Frontlinien
Kommandantin hinab. »Ich versichere Ihnen, Captain: Jeder Fluchtversuch ist vollkommen sinnlos.«
Janeway runzelte die Stirn. Man darf nie die Hoffnung aufgeben, dachte sie, aber die Bitterkeit in ihr schien Substanz zu gewinnen und kratzte am Rest ihrer Zuversicht. Nur der Kommandosessel spendete ihr ein wenig Trost. Sie schloss die Hände um die Armlehnen und sagte sich, dass es noch immer gewisse Möglichkeiten gab, bevor die Situation wirklich hoffnungslos wurde. Ihr größtes Bedauern galt dem Umstand, dass sie nicht mit der Crew kommunizieren konnte.
»Was geschieht, wenn Sie im Kampf sterben und die
Strahlung dadurch nicht mehr kontrolliert werden kann?«, fragte Janeway.
Lekkets Miene war ausdruckslos, verriet keine
Empfindungen. »Mein Tod löst sofort kritische Emissionen aus, was auch für Sie das Ende bedeutet. Es liegt in Ihrem Interesse, mich zu schützen, Captain.«
Die Edesianer ergriffen solche Maßnahmen nicht zum ersten Mal und waren auf alles vorbereitet. »Haben Sie auch die anderen Schiffe gekapert? Kontrollieren Sie sie auf die gleiche Weise wie die Voyager?«
Dünne Falten fraßen sich in Lekkets Stirn und die
Mundwinkel neigten sich nach unten. »Sie bekommen
Erklärungen, wenn Sie welche brauchen.«
»Wir müssen den Feind kennen, wenn wir gegen ihn
kämpfen sollen«, sagte Janeway.
»Sie werden ihn kennen lernen«, erwiderte Lekket mit
grimmigem Ernst. »Ja, Sie werden ihn kennen und auch
fürchten lernen, so wie wir.«
»Schilde hoch.«
»Schutzschirme sind aktiviert.«
»Phaser mit Energie laden.«
»Phaser geladen.«
»Warpenergie?«
»Noch immer bei siebzig Prozent, aber stabil.«
Captain Janeway nickte. Lekket nahm Chakotays Platz ein und sie merkte plötzlich, wie sehr sie den Ersten Offizier vermisste. »Das Schiff ist zusammengeflickt. Wir haben nicht einmal vollen Dampf.«
Lekket runzelte die Stirn – offenbar konnte er mit der Übersetzung dieses Ausdrucks nur wenig anfangen.
»Wir sind nicht für einen Kampf bereit«, betonte Janeway.
Das Alter Ego des edesianischen Commodore, Bolis, stand noch immer an der taktischen Station. Offenbar glaubte er sich für sie zuständig. »Das Schiff ist bereit.«
»Er kennt die Voyager nicht so gut wie wir«, sagte Janeway und versuchte, an Lekkets militärisches Feingefühl zu
appellieren. »Während der letzten fünf Tage haben wir zwei schwere Kämpfe hinter uns gebracht und hatten nicht genug Zeit für Reparaturen.«
Erneut sah Lekket zu Bolis, der nickte. »Ja, es gibt Anzeichen für frühere Schäden und Instandsetzungen bei den offensiven und defensiven Systemen.«
»Ist das Schiff für den Kampf bereit?«, fragte Lekket.
»Ja.«
»Nein, wir sind nicht bereit«, widersprach Janeway. Es war keine Lüge. Unter normalen Umständen hätte sie die Voyager in einem solchen Zustand nicht ins Gefecht geführt. Bei manchen Anlagen an Bord waren die Reservesysteme der
Reservesysteme aktiv. Die Warpenergie schien inzwischen stabil zu sein, aber zwanzig Minuten lang hatte sie stark fluktuiert, bis es Chakotay und Torres gelungen war, die Materie-Antimaterie-Mischung richtig auszubalancieren.
Lekket lehnte sich im Sessel des Ersten Offiziers zurück und schaffte es trotzdem, weiterhin steif zu wirken. »Ich traue Lieutenant Bolis mehr als Ihnen, Captain.«
Janeway schürzte die Lippen und nach einigen Sekunden
nickte sie. Der Commodore war entweder dumm – oder
verzweifelt.
»Dieser Kurs«, sagte Lekket und vollführte eine Geste, die dem Diagramm auf Janeways Monitor galt, »bringt uns zum Rand des Tagal’sincha-Nebels.« Er deutete auf eine Stelle innerhalb des Nebels. »Nach den neuesten
Geheimdienstberichten versteckt sich der Feind dort vor unseren Sensoren und Energiewaffen. Wir schicken zwei
unserer kleineren Schiffe hinein, um ihn herauszulocken.«
»Um ihn herauszulocken? Wie?«
»Das geht Sie nichts an.«
Janeway schwieg eine Zeit lang und seufzte dann. »Sie geben mir nicht die Informationen, die ich für den Kampf brauche.«
Sie stand auf, ging zur Navigationsstation und kehrte zurück.
»Ich muss über Ihre Stärken und Schwächen Bescheid wissen, auch über die des Gegners.«
»Ich verstehe«, erwiderte Lekket ruhig. »Aber für mich ist es notwendig, dass Sie dem Feind unvoreingenommen begegnen.
Sie sollen um Ihr Leben kämpfen und kein Unentschieden anstreben. Sie kennen unsere Schwächen, wenn wir tot sind.
Die Schwächen des Feindes finden Sie, wenn sie sich Ihnen präsentieren.
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