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Frohes Fest!

Frohes Fest!

Titel: Frohes Fest! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke (Hrsg)
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alles noch schlimmer machen. Sie vergrub ihr Gesicht in den muffigen, vergilbten Kopfkissen und schluchzte so herzerweichend still vor sich hin, wie sie es vor vielen Jahren gelernt hatte.
    Niemand würde sie jemals fortbringen, sie lieben und retten. David – aber David wußte nicht einmal, wovor sie fortrannte. Er konnte sie nicht von etwas fortholen, das er nicht einmal verstand. Sie schluchzte, bis das Kopfkissen naß war.
    Lange Zeit später drehte sie sich um. Es war dunkel. Die Lampen waren alle ausgeschaltet. Die Dunkelheit wirkte so, als ob sie sich der Morgendämmerung näherte. Sie suchte nach ihrem Wecker, doch der stand nicht am Bett. Also schlich sie sich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer. Das Haus war ganz still. Ihr frisches, neues Flanellnachthemd schwang um die Füße in den weichen Hausschuhen. Sie schlich zum oberen Treppenabsatz und setzte sich so hin, daß ihre Füße auf der obersten Stufe standen. Sie saß da wie auf einer Parkbank. Sie wartete. Sie wußte, daß sie lange Zeit warten konnte.
    Der Flur färbte sich schon im ersten Tageslicht rosa, als sie hinter sich andere Füße schleichen hörte. Annie drückte sich zwischen Celias linke Seite an die Wand. Eine Minute später schmiegte sich Amy an ihre andere Seite und dann saßen die drei da, warme Flanellhüften aneinandergepreßt, und unterdrückten ihr Weihnachtsmorgengekicher.
    Das Morgenlicht wurde heller, schließlich weiß, ein besonderes Weihnachtsweiß, das an keinem anderen Morgen zu sehen war. Celia hielt die Hände der Zwillinge in den ihren. Die drei neuen Weihnachts-Nachthemden paßten zueinander. Alle waren weiß mit roten Schneeflocken. Ihre neuen Weihnachtshausschuhe hatten verschiedene Farben. Die von Celia waren rot, die von Annie blau und Amys waren grün. Die Hausschuhe fühlten sich sehr sauber an. Sie bewegte die Zehen darin.
    Sie hörte ein leises Geräusch, als sich die Tür zur Hintertreppe öffnete, und dann ein Knarren von der Treppe her. Ein paar Minuten später duftete das Haus nach Schinken. An Weihnachten gab es immer Frühstück, Frühstück und keinen Krach. Ihr Magen knurrte und die Zwillinge wanden sich vor Vorfreude, aber sie hielt sie fest, wie eine gute große Schwester es tun sollte. Sie wartete, bis alles perfekt war.
    Dann gingen die Lichter an. Das Licht flutete die Treppen hoch, die großen Filmscheinwerfer, und fiel heiß auf ihr Gesicht. Die Zwillinge quietschten und sprangen auf. Celia setzte ihr Hollywoodlächeln auf und stand auf, um gravitätisch die Treppe hinunterzuschreiten. Sie hörte, wie der Film in Pappas Kamera sich abspulte. Weihnachtsmorgen und sie war ein Star!
    Mutter kam aus der Küche mit einem Kochlöffel in der Hand, und sie grinsten sich alle an. Die Zwillinge winkten hektisch in die Kamera. Sie rasten zum Fuß der Treppe und warfen sich ihrem Pappi zu Füßen. Er drehte die Kamera nach unten auf ihre erwartungsvollen Gesichter. Sie zerrten ihn zum Wohnzimmer. Celia kam um die Ecke und erblickte die randvollgestopften Strümpfe und den von bunt eingepackten Geschenken flankierten Weihnachtsbaum.
    »Der Weihnachtsmann war da!« schrie sie. Die Zwillinge quietschten wieder und ließen Pappis Knie los. Sie rissen ihre Strümpfe vom Ofenschirm am offenen Kamin. Pappa stellte die Kamera auf den Kaffeetisch.
    Celia hatte ihren Strumpf in der Hand, aber irgend etwas ließ sie innehalten und auf Pappas Schoß klettern. Die Kamera schnurrte. »Ich hab’ dich lieb, Pappi«, sagte sie. Sie schlang die Arme um seinen Hals. »Weißt du das? Weißt du das, Pappi?«
    »Ich weiß«, sagte er nüchtern. »Ich hab’ dich auch lieb, Celie. Ich wünschte, es wäre immer so wie heute.« Er strich ihr über das Haar. Dann nahm er die Kamera wieder in die Hand und sagte: »Nahaufnahme! Lächle für alle diese Leute dort draußen!« und Celia warf den Kopf zurück und schüttelte ihr kurzes Haar, wie sie es bei den Filmstars gesehen hatte, wie Marilyn Monroe im Fernsehen. Die Scheinwerfer waren sehr hell und ließen ihre Augen tränen, und sie blinzelte die Tränen weg …
     
    Und sie stand am oberen Treppenabsatz, und ihr war plötzlich ganz schwindlig. Sie griff nach dem Geländer.
    »Alles in Ordnung?« fragte David vom Fuß der Treppe. »Was machst du da?«
    »Äh …«, sagte sie dümmlich.
    »Ich wollte dir zeigen, was ich im Keller gefunden habe.«
    Celia schüttelte das Schwindelgefühl ab und sah nach unten, wo er stand. David hielt eine eigenartige Vorrichtung aus Holz mit Scheinwerfern

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