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Fromme Wünsche

Fromme Wünsche

Titel: Fromme Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretzky
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zeigen, wie man so was
macht. Und jetzt kämpft unsere Geschäftsleitung ums Überleben. Sicher, das ist
nicht meine Schuld. Aber ich komme mir nutzlos vor, und es ist mir schrecklich,
daß ich nichts tun kann.“
    Ich zog eine Grimasse, erwiderte aber seinen
Händedruck. „Wollen wir uns jetzt gegenseitig unser geknicktes Selbstbewußtsein
wiederaufrichten? Nächste Woche vereinbarst du für mich Termine beim FBI und
bei der Finanzaufsichtsbehörde. Sie lassen mich sonst nicht vor. Und ich werde
mir überlegen, wie ich an Catherine Paciorek herankomme. Du mußt dir aber im
klaren sein, daß hier so ziemlich jeder Versuch zum Scheitern verurteilt ist.“
    Er lächelte mich dankbar an. „Du kannst dir nicht
vorstellen, wie erleichtert ich bin, Vic. Allein bei dem Gedanken, daß ich dir
voll vertrauen kann. Ich möchte dich am Montag mit der Geschäftsleitung bekannt
machen. Die Anwälte werden dir alles Wissenswerte mitteilen. Unter Umständen
gibt's ein dreistündiges Blabla.“
    „Montag geht nicht. Wie wär's mit Dienstag?“ Acht
Uhr, das paßte. Widerstrebend trug ich den Termin in meinen Kalender ein.
    Um neun gingen wir ins Kino. Ein Anruf im
Krankenhaus ergab, daß mit Onkel Stefan alles in Ordnung war. Und als Roger
zaghaft vorfühlte, ob ich geneigt sei, ihn in sein Apartment zu begleiten,
brauchte ich nicht lange zu überlegen. Es war doch angenehm, nicht allein zu
sein.
    In ihren Morgenausgaben hatten sowohl der Herald-Star als auch die Tribune die
Wood-Sage-Geschichte aufgegriffen und in der sonntäglichen Finanzspalte darüber
berichtet. Kein Mitglied der Ajax-Geschäftsleitung hatte sich bis jetzt dazu
geäußert. Pat Kollar, Finanzsachverständiger beim Herald-Star, zählte die möglichen Gründe für den Erwerb einer Versicherungsgesellschaft
auf; viel mehr war über Wood-Sage nicht zu erfahren.
    Roger las die Berichte in gedrückter Stimmung. Um
zwei holte er seinen Partner vom Flughafen ab. „Er bringt die Financial Times
und den Guardian mit, ich kaufe die New York Times auf dem Weg zum Auto. Dann
können wir die Hiobsbotschaften gleich in geballter Ladung genießen. Willst du
hier warten und ihn kennenlernen?“
    Ich schüttelte den Kopf. Für Godfrey Anstey war das
zweite Schlafzimmer vorgesehen, das behagte mir nicht besonders. Ein Dritter
stört immer.
    Als Roger gegangen war, telefonierte ich noch mit
dem Auftragsdienst. Phyllis Lording hatte um die Mittagszeit mehrmals
angerufen. Überrascht wählte ich ihre Privatnummer. Ihre hohe, etwas piepsige
Stimme klang noch aufgeregter als gewöhnlich. „Oh, hallo, Vic. Hast du zufällig heute nachmittag Zeit?“
    „Was gibt's?“
    Sie lachte nervös. „Nichts Besonderes, vermutlich.
Nur am Telefon kann ich dir's schlecht erklären.“
    Ich zuckte die Achseln. Gut, ich würde zu ihr
kommen. Als sie mich an der Tür begrüßte, kam sie mir magerer denn je vor. Sie
hatte das dichte kastanienbraune Haar achtlos zurückgekämmt und festgesteckt,
und unter der Haarpracht sah ihr geschmeidiger langer Hals jämmerlich dünn
aus. Die feinen Gesichtszüge wirkten eckig. In dem weiten T-Shirt und den
engen Jeans sah sie herzergreifend zerbrechlich aus.
    Sie führte mich ins Wohnzimmer, wo die
Tageszeitungen ausgebreitet auf dem Fußboden lagen. Blauer Dunst hing in der
Luft. Phyllis war Kettenraucherin - genau wie Agnes. Aus einer elektrischen
Kaffeemaschine neben dem überquellenden Aschenbecher auf dem Boden bot sie mir
Kaffee an. Als ich die Brühe sah, bat ich um Milch.
    „Schau mal im Kühlschrank“, meinte sie zweifelnd,
„aber ich glaube nicht, daß welche da ist.“
    Der riesige Kühlschrank enthielt nichts außer ein
paar Würzsoßen und einer Flasche Bier. Ich ging zurück ins Wohnzimmer.
„Phyllis, wovon ernährst du dich eigentlich?“
    Sie zündete sich eine Zigarette an. „Ich habe keinen
Hunger, Vic. Zuerst habe ich mir immer was gekocht, aber dann wurde mir vom
Essen schlecht. Und jetzt bin ich einfach nie hungrig.“
    Ich kauerte mich neben sie und legte ihr die Hand
auf den Arm. „Das ist keine gute Art, Agnes ein Gedenken zu bewahren.“
    „Ich bin so allein, Vic. Agnes und ich hatten nicht
viele gemeinsame Freunde, und ihre Angehörigen wollen nichts von mir hören...“
Sie verstummte, während sie in sich zusammensank.
    „Agnes' jüngste Schwester würde gern mit dir reden.
Ruf sie doch mal an.“
    Sie schwieg eine Zeitlang. „Gut, ich spreche mit
ihr.“
    „Und du fängst wieder an zu essen?“
    Sie nickte. „Ich werd's

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