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Froschkuss (German Edition)

Froschkuss (German Edition)

Titel: Froschkuss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Berlin
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trug dunkelblaue Anzüge, die perfekt saßen, und blickte mit seinen hellblauen Augen fast immer selbstbewusst in die Kamera. Sein schütteres blondes Haar war millimeterkurz geschnitten und er war auf allen Bildern braungebrannt, wie jemand, der im Sommer segelt und im Winter auf den Skipisten der Welt zu finden ist. Bernd Blome kam eigentlich aus München, hatte dort ein Volontariat gemacht und dann einige Zeit bei der Bild-Zeitung gearbeitet. Dort machte er in kurzer Zeit Karriere, doch aus nicht weiter zu recherchierenden Gründen verließ er das Blatt wieder. Kurze Zeit später lancierte er seine erste eigene Zeitung, ein großformatiges Stadtmagazin für Hamburg, das er „Live“ nannte und den gesamten Stadtmagazin-Markt revolutionierte, weil es wie ein internationales Magazin gestaltet war und neben den üblichen Tipps für Konzerte und Veranstaltungen auch coole Modestrecken und Lifestyle-Reportagen enthielt. Seitdem hatte Blome ein Stadtmagazin nach dem anderen herausgebracht oder schon vorhandene Titel aufgekauft und nach seiner Fasson umgestaltet. Bernd Blome war ein Macher, das wurde mir nach einiger Zeit bewusst. Alles, was dieser Mann anfasste, wurde zu Gold. Ob Citylight sein nächstes Projekt war? Wollte er sich unser kleines Magazin einverleiben, um es in seine „Publikationenpalette“ wie es auf der Webseite von Nordmedia hieß, aufzunehmen? Was würde das für uns bedeuten? Würde Lars weiter Chefredakteur bleiben oder würde das gesamte Team ausgetauscht werden? Ich tippte Celine Hartmann, so hieß meine Lieblingskonkurrentin mit Nachnamen, in das Suchfeld ein, auch in Kombination mit Bernd Blome Nordmedia, aber das brachte nicht viel. Ich fand nur einen kleinen Artikel im Hamburger Abendblatt, dort war sie mit einer Gruppe anderer jungen Mädels abgebildet, die an einem Catwalk-Training teilgenommen hatten. Eine Verbindung zwischen ihr und Blome, die Betty bei unserem Treffen angedeutet hatte, konnte ich nicht finden. Mein Handy, das in meiner Tasche neben dem Schreibtisch steckte, piepte. Ich hatte eine SMS von Sophie bekommen: WICHTIG: Dominic und ich sind um acht in der Traumfabrik! Kommst du? Ich simste zurück: Klar bin ich dabei!
     
    Die Traumfabrik, in Kiel auch Trauma genannt, kannte ich noch aus meiner Studienzeit, denn hier konnte man zu vernünftigen Preisen essen, aber es gab auch ein Kino und Konzert- und Partyveranstaltungen. Seit einiger Zeit fanden hier am Mittwoch immer Salsa-Tanzkurse statt, hatte ich gehört, aber das war nicht so mein Ding. Ich fuhr mit dem Fahrrad, denn ich hatte Lust etwas zu trinken, außerdem war es zwar kühl, aber es regnete wenigstens nicht. Ich war gespannt, warum Dominic und Sophie sich mit mir treffen wollten, normalerweise hatten wir außerhalb der Redaktion nur wenig Kontakt. Ich drückte die schwere Eingangstür des bunt bemalten ehemaligen Industriegebäudes auf, ging an dem Empfangstresen vorbei, an dem eine junge Frau mit orange gefärbten Haaren und lila Batikhemd in das Zählen von Geldscheinen vertieft war, und betrat das Restaurant, das wie immer voll war, und zwar im unteren Bereich, aber auch ein Stockwerk höher, wo man ebenfalls sitzen konnte. Mist, sollte ich jetzt hier umherirren, bis ich die beiden endlich gefunden hatte? Ich ließ meinen Blick durch den riesigen Raum gleiten, der mit Stimmengewirr angefüllt war. Die Holzwände und -balken an der Decke und das altmodische Geländer, das den oberen Bereich abgrenzte, erzeugten eine urige und gemütliche Atmosphäre. An den dunkelbraunen Tischen saßen salopp gekleidete Studenten, Spätemanzen in bunten Kleidern, aber auch ältere Männer und Frauen, die sich wahrscheinlich hier in ihre Jugend zurückversetzt fühlten, denn dieses „multikulturelle“ Zentrum gab es schon ewig und war in Kiel so etwas wie eine Institution. Ich ging die Treppe hoch und fand meine Kollegen schließlich an einem Vierertisch: „Da bist du ja“, begrüßte mich Sophie lächelnd und auch Dominic nickte freundlich. Ich setzte mich und schob meine Tasche unter meinen Stuhl: „Habt ihr schon was bestellt?“
    „Ne!“, antwortete Dominic, der mir schräg gegenüber saß und einen selbst gestrickten grauen Rollkragenpulli trug, der am Hals unheimlich kratzen musste. Mit seinen bleichen und schwarz behaarten Fingern puhlte er an der Speisekarte: „Wir wollten auf dich warten. Willst du mal gucken?“ Sophie, die neben mir Platz genommen hatte und heute ein tailliertes T-Shirt und Shorts trug, wartete,

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