Frost, Jeaniene
alles bis ins letzte Detail
geplant, was?«
Nicht bis
ins letzte Detail, sonst hättest du nicht mitbekommen, wie ich Black Jack
umgebracht habe. »Ich bemühe mich, vorausschauend zu denken«, sagte
Spade nur.
Sie atmete
tief durch. »Und jetzt suchen wir Web?«
»Jetzt
suchen wir Web.«
Meine
neuen Decknamen machen mir all die schönen Bonusmeilen kaputt, dachte
Denise, während sie mal wieder eine Gangway verließen. In den vergangenen zwei
Wochen war sie öfter geflogen als in den gesamten fünf Jahren zuvor. Web,
hatte Spade ihr erklärt, lebte angeblich in Monaco, und so waren sie wieder
nach Europa gereist. Sie hatte keine Ahnung, was Spade vorhatte, falls sie Web
tatsächlich finden sollten ... Etwa an seiner Haustür klingeln und fragen, ob
man ihm die Grundlage für sein übernatürliches Drogengeschäft entwenden
dürfte? Oder einfach jeden umbringen, der ihnen in die Quere kam, bis nur noch
ihr verschollener Verwandter, Nathanial, übrig war?
Doch sie
hatte gar nicht näher nachfragen wollen, weil sie sich ohnehin schon ziemlich
scheinheilig vorkam. Gerade eben noch hatte sie Spade dafür verurteilt, dass er
Black Jack ermordet hatte, dabei hatte er es nur für sie getan. Und jeder, den
er auf ihrer Suche nach Nathanial sonst noch umbringen musste, würde im Grunde
ebenfalls auf ihr Konto gehen. Wenn das hier vorbei war, würde an ihren Händen
ebenso viel Blut kleben wie an seinen, da konnte sie ihre Abneigung gegen
Gewalt noch so sehr betonen. An diesem Wissen lag es auch, dass ihre Emotionen
irgendwo zwischen Schuldbewusstsein, Frustration und Angst hin und her
pendelten. Sie hatte ebenso viele Leute auf dem Gewissen wie Spade, und wenn
sie Glück hatten, würde sogar alles noch
schlimmer werden. Was, wenn Web sich überhaupt nicht ausfindig machen ließ?
Und was,
wenn Spade aus seinem nächsten Kampf auf Leben und Tod nicht als Sieger
hervorging?
Der
Gedanke hatte Denise während der letzten beiden Tage zwischen Flügen und
Hotelaufenthalten keine Ruhe mehr gelassen. Was für ein gefährliches
Unterfangen es sein würde, Nathanial zu entführen, war ihr durch Black Jacks
Reaktion auf ihr Blut erst richtig klar geworden. Spade hatte anfangs die
Verantwortung für die Suche nach ihrem Verwandten gerade deshalb nicht
übernehmen wollen, weil der womöglich einem anderen Vampir gehörte. Inzwischen
wussten sie, dass alles noch viel schlimmer war. Nathanial gehörte nicht nur
einem Vampir; er war sogar die alleinige Grundlage eines riesigen
Drogenkartells, und jeder, der ihn in seine Gewalt bekam, würde nicht zögern,
seinen Besitz durch Mord zu verteidigen. Wie konnte sie unter diesen Bedingungen
von Spade verlangen, dass er weiter nach Nathanial suchte? Spades
Überlebenschancen in dieser Hinsicht waren etwa so schlecht wie die Randys, als
er am Silvesterabend die Treppe in jenem Haus hinaufgestiegen war.
Im Grunde
genommen verhielt sie sich auch wieder genauso wie in dieser Nacht: Sie
verkroch sich, während andere sich den Monstern stellten. Aber damit war es
jetzt vorbei. Spade hatte recht; sie war nicht mehr die Gleiche wie damals.
Wäre nur ihr Leben in Gefahr gewesen, hätte sie die Suche nach Nathanial
eingestellt und sich einfach immer weiter vor Rom versteckt. Sie hätte mit den
Zeichen gelebt - und wäre mit ihnen gestorben. Aber Rom würde nicht aufhören,
Nathanial zu suchen, und er würde ihre Angehörigen einen nach dem anderen
umbringen, bis er ihn gefunden hatte. Setzte sie ihre Suche nach Nathanial
fort, würde Spade das womöglich mit dem Leben bezahlen müssen. Tat sie es
nicht, verurteilte sie ihre gesamte Familie zum Tod - und alles nur, weil
irgendeiner ihrer Vorfahren übernatürliche Kräfte hatte besitzen wollen und
sich in den Kopf gesetzt hatte, sie von einen Dämon zu erlangen.
Wer du
auch sein magst, Nathanial, dachte Denise zum hundertsten Mal, ich hasse dich wie die Pest.
Spade
holte ihr Gepäck ab, dann machten sie sich auf den Weg zum Flughafenausgang.
Draußen wurden sie zu Denises Überraschung von Alten und einem zweiten Mann erwartet,
der vermutlich ebenfalls ein Vampir war und an einem geparkten Wagen lehnte.
»Spade.«
Alten trat lächelnd vor.
Spade
umarmte den Mann kurz und reichte dem anderen ihr Gepäck. Definitiv ein Vampir,
dachte Denise, als sie sah, wie er alles mit einer Hand nahm, als wäre das eine
seiner leichtesten Übungen.
»Freut
mich, dich wiederzusehen, Denise«, begrüßte Alten sie.
»Mich
auch«, antwortete Denise und meinte
Weitere Kostenlose Bücher