, daß sie in Wirklichkeit ihre Erinnerungen anblickte.
    »Welche Arten von Geschenken gab es damals?« fragte Lorrie nach einer kleinen Gesprächspause.
    »Geschenke? Oh, wenn man sehr jung war, dann bekam man vielleicht ein Hüpfseil mit Holzgriffen oder eine Porzellantafel. Puppen natürlich und ein Armband. Einmal, Lorrie, den Handarbeitskasten, den du jetzt benützt, komplett ausgerüstet mit Scheren, silbernem Fingerhut, Stichel, Nadelschachtel, Schneidefeder, Faden. Manchmal eine Spieldose. Und immer Süßigkeiten, Ahornkuchen, Tiere aus Karamel, Lebkuchenfiguren. Und dann, wenn man älter wurde, gab es andere Sachen.« Aber Fräulein Ashmeade ging nicht näher darauf ein. Statt dessen streckte sie die Hand mit dem Stock aus und fing sich eines der Pakete unter dem Baum ein, indem sie die Spitze des Stocks durch das Zierband steckte und anhob. Sie balancierte es leicht und hielt es Tante Margaret hin.
    »Seht ihr, was man lernt, wenn man sich sonst nicht bewegen kann? Ich bin stolz auf meine Geschicklichkeit.« Sie ließ das Paket von ihrer Stockspitze auf Tante Margarets Knie gleiten.
    »So, jetzt wollen wir sehen, ob es mir noch mal gelingt.« Sie fischte nach einem zweiten Paket und gab es Lorrie. Fräulein Ashmeades Geschenke waren in weißes Papier eingepackt und mit hellroten Bändern geschmückt. Lorrie legte ihr Paket vorsichtig auf den Boden und ging zum Baum, um die Geschenke darunter hervorzuholen, die ihre Tante und sie mitgebracht hatten. Zwei gab sie Fräulein Ashmeade und zwei trug sie hinüber zu Hallie, die auf einem der Stühle am Kamin saß. »Ah.« Fräulein Ashmeade hielt das Paket hoch, das in das Geschenkpapier mit den Pfauenfedern gewickelt war. »Diese neuen Geschenkpapiere sind richtige Kunstwerke, nicht wahr? Pfauenfedern – das weckt Erinnerungen, was, Hallie?«
    »Nackies Untersetzer, Fräulein Charlotta. Daran erinner’ ich mich sofort. Die war’n wie Sonne, Mond und Sterne für Nackie. Vielleicht hat er recht gehabt.«
    Sabina schnurrte. Aus dem, was sie offensichtlich als total unnötige Verpackung betrachtete, war eine Spielzeugmaus zum Vorschein gekommen. Sie warf sie hoch in die Luft, sprang darauf und schüttelte sie schließlich lebhaft.
    »Sabina! Sabina, denk daran: In diesem Zimmer bist du eine Lady!« Aber das Kätzchen hörte nicht auf Fräulein Ashmeades Warnung.
    »Ja, welcher Mensch hat schon je seinen Willen einer Katze aufzwingen können?« Fräulein Ashmeade lachte wieder. »Wir müssen ihre schlechten Manieren eben ignorieren.«
    Augenblicke später sah Lorrie auf den Inhalt des Pakets hinunter, das Fräulein Ashmeade ihr gereicht hatte. Miranda? Nein! Vielleicht war es Mirandas Körper mit Mirandas Kleid darauf. Aber nicht Mirandas Kopf. Denn Miranda, bei all ihrem Alter und der Liebe, die ihr von Generationen kleiner Mädchen entgegengebracht worden war, war immer nur eine Puppe gewesen mit starren, blauen Augen, steifen Wellen angemalter Haare und einem ziemlich ausdruckslosen Gesicht.
    Lorrie berührte die Wange dieser neuen Miranda. Sie fühlte sich genauso glatt an, wie das Porzellangesicht Mirandas, aber die Farbe ähnelte ihrer eigenen Haut. Und die Haare auf dem kleinen Kopf, mit ähnlichen Zöpfen und Schleifen wie bei Mirandas gestylten und angemalten Locken, fühlten sich wie echtes Haar an. Der Ausdruck wirkte echt. Sie sah gerade aus wie eines der Menschchen aus dem Puppenhaus – ein bißchen so wie Phebe –, als ob sie plötzlich zum

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