Fromme Wünsche
reicht aus, um ein paar Brocken Italienisch zu verstehen... Du mußt
ihn irgendwie geärgert haben, sonst wäre er nicht in sein miserables Englisch
zurückgefallen.“
„Kann schon sein. Auf jeden Fall paßte ihm das Thema
Banco Ambrosiano nicht.“
Ein Weilchen hing jeder seinen Gedanken nach. Dann
machte ich mich auf, die zweite Saalhälfte in Angriff zu nehmen. In diesem
Augenblick vernahm ich hinter mir plötzlich die Stimme. „Herzlichen Dank, Mrs.
Addington. Seine Heiligkeit wird gemeinsam mit mir für alle Katholiken in
Chicago beten, die so großzügig sind wie Sie.“
Ich sprang so heftig auf, daß ich mein neues rotes
Kleid mit Cognac bespritzte. Phil war völlig verdutzt und erhob sich ebenfalls.
„Was ist denn los, Vic?“
„Das ist der Kerl, der mich angerufen hat! Kennst du
ihn?“
„Wen?“
„Eben hat jemand versprochen, gemeinsam mit dem
Papst zu beten. Hast du das nicht gehört? Wer war das?“
Phil war bestürzt. „Erzbischof O'Faolin. Hat er bei
dir angerufen?“
„Laß nur. Kein Wunder allerdings, daß du so
überrascht warst wegen seines Akzents.“ Die Stimme eines Mannes, dem man ein
völlig akzentfreies Englisch beigebracht hatte. Ich trat wieder in den Kreis um
den Erzbischof.
Als er mich erblickte, unterbrach er sich mitten im
Satz.
„Lassen Sie sich nicht stören“, sagte ich. „Sie
können getrost auf Ihren spanischen Akzent verzichten. Ich habe Sie erkannt.
Nur über Ihre Beziehungen zur Mafia bin ich mir noch nicht ganz im klaren.“
Ich zitterte so sehr, daß ich mich kaum auf den
Beinen halten konnte. Hier stand der Mann, der mir das Augenlicht hatte nehmen
wollen. Ich brauchte meine ganze Willenskraft, um mich nicht sofort auf ihn zu
stürzen.
„Sie verwechseln mich anscheinend, junge Frau.“
Seine Stimme war kühl, aber unverstellt. Die Schar seiner Gefolgsleute war zu
Salzsäulen erstarrt.
„Exzellenz“, meldete Mrs. Paciorek, die unbemerkt
herbeigeschwebt war, „Kardinal Farber ist bereit zum Aufbruch.“
„Ich komme gleich. Ich möchte ihm für seine
großherzige Gastfreundschaft danken.“
Als er sich zum Gehen anschickte, bemerkte ich
eisig: „Vergessen Sie nicht: Das Glück ist launisch.“
Phil führte mich zum Sofa. „Vic, was ist los? Was
hat O'Faolin dir getan? Es ist doch unmöglich, daß du ihn kennst.“
„Ich dachte, er wär's. Aber vermutlich verwechsle
ich ihn, wie er selbst sagt.“ Aber ich hatte ihn natürlich erkannt. Die Stimme
eines Menschen, der dir Säure in die Augen spritzen lassen will, vergißt du
nicht so leicht.
Phil wollte mir unbedingt etwas Gutes tun: mich nach
Hause bringen, mir einen Brandy besorgen und was weiß ich noch alles, doch ich
lehnte mit dankbarem Lächeln ab. „Mir fehlt nichts außer Schlaf. Ich bleibe
noch ein Weilchen hier sitzen und fahre dann heim.“ Er leistete mir
Gesellschaft, hielt meine Hand und plauderte über dies und jenes. Ein
liebenswerter junger Mann. Wieder fragte ich mich, wie Mrs. Paciorek drei so
bezaubernde Kinder zur Welt gebracht haben konnte wie Agnes, Phil und Barbara.
„Die Bemühungen deiner Mutter hatten nur bei Cecilia Erfolg“, sagte ich
unvermittelt.
Er lächelte. „Du siehst nur ihre Schwächen. Aber sie
hat auch viele gute Eigenschaften: ihr karitativer Einsatz zum Beispiel. Statt
sich als Erbin der Savage-Millionen wie eine zweite Gloria Vanderbilt zu
benehmen, hat sie mit dem Geld hauptsächlich wohltätige Einrichtungen
finanziert. Damit wir Kinder keine Not leiden müssen, hat sie Treuhandkonten
für uns eingerichtet. Unter anderem wurde davon meine medizinische Ausbildung
bezahlt. Aber der größte Teil floß verschiedenen Wohltätigkeitsorganisationen
zu, besonders der Kirche.“
„Vielleicht auch Corpus Christi?“
Er sah mich scharf an. „Wie kommst du darauf?“
„Ach“, meinte ich obenhin, „sogar Geheimbündler
können nicht den Mund halten. Anscheinend ist deine Mutter dort ziemlich
aktiv.“
„Wir sollen nicht darüber sprechen. Als wir
einundzwanzig wurden, hat sie uns alles erklärt. Wir sollten darauf vorbereitet
sein, daß wir kein Riesenvermögen erben. Barbara weiß es noch nicht. Wir
unterhalten uns nie über dieses Thema, obwohl Cecilia sogar Mitglied ist.“
„Und du?“
Er lächelte wehmütig. „Ich habe meinen Glauben an
die Kirche nicht verloren oder mich von ihr abgewandt wie Agnes. Aber durch
Mutters Aktivitäten hatte ich häufig Gelegenheit zu beobachten, wie korrupt die
Organisation war. Kein Wunder - Priester und
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