Frost
richtigen Teller aus dem Regal.
«Leichter zu tragen», sagte er. «Das Pappding fällt doch auseinander.»
Ich nahm den Teller und schaufelte Rührei und Speck darauf. Den Speck würde sie ganz sicher essen, aber das Ei bestimmt nicht. Trotzdem wollte ich, dass sie die Wahl hatte. Wenn sie es nicht wollte, würde ich es eben nehmen.
Butch fand die Folie und gab sie mir.
Ich wickelte den Teller ein und dankte ihm.
«Keine Ursache», sagte er. «Aber bring ihn wieder zurück, wenn ihr fertig seid, bitte.»
Ich nickte, dann zog ich meinen Mantel an und verabschiedete mich von Caroline und Marcus.
Ich musste an Megans Tisch vorbei. Sie schaute mich nicht an. Im Vorbeigehen sah ich gezackte Narben an ihren Handgelenken. Ich ging einfach weiter und tat, als hätte ich nichts bemerkt.
16
Jemand hatte die Wege zwischen den Häusern freigeschaufelt, deshalb war der Rückweg einfacher. Ich wollte mich beeilen, aber gleichzeitig wusste ich, dass es egal wäre. Die Eier würden sowieso kalt sein.
Über den Parkplatz ging ich zu unserem Zimmer. Als ich näher kam, hörte ich eine Männerstimme, dann Saras Lachen.
Nein, kein Lachen. Gekicher.
«Ob du’s glaubst oder nicht», sagte der Mann. «Es ist die reine Wahrheit.»
Mehr Gekicher.
Ich bog um die Hausecke und blieb stehen.
Sara stand in der Tür zu unserem Zimmer. Sie trug ihren Morgenmantel und hielt ihn mit beiden Händen vorne zusammen.
Der Mann hatte mir seinen Rücken zugewandt, aber ich wusste sofort, wer er war.
Sara sah mich und versuchte zu lächeln.
Sie sah besorgt aus.
«Hey, Nate», sagte sie. «Das ist unser Nachbar Zack. Er arbeitet hier.»
Zack drehte sich um und musterte mich. Dann streckte er die Hand aus.
Ich zögerte kurz und ergriff sie.
«Freut mich, Sie kennenzulernen», sagte er.
Ich sah über seine Schulter zu Sara.
Sie zuckte die Achseln.
«Ich war grad hier draußen und habe Schnee geschippt, da hab ich gedacht, dass ich mich mal vorstelle», sagte er. «Dann hab ich mich mit Ihrer Freundin unterhalten, und ich hab ein bisschen die Zeit vergessen.»
«Verlobte.»
«Was?»
«Verlobte», wiederholte ich. «Nicht Freundin.»
Zack starrte mich einen Moment lang an, dann verzog sich sein Mund zu einem Lächeln, das ein paar einzelne nikotingelbe Zähne entblößte. «Mein Fehler.»
«Kein Problem», sagte Sara. «Stimmt doch, Nate?»
«Nein», sagte ich. «Kein Problem.»
Zack schaute mich unverwandt an, und das Lächeln war scheinbar auf seinem Gesicht festgefroren. «Das ist aber ein ordentlicher Kratzer, den Sie da haben», sagte er. «Wo haben Sie sich den denn geholt?»
Ich berührte die Narbe auf meiner Stirn. «Lange Geschichte.»
Zacks Augen verengten sich. «Das glaub ich gern.»
Einen Moment lang sagte niemand etwas, dann sagte Sara: «Zacks Onkel gehört das hier alles.»
«Butch?»
«Das bedeutet vor allem, dass ich alles tun muss, wozu er keine Lust hat. Und die Liste wird jedes Jahr länger.»
«Er wirkt doch ganz aktiv.»
«Ja, wenn er will», sagte Zack. «Er tut so, als wäre er alt und gebrechlich, aber das ist er gar nicht. Glauben Sie mir, der alte Sack wird noch ewig hier herumhängen.»
«Wohnen Sie das ganze Jahr hier?», fragte Sara.
«Ja», sagte er. «Es geht doch nichts über mietfreies Wohnen, jedenfalls nicht in diesem Leben.»
Sara sah mich an. «Zack hat mir ein paar verrückte Dinge erzählt, die er hier erlebt hat.»
«Wirklich?»
«Erzählen Sie ihm doch mal die Geschichte von dem Pärchen mit den Babypuppen!»
Zack zog die Schaufel über den überdachten Weg. Das Geräusch hallte laut wider. «Ich will Sie nicht hier in der Kälte festhalten. Vielleicht haben wir ja später noch die Gelegenheit, uns zu unterhalten. Vermutlich werden Sie ja eine Weile hier festsitzen.»
«Warum das denn?» Sara schaute zu mir. «Was ist denn los?»
Ich sagte ihr, dass die Nachrichten einen weiteren Schneesturm vorhergesagt hatten.
«Und was ist mit den Schneepflügen?»
«Wir sehen ja, was kommt.»
Zack beobachtete uns. «Sind Sie beide in Eile?»
«Nein, wir wollen nur weiter.» Ich gab Sara den Teller. «Rühreier mit Speck, inzwischen vermutlich kalt. Meinst du, du kannst das bei dir behalten?»
Sie nahm den Teller, ohne zu antworten.
«Sind Sie krank?», fragte Zack.
Sara zuckte die Achseln. «Nur schwanger.»
Zacks Augen weiteten sich. «Ehrlich? Gott segne Sie, das ist ja toll.»
Sara lächelte, und zum ersten Mal seit Tagen hatte sie wieder etwas Farbe im Gesicht.
«So toll
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