Frost
wehtut.»
«Nicht so schlimm.»
Ich hatte gestern Nacht die Gaze aus Syls Rucksack benutzt, um meine Hand zu verbinden, aber jetzt hatten sich dunkle Flecken darauf gebildet. Ich nahm mir vor, den Verband zu wechseln, sobald ich wieder im Zimmer wäre.
«Bringst du ihr ein bisschen was zu essen mit, wenn du fertig bist?», fragte Caroline. «Essen hilft meistens.»
«Carol», sagte Marcus. «Warum spielst du nicht endlich deine verdammten Karten und hörst auf, dem armen Mann ein Ohr abzukauen, während er essen möchte?»
«Halt du dich da raus.» Caroline schaute mich an, ihre Augen hinter den Brillengläsern waren geschwollen. «Gehe ich dir auf die Nerven, Nate? Wenn ja, tut es mir leid.»
«Nein, gar nicht.»
Sie wandte sich wieder an Marcus. «Ich gewinne doch sowieso, warum bemühst du dich überhaupt?» Sie ließ einen Stapel Chips in die Tischmitte fallen und drehte ihre Karten um. «Holst du mir noch ein bisschen Kaffee, bitte?»
Marcus schaute zwischen seinen und Carolines Karten hin und her, grunzte und stand auf. Er nahm ihren Becher und ging zur Kaffeekanne. Dabei murmelte er vor sich hin.
«Marcus ist dieses Jahr in den Ruhestand gegangen», sagte sie. «Er kommt damit nicht so gut zurecht, gerade jetzt nicht, wo die Wirtschaft in der Krise steckt.»
Ich nickte verständnisvoll. Aber eigentlich konnte ich mir nichts Besseres vorstellen, als nicht zur Arbeit zu müssen.
Aber vielleicht war ich ein Einzelfall.
Marcus schrie auf, dann hörte man, wie die Kaffeekanne auf das Stövchen knallte. «Dieses Scheißding, verdammter Mist!»
Caroline schüttelte den Kopf und lächelte. «Nimm doch den Topflappen, Schätzchen.»
«Danke, Liebling», sagte er.
Sie streckte die Hand aus und legte sie auf meinen Arm. Sie fühlte sich weich an. Irgendwie mochte ich Caroline. «Marcus ist ein Dichter», sagte sie. «Sogar ein guter.»
«Ehrlich?»
«Marcus, lies ihm mal eins deiner Gedichte vor.»
«Er will doch gar keins meiner Gedichte hören.»
«Woher willst du das wissen? Vielleicht liebt er ja Lyrik.»
Marcus kam mit Carolines Kaffeebecher zurück an den Tisch. Er stellte ihn vor ihr ab und schaute mich an.
«Magst du Lyrik, Nate?»
Ich erwiderte, dass ich nicht viel von Lyrik verstand.
Er schaute Caroline an. «Siehst du? Was hab ich gesagt?»
Caroline runzelte die Stirn. «Na, wenn es dir peinlich ist.»
Marcus murmelte kaum hörbar vor sich hin, dann setzte er sich, zog einen silbernen Flachmann aus seiner Jackentasche und öffnete ihn. «Ich gewinne doch sowieso nicht.»
Er goss einen guten Schuss in seinen Kaffee und noch einen in Carolines Becher.
«Ich arbeite daran», sagte Caroline. «Er wird dir noch eins vorlesen, bevor der Highway wieder offen ist, wirst schon sehen.»
Marcus lehnte sich zurück. Caroline tippte auf den Rand ihres Bechers. «Jetzt sei mal nicht so knauserig.»
Marcus gab ihr den Flachmann, und sie reichte ihn mir.
«Möchtest du einen Schluck, Nate?»
Ich schüttelte den Kopf und sah zu, wie sie noch einenSchuss in ihren Kaffee goss, bevor sie das Fläschchen auf den Tisch stellte.
«Wenn du deine Meinung änderst, musst du nur ein Wort sagen.»
Ich nickte und wandte mich wieder meinen Rühreiern zu.
Ich hatte gerade den ganzen Teller aufgegessen, als Butch wiederkam. Er hatte eine Kühltasche bei sich, auf der zwei Brote lagen.
«Das ist leider alles», sagte er. «Was hier übrig bleibt, lege ich in die Kühltasche und stelle es hinaus in den Schnee, damit es nicht schlecht wird. Wer weiß, wann der Kühlschrank wieder anspringt.»
«Irgendwas Neues über die Straßen gehört?», fragte Marcus.
«Ich fürchte, nein», sagte Butch. «In den Nachrichten sagen sie, dass morgen noch mehr Schnee kommt.»
«Sicher?»
Butch nickte. «Sieht nicht gut aus da draußen.»
Das wollte ich einfach nicht glauben, also tat ich es auch nicht.
Stattdessen leerte ich meinen Kaffee und stand auf, um mir noch einen zu holen.
Butch nahm Lebensmittel aus dem Kühlschrank und packte sie in die Kühltasche. Als er mich sah, sagte er: «Schön, dass du hier bist, Minnesota. Wie geht’s der Freundin?»
«Nicht so gut», sagte ich. «Ich wollte ihr einen Teller mitbringen, wenn Sie nichts dagegen haben.»
«Gar nichts. Greif zu.» Er schaute sich auf dem Tisch um. «Irgendwo muss noch ein bisschen Alufolie sein. Wir können das Essen einwickeln, damit es nicht gefriert, bis es bei ihr ist.»
Ich wollte gerade nach einem Pappteller greifen, aber Butch nahm einen
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