Fromme Wünsche
alten Bletchley-Iron-Gebäudes im Bankenviertel. Es ist ein Club
für Geschäftsleute, in dem Frauen erst seit kurzem Zutritt haben. Essen und
Bedienung sind hervorragend, wenngleich einige Kellner der alten Garde sich
weigern, an Tischen mit Damen zu bedienen.
Ferrant saß bereits im Lesezimmer am Kamin, als ich
dort eintrat, um auf Agnes zu warten. Flott sah er aus in seinem marineblauen
Anzug. Er erhob sich und begrüßte mich herzlich.
„Agnes meinte, ich solle mitkommen. Hoffentlich hast
du nichts dagegen.“
„Ganz im Gegenteil. Richtig schick bist du heute.
Was machen die Fälschungen?“
Ich berichtete über meine fruchtlose Unterredung mit
Hatfield. „Und die Dominikaner wissen auch von nichts. Ich muß an die Sache
anders rangehen. Zunächst müßte ich mal den Fälscher auftreiben.“
Agnes kam durch die Tür. „Welchen Fälscher?“ Sie
wandte sich zu Ferrant und stellte sich vor: ein kleines, kompaktes
Energiebündel in einem braunkarierten Kostüm, dessen perfekte Verarbeitung auf
eine Investition von etwa achthundert Dollar schließen ließ. Ein Klacks für
Agnes.
Sie führte uns ins Restaurant, wo sie der Oberkellner
mit ihrem Namen begrüßte, bevor er uns einen Tisch am Fenster anbot mit Blick
auf den Südarm des Chicago River. Wir bestellten unsere Getränke.
Am Tisch wiederholte sie ihre erste Frage, und ich
erzählte ihr von den gefälschten Papieren. „Soviel ich weiß, wurde die Sache
beim Fort Dearborn Trust entdeckt, weil die Seriennummern nicht stimmten. Das
FBI verhält sich sehr zugeknöpft, aber ich weiß, daß die Fälschungen von
erstklassiger Qualität waren - so gut, daß sie einer oberflächlichen Prüfung
durch die Revision standhielten. Ich würde gern mal mit jemandem reden, der
sich auf dem Gebiet auskennt. Ich möchte rauskriegen, wer vom Handwerklichen
her in Frage käme.“
Agnes zog die dichten Brauen hoch. „Etwa von mir?
Ich drucke sie nicht, ich handle nur damit. Roger kann ich schon eher helfen.“
Sie sah Ferrant an. „Wie weit sind Sie informiert?“
Er hob die Schultern. „Ich habe Ihnen schon am
Telefon gesagt, daß mich unser Broker Andy Barrett aus New York angerufen
hat. Vielleicht könnten Sie mir erst mal erklären, was ein Broker ist. Er
arbeitet doch nicht für die Ajax, oder?“
„Nein. Broker sind an der New Yorker Börse zugelassen,
aber nicht als Makler für Privatkunden. Im allgemeinen gehören sie einer Firma
an und werden von der Börse zu Brokern ernannt. Sie koordinieren Kauf und
Verkauf, damit das Geschäft läuft. Barrett schafft Absatzmärkte für Ihre
Aktien. Wenn ein Kunde tausend Anteile verkaufen will, ruft er mich an. Ich
gehe aber damit nicht zur Chicagoer Börse und biete sie an, bis ich einen Käufer
gefunden habe, sondern ich gebe die Verkaufsorder an meinen Kollegen in New
York weiter, der sich mit Barrett in Verbindung setzt. Barrett kauft die
Anteile und verkauft sie wieder an einen Interessenten. Falls zu viele
Ajax-Anteile gleichzeitig verkauft werden und keiner welche haben will, dann
kauft er auf eigene Rechnung. Er hat dafür zu sorgen, daß Umsatz gemacht wird.
Und wenn es an der Börse gelegentlich mal drunter und drüber geht, stellt er
den Antrag, den Handel einzustellen, bis sich die Lage normalisiert.“
Sie machte eine Pause, damit wir unser Essen
bestellen konnten: Scholle für mich, für Agnes und Roger englisch gebratene
Steaks. „Soweit ich informiert bin, ist mit Ajax in den letzten Wochen das
Gegenteil passiert. Es wurden enorme Summen investiert - ungefähr siebenmal so
viel wie gewöhnlich. Das reicht, um den Kurs zumindest geringfügig in die Höhe
zu treiben. Versicherungsaktien gelten nicht als glänzende Investition. Es
kann also ziemlich turbulent zugehen, ohne daß es groß auffällt. Hat Barrett
die Namen der Makler erwähnt?“
„Ja. Aber sie sagen mir nichts. Er schickt mir eine
Liste. Bitte sehen Sie sie sich doch einmal an, Miss Paciorek. Vielleicht ist
Ihnen der eine oder andere bekannt. Und dann - was soll ich tun?“
Agnes zündete sich eine Zigarette an. „Gern. Und
bitte nennen Sie mich Agnes. Miss Paciorek klingt so nach Nobelviertel. Ich
glaube, wir denken alle ungefähr dasselbe: daß jemand schlicht und einfach
versucht, sich klammheimlich die Aktienmehrheit zu verschaffen. Wenn das
zutrifft, kann die Sache noch nicht weit gediehen sein, denn jeder, der mehr
als fünf Prozent des Aktienkapitals besitzt, wird der Finanzaufsichtsbehörde
gemeldet.“
„Wieviel Aktienkapital
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