Frohes Fest!
eingeladen. Und tief im Herzen glaube ich, daß Worte die Macht besitzen, Dinge zu ändern, daß Gefühle, die durch Geschichten übertragen werden, eine Resonanz erzeugen, und so spreche ich für meine Eltern, und ich bitte für die anderen, die gelitten haben, nicht so sehr, um ihre Leiden zu lindern, denn die meisten sind bereits gestorben, sondern um diesen bewußten Mißbrauch menschlichen Lebens durch Menschen zu verhindern, die andere regieren, und um ein wenig Freundlichkeit für jene zu erbitten, die uns aus fernen Ländern besuchen – sie nicht zu betrügen und zu täuschen und sie so zu benützen, wie Herodes das tat, sondern ihnen die Freiheit und die Möglichkeit zu verschaffen, uns in Frieden kennenzulernen.«
Thomas senkte das Mikrofon. Sein Daumen fand den Schalter, und er schaltete das Mikro mit einer harten Bewegung ab, deren Knacken das Schweigen vertrieb. Der Beifall begann irgendwo hinten, vielleicht beim Küchenpersonal, dachte er, und breitete sich so leicht und höflich aus, wie die Stimme seiner Mutter geklungen hatte, als sie den Soldaten zum Weihnachtsessen einlud. Der Präsident sah ihn nicht an und die First Lady winkte nach hinten, damit der Nachtisch serviert werde. Die Kellner erschienen und trugen kleine Schokoladenskulpturen auf dünnen Porzellanplatten herein, immer fünf auf einem Tablett.
Und als die Kellner den Nachtisch auf der Tafel abstellten, begann die beschwingte Unterhaltung wieder und löschte die Spuren von Thomas’ Worten so gründlich wie der Staub, den die Stiefel der Soldaten aus fünf Armeelastwagen aufgewirbelt hatten. Thomas erhob sich, legte das Mikrofon hin und ging zurück an seinen Platz. Niemand sah ihn an. Er trank seinen kalten Kaffee und dachte, daß Jessica doch recht gehabt hatte: Sie würden nie wieder bei einem Präsidenten eingeladen werden. Nicht aus Mangel an Einladungen, aber weil eben Leidenschaft nicht in Gespräche hinter verschlossenen Türen paßte. Wenn er gegen Windmühlen kämpfen wollte, mußte er das in der Öffentlichkeit tun, so wie bisher. Er lächelte ein wenig in sich hinein, und Jessica blickte ihn fragend an. Er legte seine Hand auf ihre. Wenn sie heimkamen, würde er ihr seine Entscheidung erklären. Man mußte ihn nicht erst im Traum warnen. Er hatte sich bereits entschlossen, auf einem anderen Weg in sein Land zurückzukehren.
Originaltitel: »Thomas and the Wise Men«
Copyright © 1991 by Kristine Kathryn Rusch
(Erstveröffentlichung) ; mit freundlicher Genehmigung der Autorin
und der Agentur Luserke, Friolzheim
Copyright © 1991 der deutschen Übersetzung by
Wilhelm Heyne Verlag, München
Aus dem Amerikanischen übersetzt von
Uwe Luserke
Andre Norton
Chole und Nackie
»Natürlich, richtig geschmückt müßten eigentlich Kerzen drauf sein.« Fräulein Ashmeades Stimme klang ruhig und leise durch das Zimmer. »Aber solche Kerzen sind schwer zu finden und noch schwerer ist es, Brände zu vermeiden. Wir haben immer einen Eimer Wasser in der Nähe gehabt für den Fall der Fälle.«
Der Feuerschein vom Kamin her war warm, genau wie die freundlich leuchtenden Kerzen in den Kerzenhaltern, die rund um das Rote Zimmer verteilt waren. Fräulein Ashmeades Tisch und Sitzgestell standen an der Wand, aus dem Weg geräumt. Trotzdem beherrschten sie und der Baum eindeutig den gesamten Raum.
Sie trug nicht ihr übliches grünes Kleid, sondern eines aus granatrotem Samt. Der weite Rock hing in sanften Falten über ihren Knien, über dem Stuhl und fiel gerade noch mit dem Rand auf den Boden. Um die Schultern trug sie wieder den Spitzenkragen und dazu passende Spitzen an den Handgelenken. In ihren hochgesteckten Zöpfen steckte ein hoher granatbesetzter Kamm. An ihren Fingern funkelten weitere dieser roten Steine, genau wie an der Brosche, die den Spitzenkragen vorn zusammenhielt. Sie sah aus, dachte Lorrie, wie man sich eine Märchenfee vorstellt.
»Aber er ist absolut perfekt!« Tante Margaret saß auf einem Hocker und richtete ihre Kamera auf den Baum. »Ich hoffe nur, die Bilder kommen gut heraus. Diese Pfefferkuchenfiguren und der Schmuck – wenn ich das nur alles auf ein Bild bringe!«
Lorrie knabberte an einem Stück kandierter Frucht und zwinkerte etwas schläfrig. Sie beobachtete Sabina, die wie ein kleiner schwarzer Schatten unter den Baum schlüpfte, wo einige Pakete lagen, und eine schwarze Pfote nach einem davon ausstreckte. »Nein!« rief Tante Margaret und versuchte, das Kätzchen
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