Frost, Jeaniene
sein werden. Bei einem Menschen ist ein früher
Tod garantiert. Wäre die Situation umgekehrt, wärst du dann bereit, Charles
sterben zu lassen, obwohl du es verhindern könntest? Erinnerst du dich nicht
mehr daran, was du gesagt hast, als du Randys Leiche fandst? Du hast mich
angeschrien, ihn wieder in Ordnung zu bringen. Dazu war es zu spät, aber wäre
dem nicht so gewesen, hättest du verlangt, dass ich tue, was immer nötig ist,
um dafür zu sorgen, dass du und Randy weiterhin zusammen sein könnt.«
Erinnerungen
drängten sich schonungslos in ihr Bewusstsein. Vampire
überall, mit Blut und Schmutz beschmiert. Sie rutscht auf etwas Dunklem und
Glitschigem aus. Ein Fleck auf dem Boden, der zur Küche hin breiter wird.
Grünes Licht aus den Augen eines vorbeigehenden Vampirs beleuchtet die großen,
unförmigen Klumpen vor ihr. Was ist das?
Ihr
benommener Blick analysiert die Formen, und sie würgt. Körperteile einer Person überall um
sie herum. Das Leuchten des Blicks eines anderen Vampirs spiegelt sich in etwas
Glänzendem an dem kleinen Klumpen neben ihrem Bein. Es ist eine Hand, die einen
vertrauten goldsilbernen Ehering trägt...
»Du hast
recht«, stimmte Denise zu, ihre Stimme heiser vor Kummer. »Ich hätte alles
getan, damit wir zusammenbleiben können.«
Bones hob
eine Augenbraue. »Dann musst du dich jetzt selbst fragen, ob du das Gleiche für
Charles empfindest?«
Spade
marschierte auf dieselbe Weise durch die Vordertür des Herrenhauses, wie er das
Gebäude am Tag zuvor betreten hatte - ohne mit jemandem zu sprechen, ging er
geradewegs zu einem bestimmten Ort. Diesmal jedoch nicht nach oben zu den
Schlafzimmern. Sein Ziel lag tiefer, unter dem Untergeschoss, das als
Wohnquartier für ein halbes Dutzend Menschen diente, die hier dauerhaft
lebten: der bewachte Eingang des Kellers. Der Wache haltende Vampir öffnete
wortlos die Tür, um Spade in den schmalen, betonverstärkten Gang zu lassen, in
dem sich lediglich zwei Türen befanden, an gegenüberliegenden Enden. Rings um
diese beiden Räume waren die Wände so dick, dass Spade keinen Herzschlag
vernehmen konnte, der ihm verraten hätte, in welchem sich Nathanial befand.
Er befand
sich im ersten Raum, in dem Spade nachsah, und schlief auf der schmalen
Pritsche. Der Raum war bar aller Annehmlichkeiten, da es sich um eine
Sicherheitszelle für soeben verwandelte Vampire handelte. Ein Vampir brauchte
einige Tage bis zu einer Woche, um den überwältigenden Hunger zu beherrschen,
der ihn dazu bringen würde, jeden Menschen in der Nähe zu töten. Das war der
Grund dafür, warum diese Räume perfekt dafür geeignet waren, den Gestaltwandler
festzuhalten. Ganz gleich, welche Form Nathanial auch annehmen mochte, er war
nicht imstande, die Mauern zu durchbrechen, die errichtet worden waren, um
selbst einem tobenden Neuvampir standzuhalten.
Doch
Nathanial hatte seine normale Gestalt nicht verändert. Dennoch schloss Spade
die Tür hinter sich, bloß für den Fall; die Automatikschlösser verriegelten
sie. Er würde die Gegensprechanlage benutzen müssen, um die Wache zu
informieren, wenn er wieder rauswollte.
»Wach
auf«, sagte er und schüttelte den Mann.
Nathanial
sprang mit einer hastigen Bewegung hoch, die Spade dazu veranlasste, ihn mit
ausgefahrenen Fangzähnen gegen die Wand zu pressen; der versuchte Überraschungsangriff
ließ den Zorn in ihm aufbrodeln. Sobald Nathanials Augen jedoch vollends auf
Spade konzentriert waren, verließ die Kraft seine Glieder.
»Oh, du
bist's«, sagte Nathanial und sackte zusammen. »Du hast mich erschreckt.«
Spade
stieß Nathanial auf die Pritsche zurück. »Soll ich etwa glauben, dass das ein
Versehen war?«, fragte er mit vor Sarkasmus triefender Stimme.
Diese
haselnussbraunen Augen, die denen von Denise viel zu ähnlich waren, blickten zu
ihm auf. »Du hast keine Ahnung, was normalerweise geschieht, wenn sich jemand
auf mich stürzt, während ich schlafe. Ich habe gelernt, kämpfend aufzuwachen.«
Das konnte
Spade sich vorstellen, sich aber immer noch nicht dazu durchringen, den Mann zu
bedauern. Nicht nach dem, was Nathanial Denise - und jetzt ihn - gekostet
hatte, doch zumindest bereitete Spade die Erinnerung an das Abschlachten von
Webs Leibwächtern jetzt noch mehr Freude. Niemand
verdient es, nach so etwas weiterzuleben.
»Du kannst
vor mir absolut sicher sein«, erwiderte Spade. »Ich bin hier, um alles zu erfahren,
was du über das Töten von Dämonen weißt.«
Das
entlockte Nathanial ein
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