Fromme Wünsche
Konzept gebracht. „Sie waren nicht da, deshalb
mußte ich den cleveren Detektiv spielen. Ich erzählte von den gefälschten
Papieren im Kloster und daß ich ein Stück vom Kuchen für mich will. Aber ich
muß wissen, wer bezahlt. Wer der Boß ist. Wir gerieten uns in die Haare. Er
packt mein IBM-Zertifikat und auch Ihr Acorn-Papier. Er sagt: >Du weißt
mehr, als dir guttut, alter Knabe< und zieht ein Messer heraus. Neben mir
stand eine Flasche mit Säure. Die brauch' ich für meine Arbeit, wissen Sie.
Ich werf sie nach ihm, und als er zustößt, ist seine Hand nicht ganz sicher.“
Ich lachte. „Ist ja toll! Wenn Sie wieder gesund
sind, können Sie sofort mein Partner werden.“
Einen Augenblick lang erschien wieder das
verschmitzte Lächeln. Er schloß die Augen. „Ich nehme Sie beim Wort, Victoria.“
Ich mußte mich anstrengen, um ihn zu verstehen.
Dr. Metzinger kam geschäftig herein. „Sie müssen
jetzt gehen, Miss Warshawski.“
Ich erhob mich. „Wenn die Polizei Sie befragt, dann
beschreiben Sie den Kerl. Kein Wort mehr. Vielleicht ein Dieb, der's auf Ihr
Silber abgesehen hatte. Und legen Sie bei Lotty ein gutes Wort für mich ein.
Sie würde mir am liebsten das Fell über die Ohren ziehen.“
Mühsam blinzelte er mir zu. „Lotty war auch als Kind
schon sehr eigensinnig und schwer zu bändigen. Als sie sechs Jahre alt war -“
Dr. Metzinger unterbrach ihn. „Sie werden sich jetzt
schön ausruhen. Das können Sie Miss Warshawski alles später erzählen.“ Er
schob mich zur Tür hinaus.
Auf dem Korridor hielt mich der Polizist auf. „Ich
brauche einen lückenlosen Bericht über Ihr Gespräch.“
„Wofür? Für Ihre Memoiren?“
Der Polizist packte mich am Arm. „Ich habe den
Auftrag, alle Besucher zu fragen, was gesprochen wurde.“
Ich befreite meinen Arm mit einem heftigen Ruck. „Na
gut. Er hat erzählt, daß er am Donnerstag nachmittag zu Hause saß, als ein Mann
die Treppe hoch kam. Er hat ihn hereingelassen. Mr. Herschel ist ein einsamer
alter Herr, der sich freut, wenn Besuch kommt. Er ist nicht mißtrauisch.
Wahrscheinlich ist es kein Geheimnis, daß er eine Menge wertvolles Zeug in der
Wohnung hat. Es kam zu einem Handgemenge, falls man das so bezeichnen kann,
wenn ein Schläger auf einen Achtzigjährigen losgeht. Er hatte ein Putzmittel
für Schmuck in seinem Schreibtisch, irgendeine Säure, damit hat er nach ihm
geworfen, bevor er ein Messer in den Rücken bekam. Ich nehme an, er kann Ihnen
den Kerl beschreiben.“
„Weshalb wollte er mit Ihnen sprechen?“ fragte
Metzinger.
Warum sollte ich mich mit ihm anlegen? Ich mußte so
schnell wie möglich nach Hause. Also erklärte ich, daß ich Privatdetektivin
sei und eine Freundin seiner Nichte, Dr. Herschel. „Ein alter Mann vertraut sich
in seinem Kummer lieber jemandem an, den er kennt, statt sich dem
unpersönlichen Polizeiapparat auszuliefern.“
Der Polizist bestand auf einem schriftlichen
Bericht, und erst, nachdem ich unterschrieben hatte, ließ er mich gehen.
„Schreiben Sie auch eine Telefonnummer auf, unter der Sie zu erreichen sind.“
Richtig - mit der Telefongesellschaft mußte ich mich auch noch in Verbindung
setzen. Ich hinterließ meine Büronummer und empfahl mich.
Inzwischen hatte der Feierabendverkehr eingesetzt,
so daß ich - auf Schleichwegen - erst um viertel nach sechs in meiner Wohnung
war. Ich klappte das Bett auf, stellte den Wecker auf sieben und fiel sofort in
einen tiefen, traumlosen Schlaf. Als der Wecker läutete, war ich zunächst
völlig konfus. Ich taumelte ins Bad, duschte kalt und streifte mir hastig die
knallrote Neuerwerbung über. Ich steckte Make-up ein, zog Strümpfe und Stiefel
an, klemmte mir meine Pumps unter den Arm und stürzte zum Auto. Zum Schutz
gegen die Kälte blieb mir nur die Wahl zwischen der neuen Jacke und einem
verräucherten Mantel. Ich entschied mich für die Jacke, denn ich würde sie
ohnehin an der Garderobe abgeben.
Zufällig traf ich zugleich mit Phil vor dem Hotel
ein - mit nur zwanzig Minuten Verspätung. Er war wohl zu gut erzogen, um von
meinem Aufzug Notiz zu nehmen. Nach einem Begrüßungsküßchen auf die Backe nahm
er meinen Arm und führte mich hinein. Meine Jacke und meine Stiefel gab er an
der Garderobe ab. Der perfekte Gentleman.
An einer roten Ampel hatte ich Make-up aufgelegt und
vor dem Aussteigen noch rasch meine Frisur in Ordnung gebracht. Ich widerstand
nur mit Mühe der Versuchung, in den wandhohen Spiegeln der Hotelhalle mein
Äußeres zu
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