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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Ecke des Unterstandes saß Oberleutnant Peters auf einer Munitionskiste und schrieb seinen Tagesbericht. Neben ihm bullerte ein selbstgebastelter Ofen. Auf der glühenden Herdplatte, die früher einmal der Deckel einer Handgranatenkiste gewesen war, lagen vier Scheiben Kommißbrot, vom Obergefreiten Doelles liebevoll geröstet.
    »Setz dich, Spieß, du kriegst auch eine ab«, sagte Doelles gönnerhaft. Er saß auf einem beachtlichen Stapel sauber gehackten Brennholzes.
    »Schön warm, was«, sagte Oberleutnant Peters anerkennend.
    »Das Holz …«, stotterte Müller.
    »… das hat der Doelles organisiert. Toll, was?« strahlte Peters. »Vor einer halben Stunde kommt er doch in meinen eiskalten Bunker und sagt: ›Kommen Sie doch mal zu mir. Ich hab's mollig warm.‹ Ja, wenn wir diesen Doelles nicht hätten.«
    Müller nickte grimmig. »Ja, wenn wir den nicht hätten.«
    »Was wollen Sie denn von ihm? Ist endlich Nachricht von seiner Lore gekommen?« fragte Peters.
    »Wenn er noch mal nach dieser Lore fragt, kann die ganze Kompanie kaltes Dörrgemüse fressen«, sagte Müller geheimnisvoll und sah Doelles mit drohendem Blick an.
    »Hier haste was Warmes.« Doelles hatte eine Toastschnitte mit dem Seitengewehr von der Ofenplatte gespießt und hielt sie Müller unter die Nase. »Du siehst ja ganz schlecht aus.«
    Müller schluckte krampfhaft und wischte sich mit einer müden Bewegung die Stirn.
    »Sind Sie krank, Müller?« erkundigte Peters sich besorgt.
    »Ein bißchen.« Müller schielte wieder nach dem Holzhaufen, auf dem Doelles wie ein grinsender Götze thronte. »Es ist wie eine Zwangsvorstellung, Herr Oberleutnant. Ich kann kein Holz mehr sehen.«
    Damit baute er sein Männlein und verschwand.
    Der Küchenbulle wartete schon, als Müller kurz nach Mitternacht zum Troß zurückkam.
    »Na«, fragte er begierig, »haste den Doelles abgemurkst?«
    Müller winkte müde ab. »Es gibt Situationen«, sagte er weise, »in denen höhere Gewalt gerechte Handlungen verhindert.«
    Seit zwei Tagen fuhr der Zug über die verschneiten Ebenen Rußlands. Am Fenster eines überfüllten Abteils lehnte ein junger, schmächtiger Mann in einem blauen Wintermantel.
    Er hatte ein Loch in die eisbezogene Scheibe gehaucht und starrte in die endlose Weite der schneebedeckten Eintönigkeit.
    Das ist also Rußland, dachte er. Das Land Tschaikowskis und Mussorgskis. Hier haben Tolstoi gelebt, Dostojewski, Tschechow …
    »Zugkontrolle!« schrie eine Stimme in die offene Abteiltür. »Soldbücher und Marschpapiere vorzeigen!«
    Ein Unteroffizier mit dem Blechschild der Feldgendarmerie auf der Brust drängte sich herein.
    »Was will denn der Zivilist hier?« Er musterte den jungen Mann mit dem langen, unsoldatischen Haarschnitt mißtrauisch. »Geben Sie mir doch mal Ihre Papiere!«
    »Karl Pykora«, las er aus dem Marschbefehl. »Warum sind Sie nicht in Uniform?«
    »Ich bin nicht Soldat«, sagte Pykora entschuldigend. »Ich bin Pianist und soll zum Fronttheater nach Smolensk.«
    »Klavierspieler.« Der Unteroffizier gab ihm mit einer verächtlichen Bewegung die Papiere zurück. »Das ist doch heutzutage keine Beschäftigung für einen Mann. Warum sind Sie nicht Soldat wie jeder anständige Mensch?«
    »Ich habe einen Herzfehler«, sagte Karl Pykora leise. »Ich bin untauglich geschrieben worden.«
    Der Unteroffizier starrte verblüfft in das schmale, blasse Gesicht des Pianisten. Sein Gesicht lief rot an. Dann brach ein brüllendes Gelächter aus seinem Mund.
    »Menschenskind«, keuchte er. Er verschluckte sich an seinem Lachen und bekam einen Hustenanfall. »Das ist der allerbeste Witz, den ich im letzten Jahr gehört habe. Als Soldat biste zu schlapp. Aber in Zivil wirste trotzdem nach Rußland verschaukelt!« Er wischte sich die Lachtränen aus den Augen. »Das ist das Schöne an diesem Krieg: Keiner kann sich drücken!«
    Es war schon dunkel, als Karl Pykora in Smolensk aus dem Zug kletterte. Ein mitleidiger Kraftfahrer brachte ihn zum Quartier der Fronttheatertruppe Fritz Garten.
    Zwei Männer und zwei Frauen sahen ihm erwartungsvoll entgegen, als er ins Zimmer trat.
    »Karl Pykora«, stellte er sich mit einer steifen Verbeugung vor. »Ich bin der neue Pianist.«
    »Na, endlich!« Walter Meyer sprang auf und schlug ihm so herzhaft auf die Schulter, daß der kleine Pykora fast in die Knie ging. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehnsüchtig ich dich erwartet habe.«
    »Das – das freut mich«, stammelte Pykora, verwirrt

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