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Frostblüte (German Edition)

Frostblüte (German Edition)

Titel: Frostblüte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Marriott
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mit einer Hand nach hinten greifen konnte und –
    Arian ließ augenblicklich los und sprang zurück. Seine Augen waren weit aufgerissen und sein Mund stand offen.
    Unter dem Johlen und Klatschen der anderen Bergwächter – Livia krümmte sich vor Lachen und bekam kaum Luft, ihr Gesicht war knallrot – sagte ich: »Das hast du mir nicht zugetraut, oder?«
    »Ich bin nur froh, dass du kein Messer hattest«, sagte er und verschränkte die Arme. »Eigentlich ging es bei dieser Lektion darum, dir zu zeigen, dass du es vermeiden solltest, von einem stärkeren Kämpfer gepackt zu werden. Nutze deine Schnelligkeit. Deinen Verstand. Sorg einfach dafür, dass man dich nicht zu fassen bekommt. Falls es doch jemandem gelingt, ist es eine … ähm … gute Strategie, auf die Weichteile zu zielen. Lass uns noch einmal von vorn anfangen.«
    »Darf ich unterbrechen?«
    Als ich mich umdrehte, sah ich Luca am Rande des Übungsplatzes stehen.
    Arian ließ die Arme sinken. Er nickte Luca wortlos zu und ging davon. Ich sah ihm mit Bedauern nach, als sich die restliche Menge unter Pfiffen und Gelächter auflöste. Zwischen ihm und Luca herrschte eine gewisse Kühle, eine Fremdheit. Sie konnten noch immer nicht unbefangen miteinander umgehen. Es war meine Schuld, aber ich hatte keine Ahnung, wie ich es geradebiegen sollte.
    »Wozu brauchst du mich?«, fragte ich Luca und versuchte fröhlich und normal zu klingen.
    Er grinste spitzbübisch, was mich überraschte. Ich konnte nicht anders, als zurückzulächeln. Meine Anspannung löste sich ein wenig.
    »Ich habe eine Überraschung für dich.«
    »Was für eine Art Überraschung?«
    »Es wäre ja kaum noch eine Überraschung, wenn ich dir das verraten würde, oder?«, sagte er. »Komm und schau es dir an.«
    Er führte mich zu seinem Zelt und schlug die Plane zurück. »Fällt dir … irgendwas Neues auf?«
    Ich blickte mich um. Meine kleine Ecke sah genauso aus, wie ich sie am Morgen verlassen hatte: die Felle und Decken lagen ordentlich aufeinandergestapelt, der Wandschirm war zurückgezogen. Lucas Bett, wie immer penibel gemacht. Die Stühle, die Teppiche und Wandbehänge waren unverändert. Der Tisch …
    Da lag eine Axt auf dem Tisch. Eine hölzerne Axt.
    Ich trat fasziniert näher. Sie war aus einem leichten, kaum gemaserten Holz gefertigt, das man so lange glatt geschmirgelt hatte, bis es glänzte. Sie hatte fast dieselbe Form wie die Axt meines Vaters, die mir Luca an dem Tag weggenommen hatte, als ich anfing mit dem Übungsschwert zu trainieren. Die halbmondförmige Klinge und die scharfe Spitze der hölzernen Axt waren mit Stoff umwickelt. Sie sah aus wie etwas, das man einem Kind geben würde. Einem sehr großen, sehr gewalttätigen Kind.
    »I-ist die für mich?«
    »Du hast gute Fortschritte bei den Übungen mit Schwert und Kampfstab gemacht, aber ich weiß doch, dass du deine Axt liebst. Mit der Holzaxt kannst du üben, ohne dich – oder sonst jemanden – in Gefahr zu bringen.«
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Meine Hände wollten danach greifen, blieben aber zögernd in der Luft.
    »Du darfst sie anfassen«, sagte Luca und nahm sie mit einer Hand hoch. Er hielt sie mir entgegen.
    Ich ließ die Axt beinahe fallen. Sie wog gut dreimal so viel wie Vaters Axt, die immerhin aus Eichenholz war und Stahlklingen und eiserne Schaftfedern hatte.
    »Sie wurde schwerer gemacht«, erklärte Luca.
    »Ach wirklich? Ist mir gar nicht aufgefallen!«, brummte ich und wuchtete sie wieder hoch, dieses Mal mit beiden Händen.
    »Wir haben den Schaft ausgehöhlt und mit Blei gefüllt. Das wird dir helfen, deine Kampfmuskeln auszubilden und dein Tempo zu erhöhen – wenn du später dann deine richtige Axt benutzt«, sagte Luca. Er räusperte sich. »Gefällt sie dir nicht?« Ich meinte einen Anflug von Enttäuschung in seiner Stimme zu hören.
    Die Überraschung wich der Freude und ich drehte mich zu ihm, meine Wangen schmerzten, so breit war mein Lächeln. »Natürlich gefällt sie mir. Ich kann nur … Ich kann nicht glauben, dass du dir so viel Mühe gemacht hast! Darf ich jetzt üben?«
    Luca lachte, die Erleichterung stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Ich wüsste nichts, was dagegen spricht.«
    Danach kam das Training mit der Axt zu dem mit Schwert und Kampfstock hinzu, das ich mit den anderen Bergwächtern absolvierte. Von allen Übungen forderten mir die mit der Axt am meisten ab. Anfangs reichten fünf Minuten aus, dass ich keuchte, meine Arme vor Schwäche zitterten und mein

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