Froschkuss (German Edition)
seitlich übereinandergeschlagen. Ihre rechte Hand lag auf der Maus, mit der sie sich offensichtlich durch eine Bildergalerie klickte. „Die Fotos sind ja fantastisch geworden“, bemerkte Lars, der sich mit seinem Unterarm auf der Rückenlehne des Stuhls von Celine aufstützte, wobei er mit den Fingerspitzen wie zufällig ihre Schulter berührte. „Was ist so fantastisch?“, fragte ich, und alle blickten auf und in meine Richtung. „Moin erst einmal“, erwiderte mein Chef und drehte sich zurück zu dem Bildschirm. „Die Fotos von dem Casting sind einfach nur super geworden“, wiederholte er und Sophie und Dominic nickten zustimmend. Lars beugte sich nach vorne und ergriff die Maus, wobei er – wie ich fand – zärtlich die Hand von Celine beiseiteschob, und klickte auf ein Foto, um es im Vollbildmodus zu betrachten: „Hammer! Das wird unser Titelfoto für die Maiausgabe!“ Neugierig wie ich nun einmal war, hatte ich mich klammheimlich hinter die Reihe meiner Kollegen gestellt und lugte durch eine kleine Lücke auf den Bildschirm. „Die erste Folge von ‚Blond, jung probiert’ wird einschlagen wie eine Bombe.“ Das Foto war wirklich super, das musste ich mir innerlich eingestehen. Celine stand vor einem neutralen eierschalenfarbenen Hintergrund, in einem engen goldenen Paillettenkleid, leicht nach vorne in Richtung Kamera gebeugt und lächelte verführerisch. Ihre kinnlangen rotblonden Haare schimmerten ebenfalls wie Gold und wurden von einer Windmaschine wildelegant aufgeplustert. Ich schluckte trocken: „Hast du den Job für den Werbespot eigentlich bekommen?“, fragte ich heiser, und Sophie, Dominic und auch Lars drehten sich erschrocken zu mir um. „Huch, was machst du denn hier?“, entfuhr es Dominic, der nervös an dem letzten Knopf seines weißen Leinenhemdes nestelte. Celine blickte mich an Dominic vorbei an: „Ne du, aber darauf kommt es ja auch nicht an.“
„Herr Clausen, Besuch für Sie!“ Gitti stand in der Tür zu unserem Redaktionsraum, eine Visitenkarte in der Hand, und blickte unseren Chef streng über den Rand ihrer Lesebrille an, die an einer Halskette befestigt war: „Herr Blome wartet schon seit zehn Minuten.“ Lars fasste sich an den Kopf: „Mist, das habe ich ganz vergessen.“ Er erhob sich und lächelte Celine noch einmal anerkennend zu: „Schicke das Foto bitte per Mail an Betty, die soll mal gleich den Titel mit deinem Foto basteln.“ Betty war unsere Grafikerin und hatte vor drei Monaten ein Baby bekommen, von wem, wussten wir alle nicht. Sie arbeitete zurzeit von zu Hause aus, denn sie war eine begnadete Layouterin, auf die Lars auf gar keinen Fall verzichten wollte. In diesem Moment fiel mir ein, dass ich versprochen hatte, sie einmal zu besuchen. „Ich fahr’ heute sowieso bei ihr vorbei“, erwiderte ich, „da kann ich ihr das Foto auf einen Stick ziehen und vorbeibringen“, sagte ich kooperativ zu meiner Rivalin. „Von mir aus“, erwiderte sie und zog gleichgültig ihre ausdrucksstarken Augenbrauen nach oben. Ich ging in unsere Küche, um mir einen Kaffee zu holen, und begegnete Dominic, der sich gerade einen grünen Tee aufbrühte. Zu seinem weißen bis oben zugeknöpften Hemd trug mein Kollege eine unten ausgestellte braune Stoffhose und schwarze Mokassins, deren Schleifen nicht fest zugezogen waren und deshalb seitlich schlapp herunterhingen. Er rührte in seinem Tee, während ich darauf wartete, dass unsere Profikaffeemaschine mir einen perfekten Café Creme servierte. „Du Sonia“, sagte Dominic leise und blickte mich konspirativ an, während er mit der linken Hand die Tür zu unserer Küche zuzog. „Ich muss mal mit dir reden.“ „Schieß los“, erwiderte ich ungeduldig, in der Hoffnung, dass er jetzt nicht mit mir über ein neues Buch reden wollte, denn wenn er einmal über sein Lieblingsthema Literatur zu plaudern begann, war kein Ende abzusehen. Er trank einen Schluck Tee und räusperte sich. „Dieser Herr Blome ist Geschäftsführer von Nordmedia aus Hamburg“, sagte er schließlich, „es gibt Gerüchte, das Citylight verkauft werden soll.“ Ich wurde schlagartig hellhörig und stellte mich mit meiner Tasse Kaffee neben ihn, wobei ich vermied auf seine gruseligen Schuhe zu gucken. „Wie kommst du denn darauf?“, wisperte ich.
„Ich hab’ einen Freund, der bei einer Zeitschrift aus diesem Verlag arbeitet, und dort kursiert dieses Gerücht schon längere Zeit. Zunächst habe ich nicht viel darum gegeben, du weißt selbst wie
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