Frohes Fest!
wie ihr Make-up. Sie hatte allen leuchtend-rosa Wangen verliehen, sogar Roskonnor, obwohl in diesem Fall die ›Wangen‹ bloße Auswüchse in seinen oberen Regionen waren. Ich entschloß mich, ausnahmsweise einmal diplomatisch zu handeln und nichts zu sagen.
Was meinen außerirdischen Weihnachtsmann betraf – Roskonnor hatte irdische Sprachen aus alten Fernsehprogrammen gelernt. Unglücklicherweise hatte er daher auch seine Manieren. Ich wußte nie, ob es seine echten nichtmenschlichen Reaktionen waren oder Schauspielerkünste aus miesen Hollywoodschinken.
»Aber Lottie, meine Süße«, säuselte er, »die Jacke für den Weihnachtsmann muß doch keinen weißen Hermelingürtel haben. Das bin doch nicht wirklich ich, Kleines!«
Ich konnte es ihm nachfühlen. Das Kostüm war für einen bauchigen Zweibeiner entworfen worden, nicht für ein amöboides Tentakelwesen.
»Der Gürtel, er sein wirklich gut«, fuhr Lottie schlagfertig fort. »Es macht Ihre Taille länger und interessanter, ja?«
»Sirianische Taillen sind nicht schlank genug, Baby. Nimm’s leicht! Ich habe hier drunter ein paar ganz zarte Pseudofüßchen, schau mal!«
»Behalten Sie bitte Ihre Pseudofüßchen für sich, Herr Sirianer!«
Lotties Ausdrucksweise veränderte sich unter Streß zunehmend, bemerkte ich, oder vielleicht war sie auch schon von dieser Filmschinkensprache infiziert. Ich war dankbar dafür, daß unser Heiland diese verhängnisvolle Vorstellung nicht sah. Zum Glück bemühte sich mein Mann wieder stark darum, das Interview mit Roskonnor durchzugehen, während Lottie Theater um diesen idiotischen Gürtel machte.
»Also, Herr Roskonnor, zu Hause in Ihrem System, gab es da ein Äquivalent zu unserem Weihnachtsfest?«
Roskonnor drehte sich schleimig zu Lata herum, die eine riesige Souffleurkarte hochhielt, die mit obszön wirkenden Kringeln bedeckt war.
»Oh, wir haben viele Feste, Herr Brady«, sagte Roskonnor vorsichtig und las seine Kringel. »Zum Jahresausklang am Einzelsonntag ziehen all die kleinen Nullen F’shang-Kostüme an. So klein und niedlich!«
Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Roskonnor jemals klein und niedlich gewesen war. Er glich einem Dutzend grüner Schlangen, die man auf einen riesigen Batzen Rotz aufgepflanzt hat. Ihn fotogen zu machen war eine Sisyphusarbeit. Lottie ließ den Gürtel eine Weile Gürtel sein und versuchte, eine große rote Kapuze über seinen Kopf zu ziehen. Da er aber keinen Kopf hatte, nur ein ziemlich verformbares Oberteil, hatte sie Probleme mit der Kapuze. Ich sah, daß es nicht ging.
»Wir tauschen unsere Zweitsonnengeschenke«, fuhr Roskonnor fort, »und wir geben – glumf!«
Die Kapuze glitt plötzlich herunter und verschwand beinahe in einer seiner vielen ekelhaft anzusehenden Körperöffnungen.
»Glumf?« wiederholte Matthew sichtlich verblüfft. Ich sah die Erleuchtung in seinen Blick treten, als Lottie die Kapuze herauszog und sie abzuwischen versuchte.
»Herr Sirianer«, sagte Lottie ernst, »können du nicht etwas Protoplasma aufwärts lassen fließen?« Matthew gab mir einen Wink. Seine Hände machten Bewegungen, als erwürge er jemanden.
»Matt, arbeitet noch ein bißchen daran und die Show wird großartig!« Ich wollte mich zurückziehen.
Lata gab mir einen Schubs in die Rippen. »Sarah! Sie sein alles andere als fertig! Warum du nicht tun was?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich würde weinen.«
Aber andererseits, murmelte ich in mich hinein, konnte es auch nicht schlimmer kommen.
Mein Armbandtelefon summte.
»Jesus ist hier«, kam Vans Stimme. »Sarah, er will mit Matthew reden!«
Es war schlimmer gekommen.
Das klang so, als habe Gott mir zugehört und beschlossen, mich auf die Probe zu stellen. Wie konnte ich nun unseren Heiland von Roskonnor fernhalten?
Ich flüsterte in mein Armbandtelefon: »Halt ihn hin! Ich komme gleich zurück.«
Als ich abschaltete, kam mir zu Bewußtsein, was ich gesagt hatte. Der Retter unserer Welt war gekommen, um die Menschheit zu erlösen. Was sagt Sarah? ›Halt ihn hin!‹
Ich gab ermutigende Geräusche in Richtung Matthew und Roskonnor von mir und sagte ihnen, sie sollten weiter proben. Sie machten ihre Sache gut, log ich. Lata blickte mich finster an. »Sarah! Du etwas tun!«
Ich zuckte die Achseln. »Laß mich wissen, wenn du diesem Protoplasma die Stiefel angezogen hast.« Dann rannte ich zum Korridor.
Inzwischen, das würde ich gleich entdecken, hatte Fred einen Sessel in unser provisorisches Studio
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