Frohes Fest!
Gewirr grüner Tentakel schwebte unerbittlich auf mich zu, umgeben vom Rot und Weiß eines Weihnachtsmann-Kostüms. Ein Pseudomund tauchte aus dem Mantel auf und öffnete seinen grünen Rachen.
»Hallo, Sarah, Baby«, sagte Roskonnor, der Sirianer. »Bin ich nicht ein supergeiler Nikolaus?«
Eine halbe Stunde später war mein ganzes Produktionsteam zu einer Krisensitzung in meinem Studio versammelt. »Natürlich sich dürfen Jesus und Roskonnor nicht treffen!«
»Warum nicht, Lottie?«
»Wie würde es Ihm gefallen, zu sehen in unserer Mitte einen Außerirdischen? ER kommt zur Erde, um Menschen zu erlösen und nicht zu retten Außerirdische!« Lottie mochte recht haben, dachte ich. Wo steht schon in der Bibel etwas über Sirianer?
Matthew nannte noch einen anderen Grund.
»Wie würde Jesus auf jemand reagieren, der als Nikolaus kostümiert ist, gleich, ob Außerirdischer oder nicht? Die Nikolaussage ist im Grunde heidnisch, stimmt’s? Würde Jesus das gut finden?«
»Das werden er ganz sicher nicht«, sagte Lata steif. Sie neigte ein wenig zu den Fundamentalisten und betrachtete die meisten Weihnachtsbräuche als Ketzerei oder noch Schlimmeres.
Fred sah die Sonnenseite des Ganzen. »Mach dir keine Sorgen, Lata, schließlich ist er ja hier oben auf dem Mond. Er wird nicht erleben, wie Weihnachten auf der Erde heutzutage kommerziell ausgeschlachtet wird.«
»Vielleicht hat er es schon gesehen«, warf ich ein. »Unser Herr ist schließlich allmächtig. Wenn Sirianer die Fernsehsendungen von der Erde anschauen können, kann Gott das ja wohl auch.«
Kein Wunder, daß Er Seinen Sohn zu uns zurückgeschickt hat, um uns zu retten, überlegte ich, wenn er all die Jahre über Sky TV angeschaut hat. Dann riß ich mich wieder zusammen und machte mein Team darauf aufmerksam, daß die gegenwärtige Lage als sehr ernst zu beurteilen sei. Alle dachten ein paar Minuten lang angestrengt nach. Roskonnor war natürlich nicht dabei. Ich hatte ihn überredet, zu seiner Blase mit sirianischer Atmosphäre zurückzukehren und sich über das ideale Weihnachtsfest zu informieren, indem er den Teleshop mit Weihnachtsgeschenken ansah. Das sollte ihn eine Weile lang beschäftigen. Roskonnor wußte nicht, daß Jesus auf dem Mond erschienen war. Allerdings hatte er aus alten Fernsehsendungen genug über unsere Kultur gelernt, um mit der Anbetung Jesu vertraut zu sein. Falls sich Jesus und Roskonnor trafen, würden beide erkennen, daß dieser Heiligabend ihren jeweiligen Erwartungen nicht entsprach. Ich stöhnte in mich hinein und überlegte, ob wir die ganze Show absagen sollten. Und wenn ich mich persönlich bei allen Zuschauern entschuldigen müßte, na ja, bei allen zwei Milliarden …
»Nein, Sarah«, sagte Krishnan. »Du kannst nicht absagen. Die interstellaren Beziehungen zwischen dem Sonnensystem und Sirius würden sich davon nicht erholen. Das sirianische Imperium wartet auf Roskonnors Bericht. Die Erde wartet auf die Sendung mit Roskonnor. Was wird geschehen, wenn du alles absagst? Roskonnor wird einen ungünstigen Bericht abliefern und die Sirianer werden die Erdlinge verachten. Was noch schlimmer ist: Unsere Leute werden weder den Sirianern noch den Ingenieuren der Mondbasis jemals wieder vertrauen. Du hast keine Wahl, Sarah. Du mußt die Show durchziehen!«
»Krish, könntest du nicht sagen, wir müssen die Show durchziehen?«
Ich sah voraus, wenn irgend jemand seinen Kopf für dieses Fiasko hinhalten mußte, dann war ich es und mein Kopf würde rollen.
Also, wie Krishnan ja gesagt hatte: Ich hatte keine Wahl. Ich mußte die Show durchziehen und irgendwie Heiland und Sirianer voneinander fernhalten. Aber Matthew sollte das Interview mit Roskonnor führen und Jesus hatte ganz klar gesagt, daß er Matthew bald wiedersehen werde – sehr bald. Also, wie sollte ich die beiden voneinander fernhalten?
Hinterher tat mir besonders Commander Hynam leid. Die Nachricht von Jesus hatte sich in der Mondbasis blitzschnell herumgesprochen, so wie das halt inoffiziell läuft. Innerhalb von zirka vierzehn Minuten wußte jeder, der gerade nicht schlief, daß Jesus auf dem Mond erschienen war – jeder außer Commander Hynam, natürlich. Er erfuhr es ein wenig später von Jesus. (Was auch seltsam anmutet: Niemand dachte daran, die Erde zu informieren! Der Grund für diese Gedächtnislücke war allerdings bald schon klar – es war ein Teil Seines Plans.)
Kurz nachdem Jesus hinausgegangen war, meldeten die Strahlungsmeßgeräte,
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