Frontlinien
legitimes Mittel der Politik hielt?
Bolis hatte sie ebenso getäuscht wie Lekket und die ganze edesianische Flotte.
Aber warum zeigte er jetzt keine Bitterkeit? Immerhin musste er eine Niederlage hinnehmen.
»Ich habe gewonnen«, sagte Janeway schließlich.
Bolis zuckte andeutungsweise mit den Schultern, nur um darauf hinzuweisen, dass er die Worte gehört hatte.
»Glauben Sie nicht?« Janeway wusste natürlich, dass man nicht von einem Sieg sprechen konnte, solange die Voyager mitten im Nichts hing und zwei Völker versuchten, sich gegenseitig auszulöschen. Aber sie wollte in Erfahrung bringen, warum Bolis nicht glaubte, eine Niederlage erlitten zu haben.
»Es spielt keine Rolle, was ich denke. Darauf haben Sie selbst hingewiesen.«
Janeway nickte. Auf das Warum kam es tatsächlich nicht an –
und doch wollte sie Bescheid wissen. »Nennen Sie mir den Grund«, sagte sie nach einer kurzen Pause.
»Es war mein Job«, sagte Bolis in einem neutralen Tonfall.
Janeway runzelte die Stirn. »Sie haben es für Geld getan?«
Bolis wollte vortreten, aber der Sicherheitswächter hielt ihn fest. Der Edesianer warf ihm einen verärgerten Blick zu, wandte sich dann wieder an die Kommandantin. »Geld,
Macht…Es läuft aufs Gleiche hinaus.«
»Ganz im Gegenteil«, widersprach Tuvok. »Geld ist ein
Mittel. In einem freien Markt handelt es sich dabei um das konkrete Resultat des Verkaufs der eigenen Zeit. Macht ist die Möglichkeit zu kontrollieren, während Geld in einer freien Gesellschaft ein Instrument für den Handel darstellt.«
Bolis lächelte dünn und zuckte erneut mit den Schultern.
»Wie Sie meinen. Bei den Gimlon gibt es keinen freien Markt und deshalb bleiben Ihre Ausführungen ohne Bedeutung.«
Janeway sah zu Tuvok, der Bolis’ Worte mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis nahm. Die Fähigkeit des Vulkaniers, mit einem kaltblütigen Killer zu diskutieren, erstaunte sie. Er hatte einen Kommentar gehört, den er nicht widerspruchslos
hinnehmen konnte, und deshalb war er bereit gewesen, sich auf ein Gespräch mit Bolis einzulassen.
Nach einigen Sekunden kehrte Janeways Aufmerksamkeit zu Bolis zurück. »Jetzt haben Sie keine Möglichkeit mehr, das verdiente Geld auszugeben.«
Einmal mehr hob und senkte Bolis die Schultern. »Ich bin ein Profi, Captain. Bei jedem Geschäft gibt es ein Risiko.«
Aus irgendeinem Grund weckte das zusätzlichen Zorn in
Janeway. Dies war nur ein Job für ihn. Es steckte keine Leidenschaft dahinter, nicht der Versuch, ein politisches Ziel zu erreichen. Das Motiv beschränkte sich auf persönlichen Ehrgeiz, auf das Bestreben, eine Arbeit gut zu erledigen.
Bolis widerte sie an. Sie hätte ihm auf keinen Fall verzeihen können, aber wenn seine Taten auf der Überzeugung basierten, dass dem eigenen Leben Gefahr drohte, oder wenn er sie im Rahmen einer verzerrten Vorstellung von der Realität für
»richtig« hielt… Das war eine Sache. Doch Bolis hielt seine verräterischen Aktivitäten für eine besondere Fertigkeit, für eine Art künstlerisches Geschick, das es möglichst gut anzuwenden galt.
Janeway erinnerte sich noch einmal daran, dass dies alles jetzt keine Rolle spielte. Während sie noch darüber nachdachte und in Bolis’ gleichgültiges Gesicht blickte, flog eine edesianische Flotte zur Heimatwelt der Gimlon. Gleichzeitig hatte es der Marodeur auf Edesia abgesehen. Nur darauf kam es an. Und darauf, dass die Voyager in einem fremden Raumgebiet festsaß, von Feinden umgeben.
Wenn sie von Bolis die Informationen bekommen konnte, die nötig waren, um den Warp-Neutralisator zu deaktivieren, sodass er keine Strahlung mehr emittierte… Dann wurde die Voyager zu einem Warp-Neun-Schiff in einem Raumsektor mit Warp-Fünf-Schnecken. Dann konnte sie vielleicht die Vernichtung von zwei Welten verhindern.
Es lief auf Folgendes hinaus: Sie stand einem Gefangenen gegenüber, von dem sie eine wichtige Auskunft benötigte.
»Mr. Tuvok, bringen Sie ihn zur Krankenstation. Der Doktor soll ihm ein… Beruhigungsmittel geben. Etwas, das ihn
veranlasst, uns den Kode zu nennen.«
»Ja, Captain.«
Selbst das brachte Bolis nicht aus der Fassung, was Janeway bedauerte. Den Edesianer dazu zu zwingen, seine Maske aus grässlicher Professionalität fallen zu lassen… Das war fast ebenso wichtig für sie wie die Informationen, die er nicht preisgeben wollte.
Sie versuchte, diese Gedanken beiseite zu schieben.
Persönliche Wünsche mussten zurückstehen, wenn es darum ging,
Weitere Kostenlose Bücher