Frontlinien
aufgehalten haben, sind der Rest einer Flotte, die aus dreihundertdreiundsiebzig Raumschiffen bestand. In etwas mehr als einem Monat schrumpfte sie auf einen traurigen Rest zusammen.«
Diese Information verblüffte Janeway und sie schauderte unwillkürlich. Eine aus fast vierhundert Schiffen bestehende Flotte, von der nach einem Monat nicht einmal dreißig übrig blieben… Seit dem Borg-Angriff bei Wolf 359 hatte sie nicht mehr von einer solchen Streitmacht gehört.
Falls Lekket die Wahrheit sagte…
Vor dem inneren Auge sah sie noch einmal die
Schreckensbilder jener gewaltigen Raumschlacht: von
Energiestrahlen in zwei Hälften geschnittene Schiffe; andere Raumer, die in drei oder vier Stücke zerbrachen, die
gespenstisch nebeneinander schwebten. Tod und Vernichtung, das Grauen selbst.
»Niederschmetternd, nicht wahr, Captain?«, fragte Lekket leise.
»Warum haben Sie uns nicht auf die… Tarnvorrichtung
hingewiesen?«
»Sie glauben, dass es sich um eine Tarnvorrichtung handelt«, erwiderte Lekket. »Ich wünschte, ich könnte diese Ansicht teilen. Wie dem auch sei… Als wir die letzte in unsere Dienste gezwungene Crew darauf hinwiesen, weigerte sie sich, gegen den Marodeur zu kämpfen. Die davor geriet beim Kampf in Panik, wodurch ihr Schiff den Gimlon zum Opfer fiel.«
Janeway drehte den Computerschirm auf dem Schreibtisch zu sich herum und rief einige der Daten ab, die sie über den Marodeur gewonnen hatten. »Es ist keine Magie.«
Lekket massierte sich mit beiden Händen die Schläfen.
»Wenn Sie eine bessere Bezeichnung dafür haben, Captain –
ich würde sie gern hören. Wir können Ihnen nicht mehr
verraten, als Sie bereits wissen, denn einige unserer
Wissenschaftler nehmen an, dass der Marodeur eigentlich gar nicht verschwindet. Sie vermuten eine Art
Bewusstseinsmanipulation. Deshalb musste Ihre
Unvoreingenommenheit sichergestellt sein.«
»Bewusstseinsmanipulation?«, wiederholte Janeway. »Wenn Sie einen derartigen Verdacht hegen, so sollten Sie imstande sein, einen Beweis dafür oder dagegen zu finden.«
»Haben Sie eine andere Erklärung, Captain?«, fragte Lekket scharf. Für einige Sekunden verdrängte sein Zorn Müdigkeit und Erschöpfung. »Die Scanner zeigen nichts, keine Wrackteile, keine ungewöhnliche Strahlung…«
»Ihre Sensoren waren wahrscheinlich ebenso überladen wie unsere…«
»Ja, vielleicht sogar noch mehr. Wenn ein edesianisches Schiff unzerstört blieb, was selten genug geschah.«
Die Voyager wäre dem Marodeur ebenbürtig – wenn er nicht über die »magische« Möglichkeit verfügt hätte, einfach so zu verschwinden. »Sie haben darauf hingewiesen, das Gimlon-Schiff würde zurückkehren«, sagte Janeway. »Wann?«
»Bald. Den genauen Zeitpunkt kennen wir nie.«
»Ist es dann vollständig repariert?«
Lekket lachte leise und bitter. »Wir haben es nie stark beschädigen können, Captain.«
»Im Gegensatz zu meinem Schiff.«
Lekket sah auf und wirkte ermutigt – diesen Punkt schien er ganz vergessen zu haben. »Ja. Und wir sind dankbar…«
Janeway warf ihm einen scharfen Blick zu. »Ich bitte Sie, Commodore. Ersparen Sie uns überflüssige Plattitüden. Wir haben für Sie gekämpft, weil wir dazu gezwungen waren. Sie wollten, dass wir das Schiff zerstören…«
»Sie hätten es vernichten sollen, Captain. Dann wäre jetzt alles vorbei.«
Janeway schüttelte den Kopf. »Dann wäre jetzt alles vorbei, mag sein. Aber wie ich schon sagte: Ich töte niemanden ohne irgendeinen Grund.«
Lekket straffte die Schultern. »Grund gibt es genug«,
entgegnete er empört. »Massenmord. Kinder, die von ihren Familien getrennt und umgebracht werden. Medizinische
Experimente, unvorstellbares Leid…«
»Das behaupten Sie, Commodore. Und ich soll mich dabei allein auf Ihr Wort verlassen.« Ärger ließ Janeways Wangen glühen und formte einen heißen Kloß in ihrem Hals. »Ich vertraue keinem Mann, der gedroht hat, meine Crew zu töten, und der noch immer ein Henkerbeil über meinem Kopf
schweben lässt. Wir haben getan, was wir konnten. Jetzt verlange ich von Ihnen, dass Sie uns freigeben.«
Der Commodore schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht.«
Janeway hatte auch gar nicht mit einer positiven Antwort gerechnet. Sie musterte Lekket eine Zeit lang und versuchte, die Empörung aus sich zu verdrängen. Mit einem Wutausbruch kam sie nicht weiter. Und es brachte auch nichts zu schweigen.
»Wohin sind wir unterwegs?«, erkundigte sie sich.
Die Frage schien
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